D ie Blitzdichte in Deutschland wächst, die Unwetter nehmen zu und werden immer heftiger. Eine Folge: Die Zahl der Überspannungsschäden in deutschen Haushalten steigt. Dabei kommt der Blitz nicht nur übers Dach, er kann auch über den Keller ins Hausnetz durchschlagen. Für die Photovoltaik bedeutet dies: Der korrekte Schutz gegen Blitze und Überspannungen (äußerer und innerer Blitzschutz) gewinnt an Bedeutung.
Besonders häufig betroffen sind die Wechselrichter und die Anschlussdosen der Solarmodule. In den Anschlussdosen sind es vor allem die Bypassdioden, die unter Überspannung versagen. „Wenn die Dioden beschädigt sind, werden sie entweder leitend oder sie sperren dauerhaft“, erläutert Jan Zornikau, Technikchef der Berliner Envaris GmbH.
Spezialisierte Dienstleister im Feld
Envaris ist ein Dienstleister, der sich auf den Austausch und die Reparatur defekter Photovoltaikkomponenten spezialisiert hat. „Dauerhaft leitende Dioden leiten den Strom aus den Modulen um, sie sperren die Module im DC-String. Das erkennt man gut, indem man die Kennlinien misst. Dauerhaft gesperrte Dioden schalten das Modul bei Verschattung nicht mehr ab. Das kann man nur herausfinden, indem man die einzelnen Module genau ausmisst und dabei einzelne Zellen abdeckt.“
Soll heißen: Mit einer gängigen Kennlinienmessung findet man also nur die Hälfte der beschädigten Dioden. Zornikau fährt fort: „Dafür reichen die üblichen Messgeräte und Einstrahlwerte um 300 Watt je Quadratmeter.“
Der Experte ist seit 2007 in der Photovoltaik tätig. Nach dem Studium der Umwelttechnik schrieb er seine Abschlussarbeit über Lichtbögen in der Photovoltaik, im Auftrag des TÜV Rheinland. Anschließend war er bei Sharp tätig. Seit November 2012 arbeitet er für Envaris.
Alle Hände voll zu tun
Und es gibt alle Hände voll zu tun. So rückten die Spezialisten von Envaris kürzlich zu einer Anlage im sächsischen Radeburg aus, die sieben Kilowatt leistet. „Dort hat der Blitz eingeschlagen. Der Schornstein wurde zertrümmert, Teile stürzten auf die Module, die zu Bruch gingen“, beschreibt Zornikau die Situation, die seine Leute vorfanden. „Durch die hohen Stromstärken der Überspannung wurden die beiden Wechselrichter beschädigt. Wir haben die Leerlaufspannungen in den Strings durchgemessen. Dabei stellte sich heraus, dass kein String die volle Spannung brachte. Offensichtlich waren auch die Bypassdioden in den Anschlussboxen beschädigt und sperrten einzelne Module.“
Envaris entschied sich – mit dem Segen der Versicherung –, alle Bypassdioden in Radeburg auszutauschen, von der kompletten Anlage. „Auf diese Weise werden auch eventuell gesperrte Dioden getauscht.“ Die Module stammen von Sunowe, ihre Dosen sind sehr einfach aufgebaut und gut zugänglich. Die Deckel lassen sich öffnen, die Dioden sind in die Anschlüsse gesteckt und verlötet, diese Dosen sind nicht ausgegossen. Das machte die Sache relativ einfach. „Oft sind nach Blitzeinschlägen nur die Dioden defekt und können ausgetauscht werden“, meint Stefan Wippich, Vertriebsleiter der Envaris GmbH. „Manchmal sind aber die Dioden oder Schneidklemmen beziehungsweise die Lötaufnahmen in den Anschlussdosen verschmort. Dann wird es aufwendiger, die Module zu reparieren.“
Rückrufaktionen der Industrie
Vor allem bei alten und nicht mehr verfügbaren Modulen prüft Envaris genau, ob man sie noch reparieren kann. „Oft lassen sich solche Module meist nur mit vergleichsweise hohem Aufwand instand setzen“, urteilt Wippich. „Die Handarbeit kann sich aber in Hinblick auf die Gesamtreparaturkosten lohnen, da sonst möglicherweise ganze Modulstrings oder Anlagen getauscht werden müssen.“
Wippich hat schon mehrere Rückrufaktionen von Anschlussdosen erlebt, ausgelöst durch die Modulhersteller. „In diesen Fällen wurde meist das ganze Gehäuse und nicht nur die einzelne Diode ausgewechselt. Die alten Dosen wurden fachmännisch vom Laminat entfernt und neue aufgeklebt und eingelötet“, erzählt er. „Einen solchen Umbau der Module nimmt man jedoch besser in einer Werkstatt vor.“
Wie reparabel ist das Modul?
Envaris bekommt seine Aufträge vor allem von den Versicherern. Sie haften für Schäden durch Überspannung und müssen abwägen, ob die Reparatur besser kommt als ein neuer String. „Intern überprüfen unsere Techniker die Reparaturfähigkeit der Module“, sagt Stefan Wippich. „Die Reparaturen vor Ort führen dann unsere Servicepartner aus.“ So geschehen in Radeburg, wo ein erfahrener Installateur aus der Region die Dioden tauschte. Entscheidend für die Reparaturfähigkeit ist, ob die Dioden gut zugänglich sind. Und ob die Hitze so stark war, dass Teile der Dose oder ihrer Verkabelung verschmorten. „Kommt man an die Dioden gut ran und ist nichts im Inneren der Dose verschmort, beträgt die Reparaturzeit ohne Montagearbeiten zwischen fünf und zehn Minuten pro Modul“, schätzt Stefan Wippich den Aufwand. „Länger dauert es bei Modulen, die mit Vergussmasse ausgefüllt sind. Fast unmöglich ist es, vor Ort Arbeiten an Dosen auszuführen, die sich nicht öffnen lassen.“
Aber auch in einer Werkstatt ist es nicht leicht mit Dosen, die sich nicht öffnen lassen. Dazu gehören die Dosen von Solarworld oder Suntech. „Oftmals kann man sie nicht wieder verschließen. Das ist ein Problem. Sind Dosen mit normaler Vergussmasse ausgegossen, kann man die Füllmasse auskratzen und neue Dioden einstecken oder einlöten. „Nach der Reparatur verfüllt man die Dosen einfach wieder“, gibt Wippich einen Tipp. „Das ist zwar aufwendig, technisch aber machbar. Unternehmen wie Dow Corning bieten dafür Ersatzfüllmasse an.“
Tausende Dosen getauscht
Eine weitere Herausforderung sind Anschlussdosen, in denen eine elektronische Schaltung die Bypassdioden ersetzt, wie zum Beispiel die Junction Box von Scheuten Solar. „Dort sind Platinen statt Dioden eingebaut“, berichtet der Fachmann. „Ersatzplatinen sind viel schwerer zu bekommen als Bypassdioden. Dioden kann man im Elektrohandel für wenige Cent kaufen.“
Stefan Wippich hat schon den Austausch von Anschlussdosen in großen Solarparks organisiert, wo die Zahl der Dosen leicht in die Tausende geht. „Die Reparaturfähigkeit von Solarmodule wird zunehmend eine wichtige Rolle spielen“, ist er sich sicher. „Denn auch wenn die Module immer günstiger werden, wird der Technologieunterschied zwischen den Generationen immer größer und führt zu Ersatzteilproblemen.“
Fakt ist: Das Problem der Anschlussdosen ist keine Randerscheinung und keine Ausnahme. Die Zahl der Schadensfälle durch Blitze und Überspannungen nimmt mit dem Zubau an Photovoltaikanlagen logischerweise zu. Schadhafte Module schnell und mit möglichst geringem Aufwand zu reparieren wird immer wichtiger. Auch wenn eine Reparatur von Modulen vor Ort nicht sinnvoll ist, kann es lukrativ sein, reparaturfähige Module über Zweitmärkte wie den Onlinemarktplatz Secondsol zu verkaufen. Zukünftig wird es neben Envaris sicher andere Unternehmen geben, die Module reparieren, um sie anschließend als gebrauchte Ersatzteile anzubieten.
Sun2World
Modulverkabelung ohne Anschlussdose
Die Firma Sun2World aus Prien am Chiemsee hat ein System entwickelt, das die Junction Box durch einfache Stiftkontakte an der Modulrückseite ersetzt. Auf diese Weise werden die Module schneller und ohne Werkzeug installiert. Auf der Plusseite werden die Module über die Diode kontaktiert, auf der Minusseite erfolgt die Kontaktierung über einen blanken Stiftkontakt. Alle Module in einer Reihe lassen sich über die Vater-Mutter-Seite kontaktieren. Der Übergang zur nächsten Reihe innerhalb eines Strings erfolgt über spezielle U-Profile. Auch herkömmliche Kabel, beispielsweise von Tyco, oder MC-4-Stecker lassen sich verwenden. Damit wird die DC-Spannung auch zum Wechselrichter geführt. Das Prinzip der Verkabelung lässt sich bei kristallinen oder Dünnschichtmodulen gleichermaßen einsetzen. Das neue System wurde gemeinsam mit Sputnik Engineering und TE entwickelt, einem österreichischen Anbieter von Modulanschlussdosen (Marke: Solarlok). Mittlerweile bietet Sun2World das steckfertige Komplettpaket Sun Box mit fünf Kilowatt Solarleistung an, in dem Module von Kioto Solar und die Wechselrichter Solarmax von Sputnik Engineering mitgeliefert werden.
Secondsol
Module aus zweiter Hand
Der Photovoltaikmarkt Secondsol bietet unter anderem eine Plattform für den Handel mit gebrauchten Solarmodulen. Auch ältere Modelle, die im Neumarkt nicht mehr zu bekommen sind, werden dort noch verkauft. Auch defekte Module, die repariert werden können, werden über die Internetplattform gehandelt.