Unter bestimmten Umständen strahlen Solargeneratoren mit DC-Optimierern unerwünschte Frequenzen ab, die den Amateurfunk stören. Ohne Hilfe des Herstellers stehen die Betreiber der Anlagen und ihre Installateure vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe.
Sonnenstrom ist eine saubere Sache: Damit wirbt die Photovoltaikbranche, darauf verlassen sich Millionen Solarkunden in Europa und auf der ganzen Welt. Für die allermeisten Anlagen gilt dieser Anspruch uneingeschränkt. Doch es mehren sich die Fälle, in denen Solargeneratoren durch Störfrequenzen beispielsweise die geschützten Funkbänder der Notdienste oder des Amateurfunks stören.
Die Zahl der Fälle ist überschaubar, aber steigend. „Tatsächlich stellt das Bakom fest, dass die Zahl der Störmeldungen aufgrund von Photovoltaikanlagen zunimmt“, heißt es in einer Mitteilung des Schweizer Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) in Biel. Das Bakom ist das Pendant zur deutschen Bundesnetzagentur (BNA). Wenn eine Solaranlage die geschützten Frequenzen stört, wird der Betreiber in der Regel von diesen Ämtern abgemahnt. Dann muss er die Anlage entstören – auf welche Weise, das ist seine Sache. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann die Behörde die Anlage zwangsweise stilllegen.
Der Wechselrichter als Störquelle
Zunächst einmal: Störfrequenzen können überall entstehen, wo elektrische Geräte zum Einsatz kommen. Ordnungsgemäß gefertigte und geprüfte Solarwechselrichter verfügen DC-seitig über entsprechende Filter. Ist das Gerät jedoch defekt, können störende Oberschwingungen in die DC-Strings übergehen. Dann fungiert die meist sehr ausgedehnte DC-Verkabelung auf dem Dach wie eine Antenne.
Sie wird zum Störsender. „Im Normalfall besteht die DC-Seite einer Photovoltaikanlage aus einem oder einigen Strängen mit in Serie geschalteten Solarmodulen, die an einen oder mehreren MPP-Tracker-Eingängen am Wechselrichter angeschlossen sind“, erläutert Photovoltaikexperte Heinrich Häberlin aus der Schweiz. „Liegen die an diesen MPPT-Eingängen gemessenen HF-Störspannungen unter den Grenzwerten der geltenden Norm, treten in der Praxis meist keine unzulässigen Störungen auf.“
Häberlin ist in der Solarbranche kein Unbekannter: Seit 2015 im Ruhestand, hat er als Professor für Elektrotechnik an der Hochschule in Bern etliche Generationen von Studenten für die Photovoltaik begeistert. Seit Ende 1987 war er in der photovoltaischen Systemtechnik tätig. Mehrere Standardwerke der Solarbranche, Fachbücher und über 150 Fachartikel hat er zur Photovoltaik veröffentlicht.
Ein mögliches Problem wurde real
Häberlin war und ist aber auch begeisterter Funkamateur. „Als aktiver Amateurfunker war mir schon zu Beginn meiner Forschungstätigkeit klar, dass Photovoltaikanlagen ein mögliches EMV-Problem darstellen, darauf habe ich in meinen Testberichten schon Anfang der 90-er Jahre hingewiesen.“
Mittlerweile sind einige Fälle aktenkundig, in denen die EMV-Probleme nachweislich auftraten. Und in denen die Behörden aktiv wurden. Sie verdonnerten die Betreiber, die unzulässigen Störfrequenzen zu beseitigen.
Häberlin war maßgeblich damit befasst, Grenzwerte für die DC-seitigen Abstrahlungen von Wechselrichtern zu definieren. „Bei allfälligen Störungen kann man an den MPPT-Eingängen der Wechselrichter leicht zusätzliche Entstörmittel anbringen“, erläutert er. „Die Anzahl der Störquellen ist relativ klein - im wesentlichen Anzahl der MPPT-Eingänge plus Eins, so dass der Aufwand für die Entstörung tragbar ist.“
DC-Optimierer verschärfen das Problem
Anders bei Anlagen mit DC-Optimierern: „Dort hat man zusätzlich pro einem oder zwei Module je eine im Solargenerator verteilte Störquelle, das heißt eine eine große Zahl verschiedener HF-Störquellen“, erklärt der Experten. „Es sollte deshalb versucht werden, Schaltkonzepte mit möglichst geringer Störungserzeugung (Soft Switching) einzusetzen.“
Die Vielzahl der potenziellen Störquellen im ausgedehnten DC-Kreis der Solarmodule ist äußerst ungünstig: „Der Solargenerator ist hochfrequenztechnisch eine Sendeantenne mit bei jedem Optimierer undefinierten HF-Eigenschaften bezüglich Impedanz und Antennenwirkungsgrad“, urteilt Häberlin. „Einige Optimierer werden ihre Störleistung praktisch vollständig an eine auf der Störfrequenz resonante Antenne abgeben können. Bei andern wird die Störleistung infolge Fehlanpassung nicht voll abgegeben werden können.“
Separate Entstörfilter nötig
Soll heißen: Stört die Anlage, müssen alle Störquellen ausgeschlossen werden. „Für eine sinnvolle Entstörung sind deshalb aus technischen Gründen an jedem Optimierer separate Entstörfilter nötig, was entsprechende Mehrkosten zur Folge hat“, kommentiert Häberlin. „Meines Wissens produzieren die Hersteller bisher normale, unentstörte Optimierer und montieren bei Störungsmeldungen einfach zusätzliche Entstörmittel an jedem Optimierer.“
Das sind beispielsweise drei Klappferrite mit drei bifilaren Windungen mit asymmetrischen HF-Impedanzen von 0,5 bis zwei Kiloohm – an jedem Optimierer im störenden String. „Diese bisher vom Installateur bei Störungen an der Verkabelung zu realisierenden Maßnahmen und die danach unter den Modulen der Witterung ausgesetzten Entstörelemente sind unschön“, meint der Fachmann. „Es wäre wünschenswert, wenn diese Entstörmittel standardmäßig direkt in jeden Optimierer integriert oder in einem vom Hersteller gelieferten und wetterfesten externen Zusatzgehäuse mit kurzen Anschlusskabeln und Steckern untergebracht wären. Das könnte man bei Störfällen kostenlos nachliefern und einbauen.“
Den vollständigen Report lesen Sie im Heft März 2020 der photovoltaik, das am 19. März 2020 erscheint. Diese Ausgabe steht ganz im Zeichen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) von Leistungselektronik auf dem Dach. Abonnenten können alle Beiträge nach Erscheinen auch online lesen.
In unserem neuen Webshop gibt es unsere Hefte zudem auf Einzelbestellung.
Unser Newsletter erscheint zweimal wöchentlich! Noch mehr Produkte, News und praktische Tipps für die Profis unserer Branche!