Vor einem Jahr haben wir über Störungen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) durch DC-Optimierer berichtet (Zusammenfassung auf Seite 16). Solaredge hat reagiert und solche Fälle zur Chefsache in seinem Service für Installateure erklärt (Interview auf Seite 13). Der amerikanische Hersteller Tigo Energy hingegen verweigert die Kooperation.
Weil die Sanierung einer Anlage mit Tigo-Optimierern fehlschlug (Seite 14), standen der Anlagenbetreiber und sein Installateur vor der drohenden Abschaltung durch das zuständige Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom).
Die Anlage technisch retten
Im Telefonat mit unserer Redaktion war allen Beteiligten klar: Es muss eine Lösung geben, die Solaranlage technisch so zu reparieren, dass sie vom Bakom freigegeben werden kann.
Zur Intersolar 2019 in München hatte sich der Autor dieses Beitrags intensiv über Mikrowechselrichter informiert, seinerzeit vor allem im Zusammenhang mit Balkonmodulen und AC-Modulen. Nun schlug er vor, die störenden Tigo-Optimierer gegen solche Mikrowechselrichter auszutauschen, um die EMV-Störungen zu eliminieren.
Denn für AC-Verkabelungen gelten viel strengere EMV-Normen als für DC-Systeme. So ist beispielsweise die Netzseite von Solarwechselrichtern besser durch verbindliche Standards abgedeckt als die DC-Seite. Auch für die EMV-Abschirmung von AC-Leitungen etwa im Mobilfunk gelten sehr strenge Auflagen.
Allerdings ging es nicht nur um den Austausch der Geräte an den Modulen. Die Mikrowechselrichter erfordern eine gänzlich andere Verschaltung auf dem Dach und einen anderen Anschluss ans Netz (siehe Seite 23).
Soll heißen: Es stand der komplette Umbau der Anlage an, um insgesamt vier DC-Strings auf AC-Technik umzustellen. Der Eigentümer der Anlage erklärte sich bereit, diese prototypische Sanierung finanziell zu tragen – unterstützt vom Installateur, der seinerseits einen Teil der Kosten übernahm.
Ein Telefonat mit dem Management der Firma Enphase stieß auf offene Ohren. Enphase hat bereits umfangreiche Erfahrungen mit Mikrowechselrichtern in den USA, in Großbritannien oder in den Niederlanden. In Deutschland ist diese Technologie noch weitgehend neu, wird bislang nur von wenigen Installateuren angewendet.
Starke Unterstützung von Enphase
Enphase war sofort bereit, diese Lösung auszuprobieren. Mehr noch: Zunächst stellte der Hersteller probeweise einige Mikrowechselrichter IQ 7 kostenlos bereit, um die grundsätzliche Machbarkeit an einigen Solarmodulen zu erproben. Mit tatkräftiger Unterstützung durch den technischen Support von Enphase wurde der Umbau des Strings geplant und der Installateur zur neuen Technik beraten.
Ursprünglich bestand die Anlage aus 54 HIT-Modulen von Panasonic, die mit 54 Tigo-Optimierern ausgestattet wurden – ein DC-Optimierer je Modul. Nun wurden die Module eines DC-Strings neu auf die AC-Verkabelung aufgeteilt – gemäß Vorgaben der Planer von Enphase, die zulässigen Leistungen und Stromstärken betreffend.
Nachdem drei Strings notdürftig mit Klappferriten an den DC-Optimierern und ein erster Teilabschnitt der Anlage mit Mikrowechselrichtern ausgestattet waren, rückte das Bakom zur amtlichen Messung an. Die sanierten DC-Strings waren teilweise EMV-konform, zum Teil lagen die Abstrahlungen noch über den erlaubten Richtwerten.
Blaupause für die vollständige Sanierung
Auf Wunsch des Anlagenbetreibers hat das Messteam des Bakom auch die Module mit Mikrowechselrichtern ausgemessen. Egal, ob sie liefen oder ausgeschaltet blieben: Im Funkband ergaben sich kaum Änderungen. Damit ist die Blaupause für die komplette Sanierung der Anlage gegeben. Demnächst werden alle 54 Solarmodule mit den IQ 7 ausgestattet und ins AC-System einbezogen.
Der Prüfbericht des Bakom – er liegt der Redaktion vor – traf kurz vor Weihnachten 2020 beim Anlagenbetreiber ein. Damit ging ein mehr als dreijähriger Kleinkrieg unter Nachbarn, mit dem Amt und vor allem mit der Firma Tigo Energy zu Ende.
Noch im Frühjahr 2021 soll die Sanierung aller Strings abgeschlossen werden. Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hat Enphase alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das ambitionierte Sanierungsprojekt zu unterstützen. Das ist gelungen, dafür gilt den Beteiligten Respekt und Dank.
Nach der Sanierung will der Anlagenbetreiber übrigens einen Solarspeicher mit 20 Kilowattstunden nachrüsten, der AC-seitig eingebunden wird.
Rechtslage
Installateure haften für EMV-Konformität
Millionen DC-Optimierer wurden weltweit verkauft, die Zahl der aktenkundigen EMV-Verstöße ist dagegen sehr gering. Weil die Stringsysteme auf dem Dach mitunter komplex sind, ist die Ermittlung einer eindeutigen Ursache nicht immer einfach.
Aber: Der Installateur übergibt seinem Kunden eine technisch einwandfreie Anlage, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Fällt eine Anlage später durch Störfrequenzen auf, ist der Installateur in der Haftung – egal, welche Ursache die Störungen haben.