Wie hat sich der Markt für Solarmodule in Deutschland, Österreich und der Schweiz für Jinko Solar im Jahr 2015 entwickelt?
Frank Niendorf: Leider konsolidiert sich der deutschsprachige Markt weiterhin auf eher niedrigem Niveau. Das führt dazu, dass die ehemals führende Region Europa und Deutschland immer weiter im internationalen Wettbewerb abgehängt werden. Während internationale Märkte wie USA, Lateinamerika, Mittlerer Osten oder Asien boomen und dank der stark gefallenen Systempreise fantastische Wachstumsperspektiven offerieren, sehen sich viele unserer europäischer Kunden leider gezwungen, ihre Organisationen deutlich zu verkleinern. Sie müssen ihre Aktivitäten ins Ausland verlagern oder das Solargeschäft komplett einstellen.
Welche Faktoren wirkten sich unterstützend aus, welche haben den Markt in Europa eher gehemmt?
Jinko Solar konnte trotz des ausbleibenden Wachstums und der Konsolidierung erfolgreich Marktanteile in Europa gewinnen und sich als einer der führenden asiatischen Modullieferanten in Europa positionieren. Das hilft jedoch wenig, um den europäischen Markt im internationalen Wettbewerb wieder voran zu bringen. Die aktuellen politischen Rahmenbedingungen bremsen die europäische Photovoltaikindustrie bewusst aus und verhindern Wachstum.
Auch der türkische Markt ist von den Mindestpreisen ausgenommen. Sehen Sie dort eine ähnliche Entwicklung wie in der Schweiz?
Eher noch besser. Wir haben vor drei Jahren angefangen, den türkischen Markt zu entwickeln. Seit zwei Jahren sind wir mit einem eigenen Team unterwegs. Im Jahr 2015 wurden in der Türkei offiziell rund 300 Megawatt Photovoltaik ans Netz angeschlossen, wir haben dort rund 100 Megawatt verkauft. Das ist ein ordentlicher Anteil. Für das laufende Jahr sehe ich ein Potenzial von 800 bis 900 Megawatt, das ist enorm. In der Türkei wächst die Wirtschaft und die Strompreise sind hoch. Ebenso ist die Sonneneinstrahlung sehr lukrativ, es gibt ausreichend Flächen für Solargeneratoren. Der türkische Solarmarkt kommt bereits ohne Subventionen aus.
Also sind die Mindestpreise der EU das Problem?
Nach unserer Auffassung – ja. Sie sind das hauptsächliche, wachstumshemmende Problem. Auf dem Weltmarkt werden die Module mit 42 bis 45 Eurocent je Watt gehandelt. In der EU sind es je nach Order zwischen 56 und 61 Eurocent. Das sind 30 Prozent mehr als global. Ohne Mindestpreise könnten unsere europäischen Kunden in sonnenreichen Regionen wie Spanien oder Portugal Großprojekte auf Basis eines Abnahmevertrages (PPA) von fünf bis sechs Eurocent je Kilowattstunde bauen.. In Deutschland oder Großbritannien wären es sieben bis neun Eurocent je Kilowattstunde. Die Mindestpreise bremsen jegliches Wachstum aus. Sogenannte PPA-Projekte wären auch bei uns in Europa ohne weiteres wirtschaftlich darstellbar, wenn es keine Mindestpreise gäbe.
Das vollständige Interview lesen Sie in englischer Sprache auf www.pveurope.eu. Im Maiheft von photovoltaik veröffentlichen wir es in voller Länge auch auf Deutsch.