Der Houthaven in Amsterdam war früher die Anlegestelle der Frachtschiffe, an der diese ihre Holzfracht entladen konnten. Das war vor über 100 Jahren. Inzwischen entsteht hier auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern ein neues grünes Quartier in der niederländischen Metropole. Es umfasst etwa 2.500 Häuser – teilweise mit Steg als Zugang zum Wasser – und 70 Hausboote.
Die Anforderungen an die Gebäude sind hoch. Denn sie müssen alle die strengen BENG-Anforderungen erfüllen. Denn seit Anfang 2020 gilt für alle Neubauten in den Niederlanden, dass die als Nahezu-Null-Energie-Gebäude errichtet werden müssen. Dabei gelten strenge Vorgaben für den maximalen Energiebedarf, den maximalen Verbrauch an fossil erzeugter Primärenergie und ein Mindestanteil an erneuerbaren Energien.
Aufdachkonstruktion mit Indachoptik
Auf der anderen Seite sollen die Gebäude auch architektonisch ansprechend sein. Wie so etwas in die Realität umgesetzt wird, haben die Architekten des Gebäudekomplexes Water Section mit 58 Wohneinheiten im neuen Houthaven in Amsterdam in Zusammenarbeit mit den Ingenieuren der Sonnenstromfabrik in Wismar gezeigt. Denn der ansprechende Klinkerbau trägt ein Walmdach, das komplett mit Photovoltaikmodulen eingedeckt ist. Dazu haben die Dachdecker von Onanjedak – einem der größte niederländischen Dachdeckerunternehmen – eine Aufdachkonstruktion genutzt und damit eine Indachoptik erreicht.
Dachanlage präzise eingepasst
Doch das war nicht die einzige Herausforderung. Denn die Walmdachkonstruktion mit ihren vielen schrägen Dachkanten musste ebenfalls mit so eingedeckt werden, dass ein einheitliches Dachbild entsteht. Dazu haben die Mitarbeiter der Sonnenstromfabrik die Flexibilität der Produktionsmöglichkeiten voll ausgenutzt. Sie haben in einer Kleinserie viele sogenannte Dummymodule hergestellt. Diese haben die gleiche Optik wie die eigentlichen Module, doch fehlen ihnen die Solarzellen. Dadurch erzeugen sie zwar keinen Strom. Doch da in der Herstellung die gleichen Materialien verwendet werden, wie für die solar aktiven Paneele unterscheidet sich ihr Erscheinungsbild nicht von den eigentlichen Solarmodulen. Insgesamt 185 dieser Dummymodule haben die Wismarer passgenau schräg beschnitten, so dass sie sich präzise an die schrägen Dachkanten anschmiegen und so den Anschluss zwischen den Kanten und der Solaranlage darstellen.
Energiegewinnung trifft Ästhetik
Trotz der fehlenden Solarzellen der Dummymodule erreichen die 1.700 solar aktiven Module des Solardaches über 550 Kilowatt. Damit erfüllt der Gebäudekomplex die Vorgaben der BENG und den strengen ästhetischen Anforderungen des Architekten. „Mit dieser vollflächigen Photovoltaikanlage für ein Walmdach konnten wir einmal mehr zeigen, dass aktive Energiegewinnung mit Photovoltaikdachanlagen nicht im Widerspruch zu höchster Ästhetik in Bezug auf die Gebäudehülle stehen muss”, resümiert Bernhard Weilharter, Geschäftsführer der Wismarer Sonnenstromfabrik.
Batteriespeicher sorgt für viel Eigenverbrauch
Für jede Wohneinheit steht so eine Solarleistung von 9,5 Kilowatt zur Verfügung. Das reicht bilanziell, um den gesamten Stromverbrauch im Gebäude zu bedienen. Allerdings hängt das wiederum vom Lastprofil der Bewohner und dem Erzeugungsprofil der Solaranlage ab, die nicht perfekt zueinander passen. Um den Eigenverbrauchsanteil zu erhöhen, wurde im Gebäudekomplex noch ein Batteriespeicher installiert. Dieser kann 13 Kilowattstunde des nicht sofort verbrauchten Solarstroms zwischenlagern. Der Anschluss der Akkus erfolgt über einen Hybridwechselrichter, der sowohl den Gleichstrom vom Dach in Wechselstrom umformt als auch die Batterie mit Solarstrom füttern kann. Er sorgt auch dafür, dass die zwischengelagerte Sonnenenergie bei Bedarf wieder als Wechselstrom ins Hausnetz fließt.
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