Schrauben, löten, stecken. Hinter einer Glaswand sieht der Besucher in Hagen, wie Techniker Wechselrichter fertigen. Seit gut zehn Jahren baut der Automobilzulieferer Kostal auch Umrichter für Photovoltaikanlagen und für Batteriespeicher. Aber ein neues Produkt fällt nicht wie Manna vom Himmel. Es ist vielmehr das Ergebnis einer evolutionären Entwicklung. In der Abstimmung mit dem Vertrieb wird aufgelistet, was das neue Produkt können soll. Sicher soll ein neues Modell nicht weniger können, im Gegenteil. „Es geht meistens darum, Zusatzleistungen einzubauen und am Ende das Gerät noch 20 Prozent günstiger herzustellen“, beschreibt Thomas Garber.
Kompromiss aus Wunsch und Kosten
Garber leitet das Produktmanagement für Wechselrichter und Speichersysteme in der Geschäftseinheit Photovoltaik bei Kostal. Wechselrichterhersteller stehen derzeit unter Kostendruck. Der Wirkungsgrad der Geräte ist nach wie vor wichtig, aber nicht das einzige Kriterium für Qualität. Was sich Thomas Garber dann ins Lastenheft schreibt, ist immer ein Kompromiss aus Wünschen und harter Marktrealität. Immerhin dauert es aller Erfahrung nach gut zwei Jahre, bis ein neues Produkt fertig ist. Je nachdem, wo die Entwickler aufsetzen können. In dieser Zeit müssen also Marktentwicklungen antizipiert werden.
Bereits auf der Intersolar im Sommer stellte Kostal neue Stringwechselrichter der Bauserie Piko IQ vor. Diese werden Anfang 2018 die bisherige Piko-Serie in den dreiphasigen Leistungsklassen 4,2 Kilowatt bis zehn Kilowatt ersetzen. Das neue Smart Communication Board dient als Plattform für aktuelle und zukünftige Kommunikationsstandards und ermöglicht eine einfache Einbindung ins Smarthome.
Vielfalt mit dem Plenticore
Ein Thema, das immer vordringlicher wird, auch weil 2018 der flächendeckende Einbau von intelligenten Stromzählern starten soll. „Das wird auch Anwendungen für einen Energiemanager interessanter machen“, meint Garber. Der integrierte Remoteservice erledigt die nötigen Software-Updates von allein. Das neue Konzept der Verschlüsselung durch Direktübertragung sorgt dabei für angemessene Sicherheit. Kostal selbst wird kein eigenes Smarthome-System entwickeln. „Wichtig ist es nur, kompatibel zu bleiben“, betont der Produktentwickler. EEBus ist beispielsweise eine Plattform, die herstellerübergreifend von deutschen Unternehmen initiiert wurde. Aktuell ist auch der Branchenverband der Automobilindustrie VDA der Initiative beigetreten. Wechselrichterhersteller müssen für diese und neue Standards, die erst noch entwickelt werden, flexibel bleiben.
Der Name des neuen Batteriewechselrichters Plenticore Plus gibt schon einen Hinweis auf die Agenda: Plenti steht für Vielfalt, und Core steht für alle wichtigen Funktionen, die in dem Gerät vereint sind. Der Wechselrichter hat zwei Solareingänge und einen dritten DC-Eingang, an den optional ein weiterer Modulstring oder eine Speicherbatterie angeschlossen werden. Der Speicher lässt sich demnach auch nachträglich integrieren.
Neue Kooperation mit Steca
Die Philosophie von Kostal lässt sich am besten so beschreiben: Die Hagener bieten alles aus einer Hand, aber müssen nicht alles selbst herstellen. Einerseits zeigt das die neue Kooperation mit Steca. Während die Firma aus Memmingen sich verstärkt auf einphasige Wechselrichter und Speichersysteme konzentriert, bauen die Hagener dreiphasige Anlagen für Privat- und Gewerbekunden. Im Vertrieb sind beide Partner dann entsprechend breiter aufgestellt, da sie die Produkte des jeweils anderen mit offerieren können.
Tests nach Effizienzleitfaden
Andererseits verdeutlicht das die Auswahl der Speichergeräte, die von Kostal qualifiziert werden. Mit dem Plenticore werden die Speicher von Kreisel und BYD verkauft, weitere Geräte sollen noch hinzukommen.
Der Batteriewechselrichter selbst durchlaufe gerade die Zertifizierung nach dem Effizienzleitfaden, berichtet Garber. Der Leitfaden ist vom BSW-Solar zusammen mit dem Speicherverband BVES und weiteren Partnern entwickelt und im März 2017 veröffentlicht worden. Der Leitfaden soll mehr Transparenz in den Speichermarkt bringen.
BYD und Kreisel im Sortiment
Mit den Chinesen von BYD gibt es seit August eine Zusammenarbeit. Kostal hat bereits den neuen Hochvoltspeicher von BYD in Kombination mit den Piko-Wechselrichtern freigegeben. Damit wollen die beiden Unternehmen ihren privaten und gewerblichen Kunden gemeinsam mehr Flexibilität bieten.
Schließlich basiert das Konzept des Hochvoltspeichers von BYD darauf, dass er aufgrund der Serienschaltung der einzelnen Batteriezellen einfach modular an die jeweiligen Anforderungen angepasst wird.
Der Speicher besteht aus mindestens sechs Batteriemodulen und einem Steuermodul mit einem nutzbaren Speichervolumen von 6,4 Kilowattstunden. Die einzelnen Module werden einfach aufeinandergesteckt. Der Handwerker muss sie nicht mehr verkabeln. Und das spart Zeit und damit auch Geld.
Braucht der Kunde allerdings mehr Leistung, kann der Installateur einfach weitere Batteriemodule auf den bereits bestehenden Speicher aufsetzen und erreicht damit eine Speicherkapazität von bis zu 11,4 Kilowattstunden. Für gewerbliche Anwendungen kann er bis zu fünf der einzelnen Speicher parallel miteinander verschalten und erhält damit eine Speicherkapazität von bis zu 58 Kilowattstunden.
Spannung auf 200 Volt anheben
Ein zweiter Vorteil des Speichers ist, dass die Energie mit einer Spannung von mindestens 200 Volt abgegeben wird. Damit liegt er bereits auf dem benötigten Spannungsniveau, allerdings immer noch als Gleichstrom vor.
Der wird durch den Piko-Wechselrichter umgewandelt. Die Wechselrichter müssen dabei die Spannung nicht mehr hochsetzen – so steigt der Wirkungsgrad des gesamten Systems.
Seit Juli 2017 hat Kostal Industrie Elektrik einen neuen Geschäftsführer. Der Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieur Manfred Gerhard arbeitet schon 17 Jahre im Unternehmen. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit Photovoltaik sowie der Mess- und Regelelektronik.
Auslandsgeschäft soll wachsen
Es gibt einiges zu tun, denn das mittelständische Familienunternehmen will sich künftig breiter aufstellen. Das ist strategisches Kalkül. So wird die Abhängigkeit von der Automobilsparte reduziert.
Dafür soll auch das solare Auslandsgeschäft wachsen. Zusammen mit Partnerunternehmen ist Kostal als Projektierer in China und der Türkei aktiv.
Derzeit erzielen die Hagener rund die Hälfte ihres Umsatzes in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Kostal will künftig gut 60 Prozent des Geschäfts außerhalb generieren.
Zwei weitere Trends sollten Kostal künftig in die Karten spielen: die Elektromobilität und effizientere Hochvoltsysteme mit 600 bis 800 Volt. Bei beiden Themen sollte sich Kostal wie zu Hause fühlen.
Kostal
Der große Piko für Projekte
Der neue Piko 36 EPC von Kostal bietet eine gute Alternative für Projektgeschäfte. Mit einer Leistung von 36 Kilowatt sinken die Kosten pro installierter Leistung. Sein Wirkungsgrad erreicht 98,7 Prozent, der Überspannungsschutz für AC, DC und die Kommunikation ist optional wählbar. Der Stringwechselrichter eignet sich besonders für Großprojekte bis drei Megawatt. Dabei macht der neue zertifizierte Netz- und Anlagenschutz über die integrierte Karte Piko EPC Off Switch den Einsatz teurer Kuppelschalter überflüssig.
Die Installation des 36 EPC erfolgt einfach und schnell. Mit der maximalen DC-Spannung von 1.100 Volt sind Strings aus 25 Modulen realisierbar, wodurch sich die Verlustleistungen und die Kosten reduzieren. Die Gehäuseschutzart IP65 ermöglicht den sicheren Betrieb drinnen wie draußen. Sechs DC-Eingänge mit Sunclix-Steckern erlauben den werkzeuglosen und einfachen Anschluss der Module.
Das aus der aktuellen Piko-Serie bekannte Kommunikationsboard kommt auch beim Piko 36 EPC zum Einsatz. Zum Standard gehören zwei Netzwerkanschlüsse und eine RS-485-Verbindung.
Steca
Neue Synergien nutzen
Die deutschen Wechselrichterhersteller Steca und Kostal haben Mitte August 2017 verkündet, enger zusammenzuarbeiten. Entwicklungsergebnisse sollen künftig gemeinsam genutzt werden. Zudem soll die Kooperation ein- und dreiphasige Geräte, Speicherwechselrichter sowie ergänzende Produkte weiterentwickeln.
Das haben beide Hersteller von Wechselrichtern nun verkündet. Konkret sieht das so aus: Während die Steca Elektronik mit Sitz in Memmingen sich verstärkt auf einphasige Wechselrichter und Speichersysteme konzentriert, wird sich Kostal Industrie Elektrik in Hagen vorwiegend auf dreiphasige Anlagen im Privatkunden- und gewerblichen Bereich fokussieren. Durch diese Aufgabenteilung bringen beide Partner ihrer Ansicht nach die individuellen Stärken in die Kooperation ein. Für beide führt das folglich zu einem größeren Produktportfolio, das sie Kunden anbieten können.