Ein neuer Leitfaden soll den Markt für kleine Speicher transparenter und vergleichbarer machen. Worauf Speicherkäufer künftig achten sollten und was eine intelligente Ladestrategie ist, verrät Wissenschaftler Christian Messner vom AIT in Wien im Gespräch.
Herr Messner, worauf sollte ein Endkunde oder Installateur beim Kauf eines Batteriesystems achten?
Christian Messner: Die Dimensionierung des Systems muss stimmen. Das bedeutet, dass die Batteriekapazität im richtigen Verhältnis zum Stromverbrauch des Haushalts gewählt wird. Auch die Photovoltaikanlage muss richtig dimensioniert sein, damit eine gute Autarkiequote von über 60 Prozent erreicht wird. Der Haushalt sollte zudem wissen, welchen Stromverbrauch er in den Abendstunden und über Nacht hat.
Gibt es eine grobe Faustformel für die Dimensionierung?
Pro Kilowatt Leistung der Photovoltaikanlage wird eine Kilowattstunde Speicherkapazität benötigt, um eine optimale Autarkiequote zu erreichen. Unter ökonomischen Gesichtspunkten und Berücksichtigung von Einspeisetarifen kann es aber auch Sinn machen, die Photovoltaikanlage auf bis zu zwei Kilowatt pro Megawattstunde Verbrauch auszulegen. Der Speicher sollte dabei auf ein bis zwei Kilowattstunden pro Megawattstunde Stromverbrauch ausgelegt sein.
Was sollte beim Thema Sicherheit beachtet werden?
Der Sicherheitsleitfaden für Lithiumsysteme sollte ebenso eingehalten werden wie die überarbeitete VDE-Anwendungsregel 2510-50 (VDE-AR-E 2510-50), die im Mai 2017 veröffentlicht wurde. Das Design der am Markt verkauften Systeme sollte diesen Vorgaben entsprechen. Wenig transparent sind meist die auf Datenblättern angegebenen Zyklen.
Wie könnte das verbessert werden?
Zu einer belastbaren Zyklenanzahl gehören immer auch die Umgebungsbedingungen dazu: mit welcher C-Rate geladen wurde, welche Temperaturen herrschten, die Entladetiefe, welche Lade- und Entladeströme vorlagen. Es gibt zwar Zeitraffertests für die Zellen, aber keine wirklich belastbaren Erkenntnisse über die erreichbare Zyklenanzahl bei Systemen. Die gibt es erst, wenn die kalendarische Alterung wirklich vorüber ist. Erst dann weiß man, ob ein System auch tatsächlich 15 oder 20 Jahre hält.
Die Entladetiefe entspricht der nutzbaren Kapazität des Systems. Wie ist eine Angabe von 100 Prozent Entladetiefe zu bewerten?
Die Angabe ist schlichtweg nicht richtig und wäre auch aus Sicherheitsgründen bedenklich. Das System ist zur Erhöhung der Lebensdauer und Sicherheit grundsätzlich überdimensioniert und besitzt eine gewisse Restkapazität, die dem Nutzer nicht zur Verfügung steht – beispielsweise um eine Tiefenentladung zu vermeiden, wenn länger keine Sonne scheint und das System nicht vom Netz nachgeladen werden kann. Der Hersteller muss sein System also überdimensionieren, was mit höheren Kosten verbunden ist. Er baut mehr Kapazität ein, als auf dem Datenblatt steht. Dabei wird der Kostendruck für die Hersteller am Markt immer größer.
Erzielen DC-gekoppelte Speicher einen höheren Wirkungsgrad als AC-gekoppelte?
Das AC-gekoppelte System muss einmal mehr von Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln als ein DC-gekoppeltes System. Theoretisch erreicht das DC-System dadurch einen höheren Wirkungsgrad, aber eben nur für den Wandlungspfad des Batterieladens. Beim Entladen liegt dieselbe Topologie wie bei einem AC-gekoppelten System vor. Bei Messungen in der Praxis haben wir am AIT gesehen, dass die Unterschiede nicht so groß sind. Entscheidender ist dagegen, wie der Hersteller sein System aufbaut, also ob das System ohne Transformator arbeitet oder ob es Wandler für die Spannungsanpassung gibt.
Gibt es auch Nachteile bei der DC-Technologie?
Das System muss auf die Komponenten der Photovoltaikanlage ausgelegt werden, weil es über denselben Wechselrichter einspeist. Es wird deshalb größer dimensioniert und arbeitet häufiger im Teillastbetrieb. Gerade in diesem Bereich arbeiteten viele Geräte in der Vergangenheit nicht so effizient, auch wenn die Hersteller hier nachgebessert haben. Beim AC-System sieht es anders aus: Hier ist der Batterieumrichter entkoppelt und kann besser an den Speicherbedarf des Haushalts angepasst werden. Daher lässt sich nicht pauschal sagen, ob ein AC- oder ein DC-System effizienter arbeitet.
Was leisten intelligente Ladestrategien?
Das Laden auf Basis von Prognosen kann die Einspeiseleistung limitieren, wie es in Deutschland die KfW-Förderung für Heimspeicher vorgibt. Intelligente Ladealgorithmen schonen zudem die Batterie, damit sie nicht zu früh oder bis auf 100 Prozent geladen wird. Ich vermute, dass künftig mehr Geräte intelligent laden werden. Das schont die Geräte und ist auch verträglicher für das Stromnetz insgesamt.
Das Gespräch führte Niels Hendrik Petersen.
Zur Person: Christian Messner hat Energietechnik an der TU Wien studiert. Seine Masterarbeit beschäftigte sich mit der Performance von Heimspeichersystemen. Seit Ende 2014 arbeitet er am Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien an der Effizienz von Heimspeichersystemen sowie der Netzintegration von Batteriespeichern zur Stützung des Netzes. Am Effizienzleitfaden des BVES hat er maßgeblich mitgewirkt.
Anmerkung der Redaktion (1.9.2017, 10 Uhr): Wir haben die richtigen und wichtigen Hinweise von Herrn Körblein aufgenommen und die Angaben entsprechend korrigiert. Wir entschuldigen uns für das Versehen. (HS)