Höhere Systemspannungen von 1.500 Volt könnten die Kosten für große Solarparks senken. Denn die elektrischen Ströme und damit die Verluste in der Verkabelung sinken. Aber die Sache ist einfacher gesagt, als getan.
Bisher speisten Solarkraftwerke bei Niederspannung ein, nur Megawattanlagen nutzten Einspeispepunkte im Mittelspannungsnetz. Einzige Ausnahme: Der Solarpark in Rapshagen, gelegen an der Bundesautobahn 24, auf halber Strecke zwischen Hamburg und Berlin. Er speist mit Hochspannung ins 110-Kilovolt-Netz ein. Allerdings war dazu ein eigenes Umspannwerk notwendig. Das Kraftwerk hat eine Leistung von rund 9,5 Megawatt. Insgesamt wurden auf dem 24 Hektar großen Gelände rund 41.200 Solarmodule von Canadian Solar und 430 Wechselrichter von Advanced Energy verbaut. Von den ersten Vorbereitungen bis hin zur Fertigstellung vergingen nur elf Wochen.
Innovationen im Wechselrichter
Um hohe Leistungen möglichst verlustarm ins Netz zu bringen, werden in der Photovoltaikbranche seit Jahren verschiedene Ansätze diskutiert. Ein Weg ist die Senkung der Verlustleistung im Generator, die sich als Abwärme bemerkbar macht, als Erwärmung in der Verkabelung.
LTi Reeenergy hatte schon 2012 einen Inverter mit einem Wirkungsgrad von 99,2 Prozent vorgestellt. Seit Ende 2013 wird er ausgeliefert. Um die Ströme im Gerät zu begrenzen, wurde die Gleichspannung am Generatoreingang auf 1.200 Volt angehoben. Die Leistung eines elektrischen Generators ergibt sich aus dem Produkt aus Spannung und Stromstärke. Höhere Ströme belasten die metallischen Leiter stärker durch Hitze, denn der innere Widerstand des Materials erzeugt Verluste, die in Form von Wärme abgestrahlt werden.
LTi erreicht durch die hohen DC-Spannungen auf der Netzseite eine Ausgangsspannung von 690 Volt. Aufgrund der höheren Spannung konnte der Ausgangsstrom auf ein Drittel abgesenkt werden, auf rund 540 Ampere. Dadurch sinken die thermischen Verluste, der Wirkungsgrad steigt.
Ströme halbiert
Auch Advanced Energy bietet einen Zentralwechselrichter an, der 1.500 Volt Generatorspannung annimmt und auf 690 Volt Netzspannung umsetzt. Kürzlich hatten die Amerikaner mit Refusol in Metzingen fusioniert. Die schwäbischen Ingenieure haben Erfahrungen aus der Windkraft für die Photovoltaik adaptiert, denn in der Windbranche sind solche Spannungen gang und gäbe – weil die Einzelleistung der Windturbinen in der Regel deutlich höher als ein Megawatt liegt.
Der Refusol 333k erreicht einen Wirkungsgrad von 98,5 Prozent. Würde dieses Gerät mit 950 Volt aus dem Generator betrieben, würden sich die Ströme von 610 Ampere auf 1.300 Ampere mehr als verdoppeln. Höhere Ströme kosten Geld, höhere Spannungen bekommt man nahezu umsonst. Wenn die Ströme steigen, steigen der Kupferbedarf und die Verluste, der Wirkungsgrad rutscht um ungefähr ein Prozent ab.
Der 333k ist so kompakt, dass er nur ein kleines Betongehäuse benötigt. Dadurch wird der Transport billiger als bei einer großen Betonstation, denn der Solarpark braucht keine Zufahrtsstraßen für die schweren Sattelschlepper. Man kann die Wechselrichter direkt ins Feld stellen, ohne Zentralstation. Vier Wechselrichter lassen sich als Cluster an einen kleinen Trafo zur Einspeisung in die Mittelspannungsebene anschließen. Refusol verwendet dafür Alukabel statt Kupfer, um noch mehr Geld zu sparen. Die höheren Systemspannungen sparen mehr als 20 Prozent bei der Einhausung des Wechselrichters.
First Solar und GE gehen zusammen
Der Trend zu höheren Systemspannungen im Modulfeld wird verstärkt, weil mittlerweile in China, den USA und in Südamerika gigantische Solarparks mit mehr als 500 Megawatt Solarleistung warten. Wer solche Kraftwerke baut, dreht das ganz große Rad in der Kraftwerkstechnik. Das ist eine Domäne von First Solar, dem US-amerikanischen Hersteller von Dünnschichtmodulen aus Cadmiumtellurid. „Bisher sind wir vor allem gewachsen“, sagt Garabedian, Chefingenieur von First Solar. „Nun werden wir die Effizienz unserer Kraftwerke verbessern.“
First Solar liefert derzeit Module mit 13,4 bis 13,9 Prozent Wirkungsgrad aus. Bis Ende 2015 werden es 15,6 bis 15,8 Prozent sein. Bis 2017 wollen die Amerikaner zwischen 17,7 und 18,4 Prozent schaffen. Dazu wird First Solar auch die Spannungen seiner Module weiter erhöhen. Mittelfristig sollen die Module bis zu 950 Volt abgeben, in naher Zukunft 875 Volt. Das Ziel ist es, die Herstellungskosten für die Module bis 2017 auf 0,27 Euro je Watt zu senken. Dann liegen die Systemkosten der Solarparks bei 0,72 Euro je Watt, ein Drittel niedriger als heute.
Für die Anschlusstechnik in den Solarkraftwerken haben sich zwei mächtige Partner gefunden: General Electric (GE) hatte eigene Dünnschichtpläne beerdigt, um bei First Solar groß einzusteigen. Nun bieten die beiden Unternehmen ein Wechselrichtersystem an, das vier Megawatt aus 1.500 Volt DC erzeugt. Der Zentralwechselrichter Prosolar von GE ist genau auf die Cadmiumtelluridmodule von First Solar angepasst, ebenso der Transformator für die Einspeisung ins Netz. Auf diese Weise braucht ein Solarpark deutlich weniger Wechselrichter als mit DC-Niederspannung. Also sinken die Kosten für die Installation und die Wartung im Feld.
Wechselrichter aus Berlin
Bevor General Electric mit First Solar ins Geschäft kam, hatte GE die Berliner Wechselrichterschmiede Converteam übernommen, die seitdem als GE Power Conversion firmiert. Converteam baut große Wechselrichter für die Windbranche und die Photovoltaik, darunter den neuen Prosolar. Er verfügt über eine spezielle Drei-Level-Topologie und ist für Eingangsspannungen bis 1.500 Volt ausgelegt. Denn die technische Entwicklung spielte den Ingenieuren in die Hände: Seit zwei oder drei Jahren gibt es Markt auch die erforderlichen Sicherungen und Lasttrennschalter für DC- Spannungen jenseits von 1.000 Volt.
Der Prosolar ist als Indoorgerät und als Outdoorgerät erhältlich, ebenso als komplette Power Station. Jede Station ist mit bis zu drei Wechselrichtern ausgerüstet. Werden die Wechselrichter mit 1.000 Volt DC betrieben, sind ein Megawatt bis zwei Megawatt Netzleistung möglich. Mit Eingangsspannungen von 1.500 Volt sind bis zu drei Megawatt AC drin, in der neusten Version bis vier Megawatt. Der Prosolar ist voll gekapselt und wird flüssigkeitsgekühlt.
GE entwickelt die Elektronik und das Layout der Platinen und der Phasenmodule selbst, passt auch die DC-Schränke und die Netzanschlusstechnik an die Wünsche der Kunden an. Die IGBT-Leistungshalbleiter werden zugekauft, die Platinen werden nach den Spezifikationen der Ingenieure im Auftrag gefertigt. Auch die Kühltechnik und die anderen elektrischen Komponenten spezifizieren die Ingenieure selbst. (Heiko Schwarzburger)
Den vollständigen Report lesen Sie im Novemberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 6. November 2014 erscheint.
Web_1500Volt_01_GEPC.jpg: Fertigung großer Zentralwechselrichter bei GE Power Conversion in Berlin. Anders bei der Montage von Stringwechselrichtern dominiert die Handarbeit. Foto: GEPC