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“Einfachste Regeln missachtet“

Wie wird die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) mit Sicherheitsproblemen konfrontiert?

Die DGS Berlin Brandenburg e.V. hat inzwischen weltweit rund drei bis vier Gigawatt installierte Anlagen in verschiedenen Planungs- und Bauphasen begleitet, Qualitätssicherung und technische Abnahmen durchgeführt. Auch in Betrieb befindliche Anlagen mit diversen Problemen werden regelmäßig begutachtet. Wenn sich zwei Sachverständige streiten, kommen wir ebenfalls mitunter ins Spiel. Somit gibt es ein recht großes Fachwissen zu allen möglichen Anlagenkonstellationen und einen großen Überblick auch über gemachte Fehler. Des Weiteren sind wir in Forschungsprojekten zu Sicherheitsthemen aktiv, zum Beispiel zum Thema Photovoltaik und Brandsicherheit.

Welche Fehler werden in der Praxis bei der Installation häufig gemacht?

Die meisten Fehler werden in der Montage gemacht. Elektriker sind oft mit der ordnungsgemäßen Montage auf dem Dach überfordert, haben sich nie mit Statik, Wind- und Schneelasten beschäftigt. Da werden falsche Klemmen verwendet oder richtige Klemmen falsch montiert, zu wenige Dachhaken gesetzt oder zu dünn dimensionierte Schienen verwendet. Schrauben werden nicht mit dem richtigen Drehmoment verschraubt. Die Dachsteinbearbeitung wird laienhaft ausgeführt, beschädigte Dachsteine nicht ausgetauscht. Umgekehrt verfügen Dachdecker oder andere Nichtelektriker häufig nicht über das erforderliche elektrotechnische Grundwissen. Wechselrichter werden falsch ausgewählt oder dimensioniert, Kabel falsch verlegt oder nicht befestigt. Aus diesem Grund bietet die DGS im Oktober eine Sicherheitstagung an, bei der es übrigens einen sehr interessanten Vortrag zum Betrieb von Wechselrichtern im Grenzbereich gibt.

Sind Photovoltaikanlagen gefährlicher als andere elektrische Anlagen?

Man muss das ganze Thema vernünftig in die Realität einordnen. Photovoltaik ist nicht super gefährlich. Super gefährlich ist eher der Wasserkocher oder der Föhn, den Sie benutzen. Die meisten Elektrounfälle resultieren aus den Umgang mit Haushaltsgeräten. Die einschlägigen Elektrounfälle in der Photovoltaik sind von der Anzahl her eher gering, aber dann oft mit erheblichem Sachschaden. Zum viel diskutierten Brandschutz sowie der Detektion und Vermeidung von Lichtbögen bietet die Sicherheitstagung im Oktober eine extra Session. Dort werden die Themen Brandprävention, neue Brandprüfmethoden und vieles mehr vertieft.

Sicher liegt auch in puncto Arbeitsschutz einiges im Argen?

Auf jeden Fall. Das ist das zweite große Feld, in dem gearbeitet werden muss. Da werden in der Praxis immer wieder die einfachsten Regeln missachtet. Auf kleinen wackligen Leitern, die steil an die Hauswand gestellt werden, wird aufs Dach gestiegen. Selbst wenn wir zur Abnahme kommen, stehen wir manchmal vor der Frage, ob wir überhaupt auf dieses Dach steigen. Häufig wird immerhin die persönliche Schutzausrüstung benutzt, aber es muss auch eine Person da sein, die eine eventuell verunglückte Person retten kann.

Wie können Installateure noch besser werden?

Da hilft nur ständige Weiterbildung, Teilnahme an Schulungen, Lektüre der Fachpresse und Ähnliches. Wir bieten ja auch zu diversen Themen Schulungen und Seminare an. Oft erleben wir, dass die Teilnehmer vier bis fünf Tage Schulung als sehr viel empfinden, hinterher aber der Meinung sind, die Zeit sei eher zu kurz und das Programm zu gedrängt gewesen. Öfter kommen auch schon gestandene Installateure in den Lehrgang, die vorher nie die Zeit gefunden haben. Die sind dann überrascht, was sie alles noch nicht wussten. Durch die Boomjahre war die Ausbildung oder Fortbildung doch eher ins Hintertreffen geraten. Umgekehrt gibt es das Phänomen, dass die Elektrobranche allgemein gerade viele Aufträge hat, in solchen Zeiten beschäftigt sich dann natürlich keiner mit Photovoltaikweiterbildung.

Was bietet die Sicherheitstagung Neues?

Es gibt ein neues Beiblatt zur Blitz- und Überspannungsschutznorm, das Beiblatt 5. Da wird das ganze Thema Trennungsabstände, Teilblitzströme, Kugelblitzverfahren, Überspannungseinrichtungen gut zusammengefasst. Auch neuere Erkenntnisse zu Teilblitzströmen und Überspannungsschutz sind eingeflossen. Josef Birkl von der Firma Dehn & Söhne wird dazu referieren. Das ist auf jeden Fall Wissen, das für jeden Installateur wichtig ist. Außerdem hat das Fraunhofer ISE ein neues Qualitätszertifikat zur Modulsicherheit entwickelt, das vorgestellt wird.

Zu Smart Grid und Netzsicherheit gibt es eine eigene Session. Es existiert eine Richtlinie, die schon länger gilt. Aber wie sie zu leben ist und wie die technischen Anforderungen von Photovoltaiksystemen in zukünftigen Energiesystemen aussehen, wird eine spannende Diskussion werden. Wie smart müssen überhaupt Solaranlagen sein? Unter anderem stellt Ernst & Young eine Studie zur Kosten-Nutzen-Analyse von intelligenten Zählern vor.

Ein vielleicht etwas exotischeres Thema sind Blendung und Reflexionen. Dazu ist eine LAI-Richtlinie erschienen. Sie definiert, wann eine Blendung durch eine Solaranlage störend ist. Neben der Umsetzung und Relevanz der Richtlinie werden die Anforderungen an den Blendschutz von Photovoltaikanlagen an Verkehrstrassen diskutiert.

Und auch zur Speichersicherheit wird es ganz aktuelle Erkenntnisse geben?

Ja. Ab September liegt ein Entwurf der VDE-Anwendungsregel für stationäre elektrische Energiespeichersysteme am Niederspannungsnetz vor. Auch die wird sehr wichtig für Installateure. Ebenso gibt es für die Hersteller neue Vorgaben zur Betriebssicherheit von Lithium-Ionen-Batterien. Lithium-Ionen-Zellen haben ein sehr enges Betriebsfenster, Betriebszustände, die eingehalten werden müssen. Wenn diese nicht gewährleistet sind, besteht die Gefahr von Bränden oder gar Explosionen. Es geht also um ein sicheres Batteriemanagementsystem, das aber auch eigensicher ist. Was Eigensicherheit bedeutet, wurde definiert. Unter anderem darf eine Batterie mit einem Fehler bei einem zweiten Fehler nicht hochgehen, das muss das System beherrschen.

Wie bilden Sie sich ganz persönlich weiter? Wussten Sie schon immer, wie Lithium-Ionen-Speicher funktionieren?

Nein, das wusste ich nicht. Natürlich muss ich mich ständig weiterbilden. Da treibt mich die eigene Neugier und Motivation. Ich lese viel Fachliteratur, besuche Tagungen und Konferenzen, tausche mich mit Branchenkollegen aus. Und da ich das gewonnene Wissen auch weitertransportieren will, muss ich es verständlich formulieren und für die Praxis hinterfragen. Das hilft ungemein.

Das Gespräch führte Petra Franke.

http://www.dgs-berlin.de/de/startseite.html

Ralf Haselhuhn

ist Geschäftsführer des Landesverbandes Berlin Brandenburg der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). Der Elektroingenieur leitet seit dem Jahr 2000 den Fachausschuss Photovoltaik der DGS. Er ist als Sachverständiger tätig und arbeitet in diversen Normungsgremien und Fachausschüssen mit, unter anderem auch im Normenkomitee des VDE für Photovoltaik.

Foto: DGS Berlin

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Sicherheitstagung in Berlin

Am 9. und 10. Oktober 2014 findet die 2. Photovoltaik-Sicherheitstagung statt. Sie wird von der DGS Akademie Berlin und dem Haus der Technik veranstaltet. In den Fachvorträgen werden typische Mängel und Fehler beim Anlagenbau und Lücken bei der Sicherheit aufgezeigt und erläutert. Zudem werden künftige Anforderungen diskutiert, um Lösungen zu finden und damit die Akzeptanz der Photovoltaik in allen Bereichen voranzubringen. Die Tagung informiert ausführlich über den aktuellen Stand der Regeln der Technik, Normen und Richtlinien bei Bau, Montage und Installation von Photovoltaikanlagen auch in Kombination mit Batteriespeichersystemen.

Die Veranstaltung richtet sich an Anlagenbetreiber, Bauherren, Installateure, Planer, Projektentwickler, Ingenieure, Gutachter, Sachverständige, Energieversorger, Netzbetreiber, Hochschulangehörige und Mitarbeiter von Bildungs- und Forschungseinrichtungen.

Die Teilnahmegebühr beträgt 850 Euro, für DGS- und BSW-Mitglieder 810 Euro. Abonnenten der photovoltaik können ebenfalls zum ermäßigten Preis teilnehmen.

http://www.dgs-berlin.de/de/startseite.html/de/dgsakademie/veranstaltungen-akademie.html

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