Schwarzburger: Die E-Mobilität gerät ins Stocken. Denn die hohen Preise für Ladestrom wirken sich wie hohe Spritpreise aus: Die Leute warten mit der Anschaffung neuer Fahrzeuge.
Ullrich: Das ist eine Folge des mangelnden Wettbewerbs und der mangelnden Transparenz bei den Betreibern der Ladesäulen. Preise bis über einen Euro je Kilowattstunde – kein Wunder, dass die Leute keine E-Autos fahren wollen.
Schwarzburger: Nicht nur das. Die E-Autos spielen ihre Vorteile gegenüber Verbrennern nicht wirklich aus, solange die Rückspeisung aus der Traktionsbatterie ins Eigenheim oder ins Firmennetz behindert wird.
Ullrich: Für die Energiewende ist das Thema Unabhängigkeit eine ganz wesentliche Motivation, nicht nur die Senkung der Emissionen. Bidirektionales Laden zu erlauben würde den E-Autos einen wesentlichen Vorteil verschaffen.
Schwarzburger: Bisher blockieren die Anbieter der Autos die Rückspeisung. Das werden sie aber nicht mehr lange durchhalten, weil bidirektionales Laden zu einem entscheidenden Verkaufsargument für bestimmte E-Fahrzeuge wird, die diese Funktion anbieten.
Ullrich: Einige Autohersteller haben das erkannt und werden offener. Denn der Kunde erwartet, dass er die volle Leistung und alle möglichen Funktionen bekommt. Auch die Netzbetreiber mauern. Sie hoffen, mit der Rückspeisung ins Stromnetz ein Geschäft machen zu können.
Schwarzburger: Ehrlich gesagt, bin ich bei Vehicle-to-Grid skeptisch. Die Netzbetreiber müssten höhere Einspeiseprämien ausreichen, als die Kilowattstunde an der Ladesäule kostet. Halte ich für schlichtweg unrealistisch.
Ullrich: Da müssen erst neue Modelle und Standards her. Irgendwann wird das aber kommen. Die Leute wollen zunächst bidirektionale E-Autos, um sich endgültig vom Stromnetz abzunabeln. Das E-Auto wird zum Notstromaggregat, falls die solare Eigenversorgung schwächelt.
Schwarzburger: Freilich erfordert die Rückspeisung von Strom aus dem E-Auto einige technische Sicherungen. Dazu braucht das Gebäude einen stationären Stromspeicher, um Einspeisung ins Netz zu verhindern.
Ullrich: Es braucht einen Hausspeicher, der Nulleinspeisung garantiert. Das ist klar. Aber mit dem E-Auto als mobilem Hausspeicher kann das stationäre Speichersystem im Gebäude optimiert werden.
Schwarzburger: Das wird sehr spannend. Denn theoretisch ist die bidirektionale Nutzung von E-Autos nicht verboten. Also erlaubt – im Eigenheim oder im Firmennetz, wenn kein Strom aus dem Auto ins Stromnetz gelangt.
Ullrich: Der Druck im Markt steigt: auf die Autohersteller, auf die Anbieter von Ladetechnik, auf die Netzbetreiber und die Behörden. Bidirektionales Laden wird kommen, muss kommen, sowohl am Haus, am Unternehmen als auch am Netz.
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