Um Industriearbeitsplätze zu sichern, müssten die erneuerbaren Energien langsamer ausgebaut werden, wurde sie von den Medien zitiert. Und ihr Wissenschaftsminister diskutiert seltsame Umlagemodelle, um die Großkraftwerke von RWE oder Vattenfall zu retten.
NRW ist Kohlestromland, und die Sozialdemokraten müssen aufpassen, dass sie nicht in Bälde ein ähnliches Schicksal erleiden wie die FDP. Denn die ökologische Energiewende hat innerhalb weniger Jahre rund 380.000 Arbeitsplätze neu aufgebaut. Die überstürzte Kürzung der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen hat innerhalb eines Jahres rund 20.000 Jobs vernichtet. Werden die alten Großkraftwerke künstlich am Leben erhalten, weil die Konzerne der SPD und der CDU auf dem Schoß sitzen, sind weitere Jobs in Gefahr. Arbeitsplätze in der Windkraft, in der Photovoltaik oder in der Biogastechnik sind auch Industriearbeitsplätze, auch in NRW.
Doch der Knackpunkt ist ein anderer: Deutschland ist ein hochentwickeltes Industrieland, dessen eigene Rohstoffvorkommen sehr begrenzt sind. Wenn die deutsche Wirtschaft ihre Energieversorgung nicht schleunigst auf dezentrale, effiziente und saubere Systeme umstellt, hat die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb einen eklatanten Nachteil: Sie hängt an den Preisspekulationen der Brennstoffbörsen für Öl, Gas, Kohle oder Uran. Nur diejenigen Unternehmen, die in eine eigene und unabhängige Versorgung mit Strom und Wärme investieren, sichern sich gegen die Inflation und steigende Rohstoffpreise.
Die Preise für Rohstoffe werden steigen, egal, ob RWE oder Vattenfall im Energiegeschäft weiterhin mitspielen oder nicht. Dass die großen Energiekonzerne an preiswerter Energie für die deutsche Wirtschaft überhaupt nicht interessiert sind, zeigt ihre eigene Preispolitik. Da werden die preissenkenden Effekte der erneuerbaren Energien an der Leipziger Strombörse nicht an die Kunden weitergereicht. Eigentlich ein Fall für die Bundeskartellbehörden. Da werden unsinnige Stromtrassen gefordert, so dass die Bundesnetzagentur seit Wochen alle Hände voll zu tun hat, diese Begehrlichkeiten abzuwehren. Und da werden neue Braunkohletagebaue in der Lausitz geplant, obwohl der touristisch wertvolle Spreewald den Bach hinuntergeht, durch Übersäuerung und Versalzung in Folge alter Abraumhalden der Braunkohle.
Wer Arbeitsplätze sichern oder schaffen will, muss in die erneuerbaren Energien investieren. Denn die Energiewende ist nur ein Schauplatz des globalen Wandels, der alle Wirtschaftszweige erfasst. Wer künftig nicht mehr sauber produziert, wird im globalen Wettbewerb keine Chance haben. An der Energiewende hängt nicht nur die ökologische Qualität des Lebens in Deutschland, sondern auch unser materieller Wohlstand. Der jüngste Klimareport der Vereinten Nationen hat ergeben, dass die Klimaerwärmung weiter voranschreitet, die Emissionen nehmen sogar zu. Emissionen, die auch aus den Schloten von RWE, Eon oder Vattenfall stammen. Riskieren die deutschen Politiker obendrein die ökonomische Position Deutschlands in der Welt? Wollen sie die Energiewende tatsächlich vor den Baum fahren, bis Europas wichtigstes Industrieland ausgeMERKELt am Boden liegt, ohne Ideen, ohne Spielräume für die Zukunft, kurz: ohne KRAFT?