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“Jeder Eingriff ist riskant“

Ist die Anschlussdose am Modul ein unterschätztes Bauteil?

Jörg Schmidt: Die Modulhersteller unterschätzen ihre Bedeutung gewiss nicht. Die Anschlussdose ist die intelligente Verbindung und Schnittstelle der Photovoltaikmodule. Sie ist ein zentrales Bauteil, das einen sehr hohen Beitrag zur Funktion der Anlage leistet.

Kostal bietet Wechselrichter und Anschlussdosen an, baut aber keine Solarmodule. Wie vertreiben Sie die Anschlussdosen?

Das ist ein OEM-Geschäft mit den Modulherstellern. Dabei ist die Qualität der Anschlussdosen sehr wichtig, denn ein Ausfall wirkt sich unmittelbar auf die gesamte Photovoltaikanlage aus. Entscheidend sind die Bypassdioden und die Wärmeverteilung in der Anschlussdose. Bei Verschattung sperren die Dioden das Modul beziehungsweise Teile des Moduls und leiten den Stromfluss vorbei, um den Ertrag nicht negativ zu beeinflussen. Wir legen Wert auf hochwertige SMD-Dioden. Das sind Dioden, die auf ein Stanzgitter gelötet werden. Das Stanzgitter verteilt die Wärme besonders gut. Die Dioden werden bei uns in der Fertigung vollautomatisch gesetzt und gelötet.

Ist die vollautomatische Montage schon Standard in der Solarindustrie?

Nein, das ist sie noch nicht. Nur einige Hersteller setzen und kontaktieren die Anschlussdosen vollautomatisch. Dafür braucht man teure Roboter, um die Anschlussdosen sehr präzise auf der Modulrückseite zu positionieren und zu kontaktieren. Das Verkleben mit Silikon hingegen ist nicht so aufwändig. Diese Technologie hat sich bewährt. Nicht ganz einfach ist es, die Bändchen aus dem Laminat zu verschweißen oder zu verlöten. Bei einer vollautomatisierten Montage kann man die Anschlussdose auch auf die Querverschaltung der Zellen auflöten.

Wie heiß können die Anschlussdosen werden?

Wenn die Dioden das Modul bei Verschattung sperren, erwärmen sie sich. Das Stanzgitter muss die Wärme möglichst schnell und gleichmäßig abführen. Hotspots sind unbedingt zu vermeiden. Das Stanzgitter besteht aus Metall, das unter Umständen sehr heiß werden kann. Bei den Temperaturen spielt die Größe der Dosen eine wichtige Rolle, denn die Fläche des Stanzgitters ist für die Wärmeableitung wesentlich. Außerdem muss man die normativ geforderten Luft- und Kriechstrecken einhalten.

Wie werden die Anschlussdosen getestet?

Während der Fertigung werden alle Teile hoch automatisiert bestückt. Das Stanzgitter wird im SMD-Lötofen vollautomatisch mit Dioden bestückt und verlötet. Die Anschlussdose ist ein Spritzgussteil aus Kunststoff. Jede Anschlussdose wird auf einen Werkstückträger gelegt, und nach jedem Arbeitsschritt wird dieser geprüft. Auch die Position der Dioden und der Klemmfedern wird visuell geprüft. Das Qualitätsmanagement ist sehr aufwendig. Am Ende der Fertigung steht ein End-of-Line-Test, bei dem unter anderem die Kennlinie der Dioden geprüft wird.

Für den Installateur ist die Anschlussdose eher unscheinbar, zumal sie sich auf der Rückseite des Solarmoduls befindet. Darf er beispielsweise die Dioden tauschen?

Die Dioden sind nicht austauschbar. Für den Installateur sind eigentlich nur die Steckverbinder zur Verbindung der PV-Module interessant. Unsere Steckverbinder sind mit den Photovoltaiksteckverbindern von Lapp kompatibel, um auch an dieser Stelle dem Installateur einen hohen Nutzen zu bringen. Prinzipiell ist jeder Eingriff in die Anschlussdose riskant. Denn durch elektrostatische Aufladung könnten die Dioden geschädigt werden. Der Installateur sollte also elektronische Bauteile nicht wechseln.

Könnte man defekte Dioden nicht als komplettes Bauteil wechseln?

In unserer Anschlussdose Samko 100-02 sind die Dioden und das Stanzgitter in den Deckel integriert, den man als modulares System auswechseln kann. Allerdings sollte auch das ESD aus Gründen der Sicherheit und Gewährleistung beim Modulhersteller erfolgen.

Einige Modulhersteller wollen in der Anschlussdose beispielsweise Diagnosesysteme für Spannung und Stromstärke oder Leistungsoptimierer integrieren. Wie gehen Sie damit um?

Das Monitoring oder die Optimierung sehen wir vor allem als Aufgabe des Wechselrichters. Dort müssen Sie die entsprechenden Bauteile nur einmal integrieren. Wenn in jedem Modul und in jeder Anschlussdose mehr Elektronik steckt, werden die Anschlussdosen anfälliger für Fehler. Außerdem darf man nicht vergessen, dass der Wechselrichter in der Regel viel besser zugänglich ist als die Photovoltaikmodule auf dem Dach.

Innerhalb der vergangenen Jahre haben Sie immer neue Ideen eingebracht. Welche technischen Trends bei den Anschlussdosen verfolgen Sie?

Die Zellen werden zukünftig höhere Leistungen erzielen. Das könnte die üblichen elektronischen Bauelemente überfordern. Deshalb können wir smarte Bypassdioden einbauen. Das sind Mosfets, die höhere Ströme erlauben. Die Wärmebelastung in der Anschlussdose sinkt. Auch haben wir durch den Aufbau mit unseren SMD-Dioden, dem Stanzgitter und den angeschweißten Anschlüssen die Dose sehr vereinfacht. Die Zahl der Kontaktpunkte ist sehr gering. Weitere Vereinfachungen werden schwierig. Bei der Samko 100-08, die wir in diesem Jahr auf der Intersolar vorgestellt haben, sind wir zum Beispiel dem Trend zu flacheren Modulrahmen gefolgt. In dieser Dose haben wir die Wärmeabfuhr durch Vergussmasse verbessert, dadurch kann man sie kleiner bauen. Allerdings muss man sich immer das ganze System anschauen: Kleiner heißt nicht automatisch preiswerter. Denn das Material zum Vergießen (Potting) und die entsprechende Fertigungstechnik kosten auch Geld. So gilt auch bei den Anschlussdosen: Viele Wege führen nach Rom.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

TÜV/SunnySide upp

http://www.tuv.com

Produktionsmängel, Fehler im Handling und der Installation, mangelhafte Wartung im Betrieb: Die Ursachen für schadhafte Solarmodule sind vielfältig. Gleichzeitig schreitet die Analytik voran. Welche Auswirkungen haben beispielsweise Mikrorisse oder Schneckenspuren, verkratztes Frontglas, Schwächen an der Laminierung oder fehlerhafte Rückseitenfolien tatsächlich auf die Lebensdauer und Leistung der Module? Ist jeder Fehler auch gravierend? Lassen sich einzelne Fehlergruppen typisieren und hinsichtlich ihrer Auswirkungen bewerten?

Das Projekt „Evaluationsforschung zur Qualitätssicherung von Photovoltaikmodulen im Solarpark“ – kurz PV Scan – wird vom Bundesumweltministerium gefördert. Beteiligt sind Sunnyside Upp, die Hochschule Aachen sowie der TÜV Rheinland, ISC Konstanz und Solar-Fabrik. Untersucht werden Schäden an Aufdachanlagen und in Freilandgeneratoren, über eine Zeitdauer von mehreren Jahren.

Ziel von PV Scan ist es, die typischen Fehler und Schäden an Photovoltaikmodulen zu finden und zu bewerten. Deshalb werden die Solarmodule direkt vom Hersteller, nach Anlieferung auf der Baustelle und nach erfolgter Installation untersucht. Anschließend werden sie im Feld über Jahre getestet, um Auswirkungen von Fehlern genau festzustellen. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, bestehende Prüf- und Produktstandards weiterzuentwickeln sowie neue Normen anzuregen, beispielsweise hinsichtlich Transport und Handhabung der Module in der Bauphase eines Photovoltaikprojektes.

Über das Monitoring der Schäden im Feld hinaus laufen Laborversuche und Simulationen. Die Nachbildung von Fehlerbildern mittels Simulation nimmt federführend das ISC Konstanz vor. Die RWTH Aachen entwickelt Modelle zur Auswertung des langfristigen Monitorings und Verfahren zur Leistungs- und Qualitätsüberwachung von Photovoltaikanlagen. Sunnyside Upp steuert insbesondere die Evaluation der Installationsqualität von Anlagen bei und koordiniert die Forschungen.

Kostal Industrie Elektrik GmbH

https://www.kostal.com/

Seit 1997 im Geschäft

Die Kostal Industrie Elektrik GmbH in Hagen gehört zur Kostal Gruppe, deren Solarsparte beispielsweise Wechselrichter produziert. Seit 1997 fertigt das Unternehmen Anschlussdosen für Modulhersteller. Damals gab es nur manuell setzbare Anschlussdosen, die speziell auf die individuellen Wünsche der Modulhersteller zugeschnitten wurden. Später kamen universell einsetzbare Dosen hinzu. Seit 2008 bietet Kostal seinen Kunden auch Anschlussdosen zur halbautomatischen oder vollautomatischen Montage im Back-end der Modulproduktion an.

Jörg Schmidt

leitet den Vertrieb der Anschlusstechnik für Photovoltaikmodule bei der Kostal Industrie Elektrik GmbH in Hagen. Seit 2003 ist er in der Photovoltaik tätig. Seit 2007 arbeitet er bei Kostal.

j.schmidt@kostal.com

Foto: Kostal

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