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Jedes Schäfchen wird gezählt

Keine Seltenheit: Eine Anlage läuft nicht ganz so gut, wie sie sollte, aber auch nicht wirklich schlecht. Gerade noch so im grünen Bereich. Eine Sichtkontrolle bringt keine Erkenntnisse, die Daten der Wechselrichter weisen vielleicht auf schwache Strings hin – aber man müsste nachmessen, welches Modul nicht die volle Leistung bringt.

Eine genaue Analyse ist Betreibern in solchen Fällen oft zu teuer. Die Mindererträge sind einfach nicht schmerzhaft genug. Dabei würde sich ein Austausch fehlerhafter Module in den meisten Fällen durchaus lohnen – wenn man denn wüsste, welche es genau sind. Aber auch wenn die Ertragseinbußen größer ausfallen, auf Wechselrichterebene kein klares Fehlerbild erkennbar ist und deshalb Kennlinien- oder Thermografiemessungen zur Fehlersuche eingesetzt werden, dauert es oft lange, bis die schadhaften Module identifiziert sind. Punktuelle Messungen haben den Nachteil, dass sie nur unter bestimmten Wetter- und Einstrahlungsverhältnissen sinnvoll durchgeführt werden können und jeweils nur ein Messergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt liefern. Jedes Modul einer Anlage zu vermessen kostet Zeit und damit Geld.

Modulgenau messen

Die Idee, nicht nur auf Stringebene Daten zu überwachen, sondern modulgenau Ausfälle oder Mindererträge sichtbar zu machen, leuchtet ein. Doch bis vor nicht allzu langer Zeit hat das Thema Transparenz keinen Modulhersteller interessiert, die Geschäfte liefen gut. Auch die Installateure waren so ausgelastet, dass sie keinen Nerv für das Thema hatten. Das sieht inzwischen anders aus. Allgemein hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wohl viele Anlagen nicht den optimalen Ertrag bringen, die Fehlersuche aber oft zu aufwendig ist beziehungsweise der entgangene Ertrag nicht in Relation zu den Kosten der Fehlersuche steht.

Die Anlage bis auf Modulebene zu überwachen und fehlerhafte Module im laufenden Betrieb per Ferndiagnose zu erkennen, das bietet das System Sunsniffer der Firma Storm Energy aus Nürnberg. Mit der Sunsniffer-Technologie wird die Spannung jedes einzelnen Moduls kontinuierlich gemessen und per Monitoringsoftware überwacht. Das Produkt ist nicht neu. Bereits 2010 erhielt die erste Produktversion den Innovationspreis beim Photovoltaik-Symposium in Bad Staffelstein.

Die Unternehmensstrategie von Storm Energy zielte zunächst darauf ab, die Sunsniffer in den eigenen Anlagen zu verbauen und sich so ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen. Geschäftsführer Ingmar Kruse verweist auf 50 Prozent Marktanteil auf Nürnberger Industriedächern. Doch seit 2013 bietet Storm Energy die Technologie offensiv auch anderen Installateuren an.

Sunsniffer inside

Um den Installateuren den Zugang zur Technologie zu erleichtern, wurden Kooperationen mit Herstellern von Modulen und Wechselrichtern aufgebaut. Die Technologie besteht aus drei Komponenten: den Sensoren, die Spannung und Temperatur in der Anschlussdose messen, dem Stringserver, an den alle Sensoren eines Strings ihre Daten übermitteln, und der Connection Box, die die Daten der Stringserver an ein Monitoringsystem überträgt.

Die Sensoren sind am Modul verbaut, Stringserver und Connection Box am Wechselrichter. Es liegt also nahe, die Technologie gleich in die Anschlussdosen der Module und in den Wechselrichter zu integrieren.

Seit 2011 ist eine Anschlussdose mit Sunsniffer-Sensor von Weidmüller auf dem Markt. Inzwischen sind die Module mit einer Anschlussdose des chinesischen Herstellers QC Solar die am häufigsten verbauten Module mit Sunsniffer-Sensor. Auch der Modulhersteller Znshine integriert Sunsniffer heute serienmäßig in bestimmte Modelle.

Ab 2015 will der Wechselrichterhersteller Huawei die Funktion des Stringservers in seine Wechselrichter integrieren. Im hart umkämpften Markt suchen die Modul- und Wechselrichterhersteller nach Wegen, Marktanteile zu gewinnen. Und eine Möglichkeit ist dabei auch, die eigenen Produkte mit Zusatznutzen auszustatten. „Insofern spielt diese Marktentwicklung uns in die Hände, weil die Hersteller Sunsniffer auf ihre Kosten integrieren. Eine Anlage mit Sunsniffer inside ist nicht teurer“, argumentiert Ingmar Kruse und erklärt weiter: „Die Stringmesseinheit kann jederzeit einfach nachinstalliert werden. Möchte man den Sunsniffer erst mal nicht nutzen, hat man bei der Anschaffung von Modulen mit integriertem Sunsniffer keinen höheren Preis, kann die Überwachung aber jederzeit aktivieren. Das ist eindeutig ein Vorteil, denn zum Beispiel bei Installationen auf Schrägdächern kann eine Nachrüstung sehr aufwendig werden.“

Auch Nachrüstung ist möglich

Der Einsatz von Sunsniffern ist aber durchaus auch eine interessante Alternative, wenn es um bereits installierte Anlagen geht, die nicht die erwartete Leistung bringen. In diesen Fällen kann die Anlage nachgerüstet werden. Dazu werden sogenannte Retrofitdosen, in denen sich der Sensor befindet, zwischen die Anschlussdosen der einzelnen Module gesteckt. Die Retrofitdosen, die inzwischen von diversen Händlern angeboten werden, werden standardmäßig mit MC4-Steckern geliefert. Da alte Anlagen oft andere Steckverbindungen haben, sind auf Anfrage auch andere Steckverbindungen lieferbar, sodass eine Installation der Dosen mit wenig Arbeitsaufwand erfolgen kann.

Mieten und ausprobieren

Jetzt kommt die Gretchenfrage: Lohnt sich das? Die Preise der Retrofitdosen bewegen sich im Bereich um die 17 Euro, variieren aber auch je nach Land und Einsatz. Die Stringserver kosten derzeit 80 Euro pro String, was 16 Euro pro Kilowattpeak entspricht. Dabei kalkuliert das Unternehmen mit 20 Modulen im String und 250-Wattpeak-Modulen. Sie sind also etwas günstiger als andere Stringmesseinheiten, messen aber im Gegensatz zu diesen Volt und Ampere des Strings und lesen die Moduldaten aus der DC-Leitung aus. Dazu kommt die Connection Box mit rund 260 Euro bei einer Anlagengröße bis 30 Kilowattpeak und rund 360 Euro bei einer Größe von bis zu 600 Kilowattpeak. Das Sunsniffer-Gesamtpaket ohne Sensoren liegt demnach bei einer Anlage mit 30 Kilowattpeak bei rund 740 Euro. Im Preis enthalten ist eine 30-tägige Historie im Monitoring, das heißt die Vorhaltung der Daten, die auf einem ausgelagerten Server von Storm Energy gespeichert werden.

Eine unbeschränkte Historie der Daten und mehr Auswertungsfunktionen sind gegen Aufpreis möglich. Im Vergleich zu einer Kennlinienmessung und oder anderen Suchmaßnahmen bietet Sunsniffer mit diesem Preismodell also durchaus eine wirtschaftliche Alternative.

Und wer als Installateur erst mal schnuppern will, kann ein Mietmodell zum Ausprobieren wählen: Für 250 Euro vermietet Storm Energy ein System mit 20 Retrofitboxen und zwei Stringservern sowie Connection Box für sechs Wochen.

Qualitätsüberwachung in der Fertigung

Heute werden bereits mehr als 200 Anlagen mit Sunsniffer modul- und stringgenau überwacht. Über die Zeit konnte Storm Energy viele Erfahrungen sammeln, die in die stetige Weiterentwicklung der Technologie einflossen. Die jüngsten Ziele des Unternehmens sind auf die Qualitätskontrolle gerichtet. Da Storm Energy weltweit fertigen lässt, soll gewährleistet werden, dass überall gleich gut produziert wird. Deshalb wurde ein Online-Überwachungssystem gebaut, mit dem in Echtzeit die Fertigung kontrolliert und sichergestellt wird, dass Sensor, Stringmesseinheit und Connection Box so funktionieren, wie sie sollen, bevor sie die jeweilige Produktionsstätte verlassen.

Für die nahe Zukunft sind weitere Produktinnovationen geplant. Momentan werden die Stringserver und die Connection Box umgestaltet. Die bisherigen outdoorfähigen Gehäuse der Geräte sollen durch kleine Hutschienengehäuse ergänzt werden. Dadurch wird nicht nur Material – und beim Einbau entsprechend Platz – gespart, sondern auch die Installation vereinfacht. Eine weitere wichtige Neuerung ist die Integration eines Raspberry-Pi-Minicomputers in die Connection Box. Dieser Minicomputer wird zusätzlich um eine aufsteckbare Input-Output-Card erweitert, welche fünf RS-485-Ports und acht analog-digitale Schnittstellen bietet.

Minicomputer integriert

Der Minicomputer liest nicht nur Wechselrichter verschiedener Hersteller aus und ist somit ein Konkurrent von Solarlog und Meteocontrol. Er ermöglicht auch andere Anwendungen, von der automatischen Steuerung einer Wärmepumpe oder Waschmaschine bis hin zur Integration von fernsteuerbaren optischen Überwachungskameras an der Anlage.

Und eine weitere Zusatzfunktion bietet die Connection Box mit integriertem Minicomputer: Die im neuen EEG geforderte Echtzeitabschaltung im Rahmen des Marktprämienmodells soll über SSL erfolgen. Das heißt in der Praxis: über eine Online-Lösung, auf die mindestens zwei Berechtigte Zugriff haben. Auch diese Vorgabe kann mit der Connection Box erfüllt werden. Sie bietet die dafür notwendige Infrastruktur.

Den Strom liefert das Modul

Auf die Frage, ob die Sunsniffer-Technologie durch die seit zwei Jahren verfügbaren Leistungsoptimierer am Modul obsolet geworden ist, antwortet Ingmar Kruse: „Diese Innovation hatte ihren Ursprung in der Tatsache, dass damals noch Module gefertigt wurden, die sehr hohe Leistungsdifferenzen aufweisen konnten. Es gab einfach eine große Schwankungsbreite bei der Zellfertigung. Bis zu 20 Prozent Leistungsdifferenz zwischen einzelnen Modulen einer Serie waren möglich – und damit auch entsprechende Minderleistungen eines ganzen Strings. Das ist heute nicht mehr so. Für dieses Problem wird also der Leistungsoptimierer nicht benötigt. Lediglich in besonderen Verschattungssituationen, bei denen mehrere Strings am Wechselrichter auf einen MPP-Tracker geschaltet sind, können Leistungsoptimierer den Ertrag steigern.“

Oder anders formuliert: „Den Strom liefert immer noch das Modul durch möglichst ungehinderte Sonneneinstrahlung. Ertragsminderungen, Verschmutzungen, Schatten und defekte Module können durch keine Elektronik kompensiert werden. Somit ist die Leistungsfähigkeit eines Moduls die wichtigste Voraussetzung für den Ertrag einer Anlage. Und dieser Ertrag sollte genau dort überwacht werden, wo es bisher nicht geschieht: am Modul selbst.“

https://www.sunsniffer.de/

Foto: Frank Gremplewski

Sunsniffer im Praxistest

Modulfehlern auf der Spur

2007 wurde die Flachdachanlage in Ottensoos bei Nürnberg installiert. Sie besteht aus zwei Strings, in denen jeweils zehn 160-Watt-Module verbaut wurden, und drei Strings, zu denen jeweils zehn 170-Watt-Module gehören. Die installierte Leistung beträgt 8,3 Kilowattpeak. Die Anlage wurde nie systematisch überwacht, lediglich am Jahresende der Zählerstand abgelesen. Laut Ertragsprognose sollte die Anlage pro Jahr 7.175 Kilowattstunden Strom produzieren. Ihr realer Ertrag lag schon einige Jahre unter diesem Wert, 2013 waren es konkret 6.802 Kilowattstunden. Bei einer Einspeisevergütung von 49,21 Eurocent ein Minderertrag von rund 343 Euro pro Jahr. Ein typischer Fall: nicht wirklich schlecht, aber eben auch nicht so gut wie erwartet.

Die Anlage wurde im Juli 2014 mit der Sunsniffer-Technologie nachgerüstet. Dazu wurden zwischen die Anschlussdosen an den Modulen sogenannte Retrofitdosen installiert. Die Retrofitdosen werden standardmäßig mit MC4-Steckern geliefert, andere Steckverbindungen sind auf Anfrage lieferbar, sodass eine Installation der Dosen mit wenig Arbeitsaufwand erfolgen kann. Bei der Installation der Dosen muss darauf geachtet werden, die Seriennummer des Moduls und die dazugehörige Kennung der Retrofitdose zu dokumentieren, damit später die Ergebnisse tatsächlich einem konkreten Modul zugeordnet werden können.

Neben die zwei Wechselrichter der Marke Sunways im Haustechnikraum wurde für jeden der fünf Strings ein Stringserver installiert. Zusätzlich wurde die Connection Box an der Wand montiert, die über einen Webserver die Daten ins Monitoringsystem überträgt.

Der Blick ins anschließende Monitoring bot zunächst ein unspektakuläres Bild: Alle Strings brachten in etwa die gleiche Leistung, ihre Kurven im Monitoring waren fast identisch. Daraus abzuleiten, hier wäre alles in Ordnung, ist ein Trugschluss. „Hier schlägt das Gesetz der Gleichverteilung zu“, kommentiert Ingmar Kruse. In diesem konkreten Fall gibt es in jedem String schadhafte Module, die die Gesamtleistung des Strings vermindern. Und er kann das auch ganz schnell beweisen.

Mit wenigen Klicks gelangt man in die Auswertung auf Modulebene. Nun kann man sich jedes einzelne Modul anschauen, über mehrere Tage oder auch viertelstündlich pro Tag. Jetzt ist sofort zu sehen, dass es in jedem String mindestens ein Modul gibt, das unter der Leistung der anderen Module liegt.

Am Ende kam das Team von Storm Energy nach Betrachtung verschiedener Zeiträume zu dem Ergebnis, dass es in der Anlage sechs schadhafte Module gibt. Zwei davon gehen gar nicht, vier erbringen eine deutlich reduzierte Leistung. Die Entscheidung des Betreibers in diesem Fall ist kurzerhand getroffen: Diese sechs Module sollen möglichst schnell ausgetauscht werden.