Herr Piepenbrink, Sie haben die technische Lösung Edison V2H für das bidirektionale Laden vorgestellt. Bieten Sie diese Kunden schon an?
Andreas Piepenbrink: Die Kunden fragen uns aktiv danach. Wir beraten bereits und schulen Installationspartner. Edison V2H ist eine marktreife Erweiterungsoption, sie kann nur mit dem Hauskraftwerk S10 betrieben werden. Es wird zunächst eine Kleinserie geben, die in diesem Herbst startet. Wir arbeiten bei der Vermarktung und beim Monitoring des Betriebs eng mit einem Automobilhersteller zusammen. Auch wenn seit Langem viel über das bidirektionale Laden gesprochen wird: Es ist leichter, das Potenzial der Rückspeisung aus Fahrzeugbatterien theoretisch zu beschreiben, als die Ladeprozesse leistungselektronisch und in der Software sauber umzusetzen. Und von der Fahrzeugseite ist es auch durchaus kompliziert.
Was kann Ihre Lösung technisch, was sind die Trends im Markt?
Einen echten Markt, der auch nur ansatzweise mit dem Solarspeichermarkt vergleichbar wäre, gibt es noch gar nicht. In großer Serie gefertigte bidirektionale Ladestationen sind noch nicht verfügbar, bei uns aber mit dem S10 M in Vorbereitung. Eine Entwicklungsrichtung ist das AC-Laden in beide Richtungen mit der Option, einzelne Verbraucher zu versorgen oder Wechselstrom aus dem Fahrzeug ins Netz einzuspeisen. Das ist nicht unser Ansatz.
Sie gehen mit Edison den DC-Weg und vernetzen die Solarstromanlage.
Richtig. Das Hauskraftwerk und das Fahrzeug kommen komplett auf die Gleichstromebene. Damit können unsere Kunden flexibel Solarstrom direkt ins Auto laden und ebenfalls auf der DC-Seite Strom aus dem Auto zurückholen, also bei einem Mangel an Solarleistung den Speicher auffüllen oder je nach Leistungsanforderung ab 2.500 Watt auch Lasten im Haus direkt bedienen. Die Ladeleistung in beide Richtungen reicht bis elf Kilowatt. Mit dem Hauskraftwerk S10 M kommt die gesamte Wechselrichter-, Speicher- und Ladetechnik in die Garage und steuert von dort die Gebäudeversorgung aus dem Fahrzeug ebenso wie das solare DC-Laden und das Shiften von einem Auto in ein anderes. Damit kommt eine einfache, vielseitige Lösung, die für sich allein funktioniert, aber auch im Farming mit beliebig alten Hauskraftwerken von E3/DC betrieben werden kann.
Durch welche Anwendungen wird die Autarkie der Haushalte weiter erhöht?
Im Grundsatz geht es aus unserer Sicht immer um drei Funktionen, die die Autarkie verbessern: erstens die Erweiterung der Solarstromspeicherung über das Auto, zweitens die Nutzung dynamischer Tarife, um in Tiefpreisphasen prognosebasiert schnell erneuerbare Energie aus dem Markt beziehen zu können, und drittens eine noch bessere, flexiblere Notstromversorgung.
Noch darf nicht bidirektional geladen werden. Was müsste sich regulatorisch schnell ändern?
In dem beschriebenen funktionalen Rahmen ist das bidirektionale Laden regulatorisch kein Problem. Das Auto wird zum zweiten Speicher oder zur zweiten DC-Stromquelle für das Gebäude. Interessant ist die Frage, ob und in welchem Rahmen die Nutzer den Strom, den sie tagsüber beim Arbeitgeber laden, in die Haus- und Wärmeversorgung einbringen können. Da das Laden aus dem Netz ein sogenannter Letztverbrauch ist, sollte das energierechtlich gehen. Aber ökonomisch und fiskalisch stellen sich sicher einige Fragen, die noch nicht beantwortet sind. Der schwierigste Anwendungsfall – mit Blick auf Regulatorik und geeignete Abrechnungsmodelle – ist die stabilisierende Rückspeisung ins Netz. Das könnte interessant werden, hat aber nach allem, was ich beschrieben habe, für uns nicht die Priorität.
Welche Anforderungen stellt das deutsche Eichrecht an die Systeme?
Keine anderen als bei herkömmlichen AC-Wallboxen, bei denen die Lademengen abgerechnet und dem Finanzamt gegenüber dargelegt werden müssen – Stichwort halböffentliches Laden. Hier muss die Messung den Vorgaben des Eichrechts entsprechen. In den von uns angedachten Funktionen des bidirektionalen Ladens spielen eichrechtliche Bestimmungen noch keine Rolle. Wir sind aber gerade dabei, eine neue eichrechtskonforme Version der E3/DC-Wallbox Multi Connect auf den Markt zu bringen.
In welchen Ländern ist man beim bidirektionalen Laden schon weiter?
Bei dem auf regenerative Gebäudeversorgung fokussierten Modell des bidirektionalen Ladens ist Deutschland wie bei der Photovoltaik und wie beim Heimspeicher der erste wichtige Markt, der Impulsgeber. Das ist auch folgerichtig, denn wir sind mit dem solaren Speichermodell an Grenzen gekommen, die wir überschreiten wollen. Wir sehen nur mit dem bidirektionalen Laden und der Teilnahme am Strommarkt die Chance, eine Autarkie zu ermöglichen, mit der unsere Kunden von fossilen Kraftwerken und veralteten energiewirtschaftlichen Modellen vollständig unabhängig werden.
Welche Batteriezelltechnologie sehen Sie künftig vorn: LFP wie in Heimspeichern oder andere, die in E-Autos eingesetzt werden?
Auch wenn die LFP-Zellchemie an Bedeutung gewinnt, ist die Erkenntnis aus unserem langjährigen und umfassenden Batteriemonitoring eindeutig: Das Qualitätsniveau der Zellfertigung und des Batteriemanagements ist entscheidend für Lebensdauer, Performance und Sicherheit – nicht die Wahl der Zellchemie.
Inwieweit können Heimspeicher und die Speicher in E-Autos sich ergänzen – oder werden die E-Auto-Speicher feste Speicher ersetzen?
Bislang können die Traktionsbatterien im Eigenversorgungsmodell kaum eigenständig agieren, denn die Leistungsrestriktionen und ihre begrenzte Zyklenfestigkeit sprechen dagegen. Also ersetzt das Fahrzeug den Heimspeicher keinesfalls, sondern ist dessen temporärer Partner – gezielt eingesetzt über ein prognosebasiertes Energiemanagement, das Verbrauchskurven, Wetterdaten und Strommarktprognose integriert betrachtet und das Gebäude in Richtung Rundumautarkie steuert.
Die Fragen stellte Niels Hendrik Petersen.