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Getrennt ohne Wenn und Aber

I mmer wieder geistern Horrorberichte durch die Medien: über lodernde Dachstühle, verletzte Feuerwehrleute und Brandgefahr durch Photovoltaikanlagen. Obwohl bundesweit mehr als eine Million Generatoren laufen, sind bisher nur wenige Fälle bekannt, bei denen Solarmodule einen Dachbrand auslösten.

Allerdings mehren sich die Brandfälle an Gebäuden, auf deren Dächern ein Solargenerator stromt. Deshalb sorgt das Thema für Zündstoff, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Deutsche Kommission für Elektrotechnik und Elektronik im DIN und VDE (DKE) hat im Frühsommer endlich die lange erwartete Installationsregel für Systeme zur Sicherheitsabschaltung von Solargeneratoren veröffentlicht. Die „Anwendungsrichtlinie zu Anforderungen der Freischaltung im Gleichspannungsbereich einer Photovoltaikanlage“ (VDE-AR-E 2100-712) schreibt die Grundzüge künftiger Freischaltsysteme vor und definiert Grenzwerte für die zulässige DC-Spannung. Ihr Ziel ist es, die Löschkräfte im Fall eines Brandes zu schützen. Damit dürfte endlich Klarheit herrschen, wie ein Solargenerator für den Brandfall abzusichern ist. Weil es bisher keine Richtlinien gab, bestanden für Investoren erhebliche Risiken, vor allem bei Solargeneratoren auf gewerblich genutzten Immobilien.

Denn der Versicherungsschutz orientiert sich an den Standards von VDI und VDE, wie es im Kleingedruckten der meisten Solarversicherungen oder Feuerversicherungen von Gebäuden steht. Das Problem: Wenn es im Gebäude oder am Dach brennt, stromen die Solarmodule weiter. „Das einfache Freischalten der üblichen Hausanlage ist nicht mehr eine Gewähr für ihre Sicherheit“, sagt Björn Maiworm, Brandoberrat bei der Feuerwehr in München. „Den Wechselrichter von der Anlage zu trennen, bringt keine zusätzliche Sicherheit auf der Gleichspannungsseite. Und selbst bei festgestellter Spannungsfreiheit kann bei Löscharbeiten ein Stromschlag erfolgen.“ Denn einige sogenannte Feuerwehrschalter schließen lediglich die beiden Pole auf der Gleichspannungsseite kurz. Werden dann Leitungen oder Steckverbindungen getrennt, können Lichtbögen entstehen.

Sicherheitsabstände einhalten

Seit Frühjahr 2011 gilt für die Einsatzkräfte der freiwilligen oder Berufsfeuerwehren die DIN VDE 0132. Sie wurde unlängst neu gefasst, um die Sicherheitsabstände der Feuerwehrleute zu elektrisch leitenden Teilen auf die Photovoltaik abzustimmen. Immerhin sind in Deutschland rund eine Million Menschen in der Brandbekämpfung tätig, die meisten als freiwillige Helfer in den ländlichen Regionen, wo es keine Berufsfeuerwehren gibt. So sollen die Löschkräfte einen Mindestabstand von einem Meter zu spannungsführenden Teilen und metallischen Konstruktionen einhalten. Bei Löscharbeiten im Niederspannungsnetz empfiehlt die DKE einen Mindestabstand von einem Meter (bei einem Sprühstrahl) beziehungsweise fünf Metern (bei einem Vollstrahl). Auch machte die Kommission die Brandbekämpfung seinerzeit nicht davon abhängig, ob die Feuerwehr den DC-Lasttrennschalter einer Solaranlage zieht oder nicht. Die Sicherheitsabstände reichen aus, um die Einsatzkräfte zu schützen. Nun ist auch bei den Freischaltsystemen ein wichtiger Schritt getan. Denn bisher waren sie überhaupt nicht standardisiert.

Möglichst einfache Schalter

Eine Sicherheitsabschaltung muss möglichst einfach sein, mit möglichst wenig Elektronik. In der Industrie sind Sicherheitssysteme beispielsweise in der VDE V 0126-5 (Selbsttätige Schaltstelle zwischen einer netzparallelen Eigenerzeugungsanlage und dem öffentlichen Niederspannungsnetz) geregelt. Dort gelten auch die EN 60950 (Sicherheitseinrichtungen für die Informationstechnik) und die EN 61010 (Schutz gegen gefährliche Körperströme). Ebenso gilt die IEC 60364-7-712 (Errichtung von Niederspannungsanlagen). In diesen Normen ist ausschließlich ein mechanischer Kontakt als Sicherheitselement zugelassen, niemals eine Halbleiterlösung. Denn ein Halbleiter kann im Laufe der Jahre durch einen Defekt im Notfall nicht schalten, unbemerkt in einen undefinierten Zustand oder gar durch einen teilweise leitenden Zustand jahrelang unbemerkt Ertragsverluste verursachen.

Nach Auffassung der DKE muss ein Abschaltsystem unabhängig vom Solarsystem arbeiten, auch von einem Brandmelder oder einem einfachen Rauchmelder aktivierbar sein. Der Generator muss vollständig abgeschaltet werden, nicht nur Teile oder einzelne Abschnitte in der Verkabelung.

In die Anschlussdose integriert

Ein mechanisch robuster Kontakt kennt nur zwei Zustände: Ein und Aus. Die Firma Solteq aus dem Emsland hat dafür die BFA-Box entwickelt, die sehr hohe Ströme und Spannungen schalten kann. Bei einer Nachrüstung in bestehende Solargeneratoren kann man zwei kristalline oder bis zu fünf Dünnschichtmodule über eine Box absichern. „Die Kosten pro Watt betragen nur wenige Eurocent“, sagt Berkay Bayer, Geschäftsführer von Solteq in Oberlangen. „Neuerdings kann der Feuerwehrmann unser System auch per SMS vom iPhone aus der Ferne abschalten.“

Neben der Nachrüstversion bietet Solteq eine modulintegrierte Version an. Denn da gehört der Brandschalter eigentlich hin: ans Modul, vorgefertigt im Werk des Herstellers. Der BFA-Schalter wird in Anschlussdosen von Spelsberg oder Tyco eingebaut. „Unser Ziel ist es, dass die Modulhersteller künftig nur noch Solarmodule mit integrierter Sicherheitsabschaltung anbieten, am besten kostenneutral für den Endkunden“, gibt Bayer einen Ausblick. „Dies wäre für die Modulhersteller eine wichtige Zusatzfunktion, um sich von Wettbewerbern abzuheben.“ Im Augenblick kämpfen die Modulhersteller jedoch ums blanke Überleben. Der gnadenlose Preiskrieg lässt wenig Spielraum für zusätzliche Funktionen im Modul, die nur über einen Preisaufschlag zu finanzieren sind.

Durch den TÜV zertifiziert

Die Firma Ritter Elektronik aus Remscheid hat das Mitrosafety-2000-System entwickelt, die Serienfertigung startete im Frühjahr. Das System wurde durch den TÜV Rheinland zertifiziert. „Unser Ziel ist es, die Photovoltaikanlage auf dem Dach komplett spannungsfrei zu schalten, nicht nur die Stringverkabelung, sondern auch die Hauptleitung im Gebäude“, erklärt Jörg Kulessa, Produktmanager bei Ritter Elektronik. „Das System Mitrosafety-2000 besteht aus einer Junction Box und einem Controller. Die Box wird auf der Rückseite jedes Moduls angebracht, vorzugsweise geklebt. Je nach Installationsart wird sie mit der Modulanschlussdose in Reihe geschaltet oder ersetzt diese vollkommen. Im Brandfall schaltet die Elektronik das Modul spannungsfrei.“

Zwei Arten des Angriffs

Die Feuerwehr unterscheidet im Wesentlichen zwei Angriffsarten: den inneren Angriff auf das Feuer aus dem Gebäude heraus und den äußeren Angriff durch Schläuche und leistungsstarke Wasserstrahlen auf das Dach. Für den inneren Angriff genügt es oft, wenn die Generatorhauptleitung spannungsfrei ist. Für den äußeren Angriff aber muss das komplette Dach spannungsfrei sein. Auch bei Inspektionen und Wartungsarbeiten sollten die Module spannungsfrei sein, um Unfälle durch elektrischen Schlag zu vermeiden. Erst Ende August 2012 war ein 35-jähriger Elektriker durch einen Stromschlag ums Leben gekommen, als er die Solaranlage auf dem Betriebsgelände der Zeche Auguste Victoria in Marl überprüfen wollte.

Ritter Elektronik integriert zur Sicherheit einen Temperatursensor in die Dose, der das Modul bei rund 120 Grad Celsius kurzschließt. „Das ist sinnvoll, falls das Dach brennt, aber niemand den Hausanschluss an das Stromnetz trennt“, meint Kulessa. „Es ist auch kein Problem, eine Fehlermeldung per GSM-Modul an das Handy des Anlagenbetreibers oder seines Betriebsingenieurs zu senden.“

Firmen wie Solteq oder Ritter erhalten zunehmend Anfragen von Solarkunden, die ihre Investition schützen wollen. Das ist vor allem bei gewerblichen Photovoltaikanlagen wichtig, etwa auf den Dächern von Holzlagern oder Druckereien oder auf Gebäuden mit Verkaufsflächen. Diese Leute sind bereit, Geld auszugeben, um die Anlagensicherheit zu erhöhen und für den Brandfall vorzusorgen.

Speziell für größere Anlagen hat Ritter Elektronik nun das Mitrosafety-5000-System entwickelt, das im Juni 2013 in den Vertrieb gehen soll. Die ersten Prototypen befinden sich im Test. Dieses System braucht nur noch einen Controller für die ganze Anlage. Er steuert die Modulboxen mit einem Funksignal an. Ein normaler Controller kann zwischen 500 und 1.000 Dosen steuern. Für sehr große Anlagen mit einigen Tausend Modulen braucht man im Controller spezielle Prozessoren. Außerdem übernimmt das System das Monitoring der Anlage mit, indem es die Spannung, den Strom und die Temperatur an jedem Modul erfasst. Sinkt die Leistung unter einen bestimmten Schwellenwert, wird das Modul aus dem String genommen. Dadurch wird die Stringleistung optimiert. Auch dieses System erlaubt es, Fehlfunktionen per Datenleitung oder Handy zu melden. Erst wenn das Modul wieder die Schwellenwerte überschreitet, wird es in den String zugeschaltet.

Seit fast zwei Jahren läuft die Debatte über Brandschutz für Photovoltaikanlagen, mittlerweile hat sich das heiße Eisen der Solarbranche merklich abgekühlt. Zunehmend bietet der Markt Sicherheitsschalter oder automatisierte Trennsysteme an. Die meisten Trennschalter werden entweder im Generatoranschlusskasten installiert, wo die Strings zusammenlaufen. Oder man klemmt sie in unmittelbarer Nähe unters Dach in jeden einzelnen String. Der hohe Installationsaufwand treibt die Kosten. Solche Trennschalter lösen manuell, mechanisch oder elektromechanisch aus. Ihr Problem: Die Kabel sind erst ab dem Schalter frei von Spannung.

Freischalter reichen nicht aus

Ein weiteres Problem: Zusätzlich zu den Modulen können auch herabhängende, blanke Kabel Stromschläge verursachen. Sobald die Feuerwehrleute auf dem Dach stehen, müssen sie bei den einfachen Unterbrechern erneut mit hohen Spannungen rechnen. Der TÜV Rheinland sieht solche „Feuerwehrschalter“ als mittelfristige Lösung. „Wir müssen noch klären, wo ein Schalter eingesetzt werden kann und welche Anforderungen er erfüllen muss“, sagt Florian Reil, der sich im Solarteam beim TÜV in Köln intensiv mit Brandschutz beschäftigt. Derzeit gibt es noch keinerlei Richtlinien, was zum Beispiel die Temperaturbeständigkeit, den Feuchteschutz und die Langzeitalterung der Freischalter angeht. Das wollen der TÜV und mehrere Partner klären.

Zunächst haben der TÜV Rheinland und die Experten vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg mehr als 100 Schadensfälle analysiert. Sie wollten herausfinden, wodurch Brandrisiken entstehen und wie sich die Feuerwehren besser schützen können. Die Tests ergaben, dass die geltenden Sicherheitsabstände zum Schutz der Einsatzkräfte grundsätzlich ausreichen.

Lichtbogen durch Defekte und Tierbiss

Bei den schadhaften Solaranlagen kam jedoch jede Menge Pfusch zum Vorschein: Da waren Kabelklemmen zum Teil unzureichend angezogen, oder die Steckverbindung war nicht sicher hergestellt. Gelegentlich fehlten Fehlerstromschutzschalter, oder der Schutz gegen Blitze und Überspannung reichte nicht aus. Bei etwa 60 Prozent der begutachteten Anlagen war die Leitungsverlegung auf der DC-Seite mangelhaft. „Bei der Errichtung der Module sollte darauf geachtet werden, dass keine Brandwände überbrückt werden“, ergänzt Björn Maiworm von der Feuerwehr in München. „Auch dürfen keine Abzüge für Wärme oder Rauch überbaut werden. Die Leitungen vom Dach zum Wechselrichter sind unter Putz oder anderweitig geschützt zu verlegen, damit bei einem Brand die Isolierung nicht beschädigt wird und die Leitungen offen liegen.“

Neben Solteq oder Ritter bietet auch der israelische Hersteller Solar Edge eine „Powerbox“ an, die am Modul oder in der Anschlussdose installiert wird. Sie optimiert die DC-Leistung des Moduls und beinhaltet zugleich einen Freischalter. Ausgelöst wird er durch ein Signal vom Wechselrichter. Im vergangenen Jahr stellte National Semiconductor aus den USA den DC-Leistungsoptimierer Solar Magic vor. Statt der Schottky-Bypass-Diode wird ein Mosfet-System in die Anschlussdose eingesetzt. Das erlaubt die Abschaltung der Module, wenn die Feuerwehr die Hauptleitung trennt. Ebenso möglich ist die Notabschaltung des Strings bei einem Lichtbogen. Dann wird das Modul auf ein Volt heruntergefahren. In den USA wurde eine solche Notabschaltung bei Lichtbögen zur Vorschrift erhoben.

Vorschriften in den USA

Das Problem besteht nicht nur im Brandfall. Aufgrund von Isolationsfehlern, Marderbiss, Vögeln, Mäusen, Frost, Hitze, Stürmen, UV-Licht, Hagel oder gar Vandalismus können die Kabel blank liegen und mit offenen Metallteilen in Kontakt kommen. Wer will das für 20 Jahre ausschließen?

In diesem Falle kann sich ein Lichtbogen ausbilden. Weil die Sonne immer weiter Energie nachfüttert, „bleibt dieser Lichtbogen bestehen, wie beim Schweißen“, warnt Jens Ehrler, Experte bei der Firma Dehn und Söhne, die schon seit Jahrzehnten mit Schutzsystemen für Photovoltaik am Markt unterwegs ist. Solche Lichtbögen wiederum können Brände verursachen.

Solteq aus Oberlangen macht aus der Not eine Tugend: „Neben dem zahlreichen Zubehör, wie Rauchmelder oder Überschwemmungssensor, haben wir eine Sollbruchstelle ins System eingebaut“, erläutert Berkay Bayer. „Vom Handmelder verläuft eine Datenleitung zum Dach beziehungsweise zum BFA-System. Diese nicht feuergeschützte Leitung liegt im Kabelbündel der DC-Leitungen. Kommt es aus verschiedenen Gründen zu einem Schmorbrand in der Kabelführung, brennt die Datenleitung durch.“

Die Folge: An der Box fällt das Steuersignal aus, der Generator wird vollautomatisch abgeschaltet. Dadurch werden Lichtbögen automatisch gelöscht, neue können nicht entstehen. Erst wenn auf der Steuerleitung wieder eine Spannung anliegt, schaltet die Box das Modul zu. Das bedeutet, man kann die Anlage ohne Probleme mehrere Tage oder Wochen abgeschaltet lassen, um beispielsweise Fehler zu suchen oder schadhafte Stellen zu reparieren.

Kurz nachgefragt

Harald Leitl

ist Geschäftsführer des VWL Umweltcentrums in Stollberg. Das Unternehmen hat einen patentierten Sicherheitsschalter entwickelt, der die Photovotlaikanlage jederzeit gefahrlos spannungsfrei schalten kann. Leitl ist ein alter Hase in der Photovoltaik. Das Foto zeigt ihn mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Larry Hagman bei einer Präsentation von Solarworld.

„Ohne zusätzliche Messungen“

Warum braucht die Photovoltaik überhaupt Abschaltsysteme für den Brandfall?

Harald Leitl: Das Ziel muss es sein, einen maximalen Personenschutz für den Noteinsatzfall und für den regulären Wartungsbetrieb sicherzustellen. Der geschützte Bereich muss sich von jedem einzelnen Photovoltaikmodul bis zum Wechselrichtereingang erstrecken. Hier sollten keine Kompromisse eingegangen werden. Denn es geht um Personenschutz, ohne Wenn und Aber.

Warum reicht es nicht, einfach die Stringverkabelung zu unterbrechen?

Wenn Kabel nur getrennt werden, springt die Anlage von der Arbeitsspannung in die Leerlaufspannung. Die Anlage hat im Leerlauf 100 Volt pro String mehr, also nicht nur 700 Volt, sondern 800 Volt. Diese Leerlaufspannung ist noch größer und bringt mehr Gefahr!

Also fällt die Spannung nicht sofort auf null?

Nein. Wenn man die Leitung unterbricht oder abschaltet, entladen sich auch die Elektrolytkondensatoren im Wechselrichter. Das dauert eine gewisse Zeit, in der sie eine Rückspannung in die DC-Leitungen im Haus abgeben, weit über 200 Volt. Es kann bis über 20 Minuten dauern, bis die Entladung vollständig erfolgt ist, vor allem bei älteren Geräten. Unser Schalter erzeugt einen Kurzschluss, dadurch ist die Anlage sofort spannungsfrei. Die Feuerwehr kann sofort löschen. Ein Kurzschluss bleibt bis zum Schluss erhalten. In Tests haben wir bestätigt, dass alle verbrannten Leitungen intakt waren und Durchgang hatten.

Einfache Schalter genügen also nicht?

Bei Weitem nicht. Wir bauen zusätzlich eine Erkennung für parallele Lichtbögen ein, damit sie sofort gelöscht werden. Wenn beispielsweise ein Marder in die Kabel beißt, können Funken überschlagen, möglicherweise entsteht ein Brand. Der Feuerwehrschalter muss diese Gefahr erkennen und selbstständig auslösen. Außerdem ist es wichtig, dass die Feuerwehr an der digitalen Anzeige außen am Haus ablesen kann, ob die Anlage spannungsfrei ist. Denn die Löschkräfte haben nicht gleich Messgeräte zur Hand, um in einer Notsituation alles zu prüfen. Man muss sofort erkennen, dass die Anlage freigeschaltet ist, ohne zusätzliche Messungen. Dieser Sicherheitsschalter hat auch für normale Wartungszwecke große Bedeutung. Unser System ist vom TÜV Rheinland geprüft (elektrotechnische Sicherheitsprüfung). Wir haben auch ein europäisches Patent.

Wie gehen Sie mit dem Problem um?

Die VWL Umweltcentrum für Haustechnik GmbH bietet mit der Kurzschlussbox im Strang eine mechanische und 100-prozentig sichere Trennungsmethode für die Modulstecker an. In der Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage ist eine Trennschlagschiene eingebaut. Sie löst das Sicherheitsproblem eines Stromschlages beim Direktangriff der Feuerwehr auf das Solardach, wenn Module entfernt werden müssen. Die Feuerwehr schlägt die rot gekennzeichnete Trennschlagschiene mit der Axt rund einen Zentimeter in Richtung Modulfeld. Alle Steckverbindungen lösen sich exakt von jedem Modul.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

http://www.umweltcentrum.de

Themendossier

Mehr Praxis: Sicherheitstechnik

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http://www.photovoltaik.eu/Dossiers-Themen

VDE/DKE und TÜV Rheinland/Fraunhofer ISE

Neue Anwenderregel für DC-Abschaltung im Brandfall

Im Mai 2013 trat endlich eine Anwenderregel des VDE zur Brandabschaltung in Kraft. Sie wurde gemeinsam mit dem TÜV Rheinland und dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme vorbereitet. Diese Regel ist nicht verbindlich wie beispielsweise eine Norm nach DIN EN. Allerdings richten sich die meisten Installateure nach den Anwendungsregeln, um Risiken auszuschließen. In VDE-AR-E 2100-712 werden Teile der Solaranlage mit Schutzziel 1 und Teile mit Schutzziel 2 klassifiziert. Ob das praktikabel ist, wird sich zeigen. Denn im Brandfall muss die Photovoltaikanlage von der Feuerwehr als Ganzes abgeschaltet werden. Den Einsatzkräften bleibt keine Zeit, die Details der Photovoltaikanlage zu analysieren, um verschiedene Maßnahmen zu ergreifen. Jede Photovoltaikanlage muss deshalb so aufgebaut werden, dass sie bei Überhitzung oder Entstehung eines Lichtbogens automatisch abschaltet. Nur auf diese Weise wird der Lichtbogen gelöscht und der Brand verhindert. Und nur dann kann die Feuerwehr das Löschwasser sofort auf die Anlage bringen. Dem Schutz der Löschkräfte gegen Berührungsspannungen auf dem Dach gilt besonderes Augenmerk. Oft müssen die Feuerwehren über die Dacheindeckung in den Dachstuhl oder das oberste Geschoss vordringen, um dort befindliche Glutnester zu eliminieren.

https://www.vde.com/en

Fail-Safe-Systeme

Tipps für den richtigen Freischalter

Korrekt konstruierte und eingebaute Trennschalter sollten unbedingt die Anforderungen an ein Fail-Safe-System erfüllen. Die Photovoltaikanlage muss in einen sicheren Zustand fallen, wenn eine Systemkomponente oder das Schaltgerät selbst versagt. Außerdem muss der Trennschalter in zweifacher Redundanz vorliegen. Ist der Trenner defekt und verfügt nicht über ein redundantes System, schaltet die Anlage im Brandfall nicht ab. Auch kann der Lichtbogen durchaus am Kontakt stehen bleiben, wenn der Trennkontakt defekt ist oder nur unzureichend öffnet. Auf diese Weise entsteht sogar ein neuer Brandherd. Gerät der Trennschalter selbst in Brand, weil er aus Kunststoff besteht, kann sich der Kontakt durch Verformungen in der Hitze versehentlich wieder schließen. Dann liegt volle Spannung an. Spannungsfreiheit ab der Trennstelle reicht nicht aus, weil alle vorher angeordneten Komponenten weiterhin unter Spannung stehen und ein Risiko darstellen.

Wichtig ist, dass die Feuerwehrleute auf einen Blick erkennen, dass die Anlage wirklich spannungsfrei ist. Freischalter, die nur teilweise trennen, suggerieren eine Sicherheit, die sich als trügerisch erweisen kann. Auch dürften die meisten Feuerwehrleute nicht erkennen, ab welchem Punkt eine Anlage elektrisch ohne Spannung geschaltet ist.

Sehr gute Trennschalter bestehen aus zwei Schaltern, sodass Pluspol und Minusleitung jeweils separat getrennt werden. Wenn nun nur einer von beiden funktioniert, liegt das Spannungspotenzial gegen Erde an jedem Punkt der Anlage immer noch in voller Höhe an, auch an den beiden Leitungen zum Wechselrichter.

Zu beachten ist darüber hinaus, dass Batteriesysteme die freigeschalteten Module auf dem Dach quasi „von unten“ unter Spannung setzen können. Kondensatoren liefern nach dem Abschalten hohe und gefährliche Spannungen als Rückstrom. Zugeschaltete Notstromsysteme können bei Trennschaltern lebensgefährlich auf die freien Leitungen wirken.

Mitarbeit: Harald Leitl, VWL Umweltcentrum

http://www.umweltcentrum.de

VDE-AR-E 2100-712

schwarzburger@photovoltaik.eu

Kurzschluss oder nur Trennung?

Als der VDE und die Deutsche Kommission für Elektrotechnik (DKE) im Mai die neue Anwenderregel veröffentlichten, trauten einige Fachleute ihren Augen nicht. In Punkt 7.3 erklärte die DKE: „Ein dauerhaftes Kurzschließen eines Stranges oder eines PV-Generators ist nicht zulässig. ... Dies ist begründet in dem Auftreten der Strangspannungen an einer ungewollten Unterbrechung oder einer erhöhten Lichtbogengefahr innerhalb des kurzgeschlossenen Stranges. Ein definiertes, kurzzeitiges Kurzschließen (15 Sekunden) zum Löschen von Parallel-Lichtbögen im Strang oder im PV-Generator ist zulässig.“

Allerdings hatte der Österreichische Verband für Elektrotechnik schon zu Jahresbeginn in seinem Regelwerk (OVE R 11-1, Punkt 5.1.3.) explizit gefordert: „... muss einen dauerhaft definierten Kurzschluss sicherstellen“.

Entsprechende Einwände und Hinweise nahm die DKE offenbar nicht zur Kenntnis. Nun gibt es zwischen den beiden Regelungen diesen kleinen, aber beträchtlichen Unterschied. Denn die Kurzschlussvorrichtung im Strang bietet im Unterschied zur Leitungstrennung einige Vorteile. So wird die Spannung bis zu den Modulen auf null geschaltet. Wenn ein Kurzschließer defekt sein sollte und der Lichtbogen beispielsweise kleben bleibt, wird durch den Kurzschluss dennoch immer der sichere Zustand gewährleistet (null Volt). Wenn der Schalter brennt, bleibt der mechanische Kontakt geschlossen. Redundanz ließe sich durch mehrere mechanische Kontakte innerhalb einer Stringbox erreichen. Die Stringspannung wird bis zu den Modulen eliminiert und nicht nur bis zur Schaltstelle wie bei einem einfachen Trennschalter. Trennschalter im String schalten die Anlage nur teilweise frei. Bei einem Kurzschluss des Strings werden alle Stringleitungen bis hin zu den Modulen spannungsfrei geschaltet.

Gegen den Kurzschluss im String spricht die Gefahr der „ungewollten Unterbrechung“, wie von der DKE formuliert. Allerdings ist es in der Praxis ziemlich unwahrscheinlich, dass sich ein Stringkreis im Brandfall von allein öffnet. Selbst wenn Steckverbinder oder Kabel durchbrennen, bleiben die metallischen Steckkontakte zusammen, da der Schmelzpunkt der Metalle (Federstahl) bei einem normalen Brand nicht erreicht wird. Selbst wenn sich die Kontakte oder Kabelseelen (blankes Kupfer) berühren sollten: Solange eine Kurzschlussbox den Strang kurzgeschlossen hat, ist das Potenzial auf null Volt, sodass kein Lichtbogen entstehen kann. Auch ist unklar, warum diese „Gefahr“ in Österreich offensichtlich keine Rolle spielt.

An dieser Stelle besteht Handlungsbedarf, die VDE-AR noch einmal kritisch anzuschauen und zu aktualisieren. Für die Hersteller und Installateure ist nicht einsehbar, warum die beiden elektrotechnischen Verbände in Deutschland und Österreich derart unterschiedlicher Auffassung sind.

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