Auch wenn die Photovoltaik ein Nebengeschäft für Lippes Bedachungen ist, sind Dachdeckermeister Christian Lippes und sein Bruder Peter sehr zufrieden. Die beiden Brüder führen das Geschäft zusammen und haben vor gut zehn Jahren angefangen, neben dem Kerngeschäft auch Solaranlagen zu installieren.
Das Hauptgeschäft des Betriebes, der 2020 sein 35-jähriges Firmenjubiläum feiert, sind klassische Dachdeckerarbeiten: Dacheindeckungen, energetische Sanierungen, Fassadenbekleidungen, Gründächer und Dachfenster. Die Photovoltaik hat sich zu einem kleinen, aber attraktiven Geschäft entwickelt – das deutlich wächst.
Im Team mit dem Elektrofachmann
Im Gegensatz zu reinen Solaranbietern lebt Lippes Bedachungen nicht von der Photovoltaik. Die Krise in der Solarbranche hat bei den Lippes-Brüdern nicht zu schlaflosen Nächten geführt, das Hauptgeschäft war nicht betroffen. Seit dem Sommer 2018 haben die Aufträge für Solaranlagen wieder stark zugenommen. Aktuell installiert das Unternehmen eine Anlage pro Woche.
Werbung für das Solargeschäft hat Lippes Bedachungen nie gemacht. Die Aufträge ergeben sich, wenn das Unternehmen mit einer Dacheindeckung oder energetischen Sanierung beauftragt wird und damit eh auf dem Dach zu tun hat. „Bei Neubauten kann ich dem Kunden eine dachintegrierte Solaranlage zu einem Preis anbieten, der kaum höher ist als bei der eigentlichen Dacheindeckung in Verbindung mit einer Aufdach-Photovoltaikanlage“, sagt Peter Lippes. „Ich schlage die Solaranlage als mögliche Alternative vor oder lege dem Angebot einfach einen Flyer bei. Das überzeugt viele Kunden und so ergeben sich die Aufträge.“
Alle Kunden nutzen ihren Strom selbst
Entscheidet sich der Kunde für die Solaranlage, bekommt er alles aus einer Hand. Für die elektrischen Anschlüsse arbeitet der Dachdeckerbetrieb mit einem ortsansässigen Elektriker zusammen. Das hat sich über die Jahre gut eingespielt.
Peter Lippes sagt dem Elektriker, was er braucht: eine Datenleitung vom Wechselrichter zum Zählerschrank, einen Internetanschluss. Der Elektriker arbeitet die Aufträge ab. „Die Zusammenarbeit klappt einwandfrei“, analysiert Peter Lippes. „Dadurch ergeben sich manchmal sogar neue Aufträge. Es ist für beide Seiten eine Win-win-Situation.“
Mit sinkender Einspeisevergütung und Zunahme des Eigenverbrauchs ist auch das Thema Speichersysteme in den Fokus gerückt. 100 Prozent der Kunden wollen mittlerweile den Strom selbst nutzen, also muss ein Stromspeicher mit angeboten werden.
Holprige Anfänge mit Speichern
Die Anfänge waren holprig: Die Installation des ersten Blei-Gel-Akkus geriet zum Desaster, weil die Installationsanleitung fehlerhaft und wichtige Angaben auf der Website des Herstellers nicht zu finden waren. Zudem hatte der Stromspeicher einen technischen Defekt und wurde ausgetauscht – gegen einen Speicher auf Lithium-Ionen-Basis.
Diese Technologie sagte Peter Lippes deutlich mehr zu, aber auch hier war am Anfang nicht alles rosig. „Wir hatten ein Speichersystem von Varta, das wirklich gut war: einfach zu installieren und die Qualität überzeugend“, erinnert er sich „Allerdings konnten wir das Gerät nicht selbst anschließen. Das durfte nur ein zertifizierter Fachbetrieb des Elektrohandwerks.“ Heute setzt er BYD-Akkus mit dem Plenticore-Wechselrichter von Kostal ein. Hierfür hat Peter Lippes sich von Kostal zertifizieren lassen, sodass er die Installation selbst übernehmen kann: Problem gelöst!
Neben den klassischen Aufdachanlagen sind die Lippes-Brüder ein Fan von Dachintegrationen. Eine Solaranlage, die direkt ins Dach eingebunden wird, sieht ansprechend aus. Bei Kunden, die besonderen Wert auf eine homogene Optik legen, kommen integrierte Anlagen besser an.
Hürden des Denkmalschutzes
Neben dem persönlichen Geschmack können auch andere Gründe zur Dachintegration führen – zum Beispiel der Denkmalschutz. So geschehen bei einer im Oktober 2019 installierten Anlage in der historischen Altstadt von Kalkar. Der Kunde, ein ambitionierter Niederländer, hatte sich entschieden, seinen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und seinen überdurchschnittlich hohen Strombedarf mit Photovoltaik zu decken.
Der Haken: Sein Haus steht in der historischen Altstadt von Kalkar, wo Photovoltaikanlagen nicht ohne Weiteres installiert werden dürfen – sie könnten das Stadtbild beeinträchtigen.
Der innere Kreis der Altstadt steht vollständig unter Denkmalschutz. Wer hier eine Solaranlage errichtet, muss in jedem Fall die Stadt ins Boot holen. „Ich kenne Fälle, bei denen ohne Genehmigung der Stadt gebaut wurde“, berichtet Peter Lippes. „Das dauerte meist keinen Tag, bis die ganze Baustelle wieder zurückgebaut wurde.“
Um solche Probleme zu vermeiden, hat der Dachexperte gleich zu Beginn die Stadt Kalkar informiert und die Genehmigung für die Solaranlage beantragt. Der Antrag mündete in einen Vor-Ort-Termin mit einem Vertreter des Bauamtes, Peter Lippes und dem Kunden.
Mit dem Amt abgestimmt
Resultat: Die Stadt stimmte der Solaranlage zu, allerdings mit Auflagen: Statt der geplanten Aufdachanlage müssen die Module ins Dach integriert werden. Außerdem muss die Anlage symmetrisch installiert und in einem bestimmten Abstand zum Dachrand angebracht werden. Kurz: Die Optik muss stimmen.
Der Kunde selbst war schnell überzeugt. Da die Anlage vergleichsweise klein ausfallen würde, waren die Mehrkosten für eine Dachintegration überschaubar und durch die bessere Optik gerechtfertigt. Aufgrund der Gegebenheiten des Daches ließen sich maximal 16 Module aufbringen, verteilt auf zwei Dachseiten.
Knapp fünf Kilowatt nach Ost und West
Also wurden im Oktober 2019 zwei Modulfelder mit jeweils acht Modulen auf der Ost- und der Westseite ins Dach integriert. Zum Einsatz kamen 300-Watt-Module aus der Sonnenstromfabrik, die ganze Anlage hat eine Leistung von 4,8 Kilowatt. Gesteuert wird sie durch einen Plenticore-Wechselrichter von Kostal, der einen BYD-Hochvoltspeicher angeschlossen hat.
Der Kunde nutzt den Strom aus der Solaranlage fast vollständig selbst: Neben einer Klimaanlage betankt er damit sein Elektroauto.
Die Garage mit Modulen belegt
Gern hätte er eine größere Anlage installiert, was aufgrund der Gegebenheiten des Daches aber nicht möglich war. „Auf dem Dach befinden sich ein Fenster und ein Kamin, der einen Schatten wirft“, urteilt Peter Lippes. „Deshalb konnten wir nicht mehr Module installieren.“
Dennoch hat Lippes Bedachungen einen Weg gefunden, die Anlage zu vergrößern, zumal der Kunde nach der Installation der Module so begeistert war, dass er unbedingt nachlegen wollte.
Und das war dann auch gar nicht schwer: Obwohl die Vorgaben bei einem Gebäude in einem denkmalgeschützten Areal streng sind, gibt es Schlupflöcher.
Weitere drei Kilowatt
So gelten die Vorgaben der Stadt zwar für das Hauptgebäude, nicht aber für Freiflächen und Nebengebäude. Ergo: Zu dem Haus gehört eine Garage mit flachem Dach, das Platz für Solarmodule hergibt.
Also hat Lippes Bedachungen nochmals drei Kilowatt Solarleistung auf der Garage installiert, zehn Grad aufgeständert in Richtung Südwest. So kann der Kunde seinen Autarkiegrad weiter erhöhen.
Dieses Beispiel zeigt, dass sich hohe Ansprüche der Bestandserhaltung durch den Denkmalschutz und die solare Eigenstromversorgung gut „unter ein Dach bringen“ lassen.
Kurz nachgefragt:
„Die erste Anlage kam auf unser eigenes Firmendach“
Wie kommt ein Dachdecker dazu, in die Photovoltaik einzusteigen?
Peter Lippes: Wir sind auf das Thema Photovoltaik gekommen, als mein Bruder 2010 auf dem Dach der Firma eine Solaranlage installieren lassen wollte. Das waren gut 30 Kilowatt, aber wir haben keinen Installateur gefunden, der sich mit so einem Kleinkram beschäftigen wollte. Also haben wir die Module und das nötige Zubehör gekauft und die Installation selbst gemacht. Als Dachdecker kennen wir uns ja gut auf dem Dach aus. Der Strom wurde damals noch eingespeist und wir haben eine gute Rendite erzielt. An der Anlage haben wir gesehen, wie es funktioniert, und wollten weiter investieren. So hat es sich ergeben, dass wir heute unseren Kunden auch Photovoltaik anbieten.
Wie haben Sie sich das Wissen angeeignet?
Die Montage an sich ist nicht schwer, schon mal gar nicht für einen Dachdecker. Das restliche Wissen haben wir uns so angeeignet, Montageanleitungen gelesen und Schulungen bei den Herstellern besucht. Es ist am Anfang natürlich ein gewisser Aufwand, aber wenn man die Grundlagen beherrscht und sich stetig fortbildet, ist das alles kein Problem.
Welche Module setzen Sie ein?
Wir haben ursprünglich Module von Centrosolar aus der Sonnenstromfabrik installiert. Dann war Centrosolar insolvent und wir sind zu Solarworld gewechselt, bis auch die Insolvenz anmelden mussten. Danach haben wir Module von Axitec genommen, bis ich irgendwann zufällig im Internet gesehen habe, dass die Sonnenstromfabrik wieder produziert. Ich habe Kontakt aufgenommen und jetzt beziehen wir über einen Großhändler wieder Module von dort. Ich bin mit der Qualität sehr zufrieden, wir hatten in den ganzen Jahren keinen einzigen technischen Ausfall mit Centrosolar-Modulen.
Sie sind ein Fan von Glas-Glas-Modulen. Warum?
Wir installieren überwiegend Solaranlagen auf Ein- oder Zweifamilienhäusern, also im privaten Bereich. Hier kommt es nicht wie bei Gewerbeanlagen auf den letzten Cent an und der Preisunterschied zwischen Glas-Glas- und Glas-Folien-Modulen ist in Summe auch nicht so hoch wie bei einer großen Industrieanlage. Glas-Glas-Module sind ein Highend-Produkt, es gibt nichts Besseres auf dem Markt. Die technischen Vorteile sind der ausschlaggebende Grund für meine Kunden, sich dafür zu entscheiden.
Ist Klimaschutz generell ein Thema bei Lippes Bedachungen oder sehen Sie die Solarsparte eher unter wirtschaftlichen Aspekten?
Klimaschutz ist uns auf jeden Fall wichtig, gerade in diesen Zeiten, wo wir dringend was gegen den Klimawandel tun müssen. Wir planen im Moment, für unsere Mitarbeiter E-Bikes anzuschaffen. Dieses Job-Fahrrad können die Mitarbeiter nutzen und hier in der Firma aufladen. Das hat ganz praktische Gründe, weil wir auf unserem Parkplatz bald nicht mehr genug Platz für Autos haben. Aber natürlich ist uns der Schutz der Umwelt auch wichtig.