Die Schweizer Bahn läuft fast wie ein eidgenössisches Uhrwerk. Die Pünktlichkeit der Züge lag im Jahr 2022 bei 92,5 Prozent. Das bedeutet, sie hatten eine Verspätung von weniger als drei Minuten. Die Schweizer Bahn investiert dafür auch jedes Jahr etwa doppelt so viel in Betrieb und Wartung wie die Deutsche Bahn. Im Jahr 2020 investierten die Eidgenossen beispielsweise pro Kopf 440 Euro in den Schienenverkehr.
Pilotprojekt startet im Frühjahr
Auch für Innovationen scheinen die Schweizer aufgeschlossener: Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat nun die Installation des ersten Solarkraftwerks bewilligt, das zwischen den Schienen einer Bahnlinie installiert wird. Das Pilotprojekt wird in der Nähe des Bahnhofs in Buttes im Kanton Neuenburg realisiert. Das ist ein Happy End. Denn die Experten des Ministeriums brauchten zehn Monate, um den Antrag der Gesellschaft Trans zu prüfen. Im Sommer 2023 hatte das BAV zunächst aus Gründen der Vorsicht abgelehnt, da es keine technischen Referenzen gab.
Das Start-up beauftragte zwei Professoren für Maschinenbau der Hochschule HEIG-VD, um ein unabhängiges Gutachten über einen anderen Prototyp zu erstellen. So konnten die technischen und sicherheitsrelevanten Unterlagen der Firma Geste Engineering ergänzt werden. Die Installation des Solarkraftwerks und der Netzanschluss sollen im Frühjahr 2025 erfolgen.
Hohe Sicherheitskriterien erfüllen
Die Technik wurde von der Firma Sun-Ways aus Ecublens (Kanton Waadt) entwickelt. Wesentlich bei der Entwicklung waren die hohen Sicherheitsstandards, die das BAV für Verkehrswege in der Schweiz vorgibt. Denn die Testanlage wird auf einer Strecke gebaut, die für den Schienenverkehr freigegeben ist. Das Pilotprojekt muss nun beweisen, dass es mit den Sicherheitskriterien des BAV kompatibel ist.
Sun-Ways plant zudem eine weitere Anlage in der Gemeinde Aigle. Sie soll rund 288 Kilowatt auf 1.500 Metern Gleislänge liefern. Die Strecke gehört einer privaten Bahn, die ein Industriegebiet erschließt, also nicht der Schweizer Bahn. Besonders smart: Die Innovation nutzt den Raum zwischen den beiden Schienen eines Bahngleises, ganz ohne den Zugverkehr oder Wartungs- und Inspektionsarbeiten zu stören.
Großes Potenzial weltweit
Die Installation erfolgt manuell oder maschinell mit einer eigens entwickelten Bahnmaschine der Firma Scheuchzer. Die Maschine verlegt immerhin bis zu 1.000 Quadratmeter Solarmodule pro Tag. Die Solarplatten können trotzdem weiter schnell ganz oder teilweise abgebaut werden, um beispielsweise Wartungsarbeiten durchzuführen.
Das Potenzial ist riesig: Allein in der Schweiz gibt es mehr als 5.000 Kilometer Eisenbahnschienen, in ganz Europa 260.000 Kilometer. Konkret verhandelt das Start-up bereits weitere Pilotprojekte mit der SNCF in Frankreich, aber auch in den Ländern Spanien, Rumänien oder Südkorea. Private Bahnschienenbetreiber reagieren ebenso positiv auf das neue Angebot. Laut Sun-Ways laufen Gespräche mit mehreren Unternehmen, die so ungenutztes Land verwerten und mindestens die Hälfte des Strompreises sparen wollen.