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Auf dem Flug um die Welt

Die Technik funktioniert. Bisher gab es keine nennenswerten Probleme aus dieser Richtung. Anfang März ist die Solar Impulse 2 (SI 2) zu ihrer Weltumrundung abgehoben. Verzögerungen gab es seither, aber die hatten mitunter ganz triviale Ursachen. So konnte der Solarflieger im indischen Ahmedabad zwei Stunden lang nicht starten, weil es Zollprobleme gab, die den Piloten André Borschberg sichtlich nervten. „Es gibt auf der Welt keine Abenteuer mehr“, hat er geklagt.

Dann konnte Borschberg doch endlich starten und Kurs auf das nächste Ziel nehmen, die indische Stadt Varanasi am Ganges. Das sind 1.500 Kilometer Luftliniie. Der Flug dauert 15 Stunden und ist die dritte Etappe auf der Weltumrundung.

Start mehrmals verschoben

Los ging es in Abu Dhabi. Um mit Solar Impulse 2 in den Vereinigten Arabischen Emiraten starten zu können, musste der Sonnenflieger erst einmal zerlegt werden. Bald schon war der Hangarboden im schweizerischen Payerne mit beschrifteten Teilen übersät, wie bei einem Riesenpuzzle. Der Druck auf das Team war groß, denn ein einzelnes fehlendes Teil hätte die gesamte Weltumrundung verzögert. Einer der letzten Schritte war die dreiwöchige Demontage des 72 Meter langen Flügels in drei Teile: zwei 23,5 Meter lange Flügelspitzen und einen 25 Meter langen Holm. Nach der Auftrennung musste das Team die Flügel schützend verpacken, um die empfindlichen Teile im Frachtflugzeug nicht zu beschädigen. Zusammen mit dem Flügel sind ebenfalls das Heck, der Rumpf und das leere Cockpit gereist, alle ebenso sorgfältig verpackt, um die Solarzellen und die Struktur nicht zu beschädigen.

Dann musste schon der erste Start mehrmals verschoben werden, wegen ungünstigen Wetters. Solche Verzögerungen kommen nicht überraschend. Eine Crew von 60 Leuten steuert den Flug am Boden im Mission Control Center in Monaco. Monate vorher hatte die Mannschaft angefangen, den genauen Kurs zu berechnen, immer wieder gab es Änderungen.

Anfällig für Turbulenzen

Die Solar Impulse 2 hat zwar eine ähnliche Spannweite wie ein Jumbojet. Dabei wiegt sie jedoch lediglich etwa so viel wie ein Kleinwagen und hat mit 103 Kilometern pro Stunde lediglich die Geschwindigkeit eines Autos auf der Landstraße. Das macht sie anfällig für Turbulenzen in der Luft. Passende Wetterverhältnisse sind eine Voraussetzung für das Gelingen der Mission. Ein unvorhergesehenes Gewitter oder gar ein Sturm könnten das Ende der Weltumrundung bedeuten und die Piloten dazu zwingen, sich mit dem Fallschirm auf dem Rücken aus dem trudelnden Flugzeug abzusetzen.

Von Varanasi fliegt Pilot Bertrand Piccard dann die Strecke nach Mandalay in Myanmar. Es ist für ihn ein ganz besonderer Flug. Piccard ist schon einmal für einen Weltrekord über das Land geflogen. Das war im März 1999, damals noch im Heißluftballon, mit dem er zusammen mit dem Briten Brian Jones erstmals im Ballon die Welt umrundete. „Es war wunderschön still, über so viele Tempel der inneren Ruhe und Weisheit zu fliegen“, erinnert er sich.

Er hat dazu einen ganz besonderen Bezug. Antworten auf existenzielle Fragen sucht der promovierte Psychiater und Psychotherapeut immer wieder auch in verschiedenen asiatischen Ländern und deren spirituellen Wurzeln. Früher hat er seinen Patienten Hypnose empfohlen. Es reiche, sich Dinge vorzustellen.

Während seiner Ballonfahrt hat ihm das immer wieder gegen seine Ängste geholfen. In den Sonnenflugzeugen Solar Impulse 1 und Solar Impulse 2 ebenfalls. Schließlich musste er hier allein im Cockpit während der langen Flüge durchhalten und reaktionsfähig bleiben.

Der Ballonflug dauerte damals knapp 20 Tage, ohne Zwischenlandung. Am Ende war es eine Zitterpartie. Der Treibstoff drohte auszugehen. Aber die Angst war nicht das einzige negative Gefühl. „Ich war erschrocken, wie viel Gas wir verbraucht hatten“, erinnert sich Piccard. Das erkannte er nicht nur als Problem für die Sicherheit, sondern auch als großes Umweltproblem. Und es gab den Anstoß für die Idee, die Welt ganz ohne fossilen Energieverbrauch zu umrunden. Daraus wurde bald der Plan geboren, ein Solarflugzeug zu entwickeln, das ganz ohne Treibstoff auskommt. Aus der einstmals vagen Idee ist schließlich ein konkretes Flugzeug geworden, die Solar Impulse 1.

Ganz allein im Cockpit

„Solar Impulse ist ein Beispiel dafür, was wir erreichen können, wenn wir an das Unmögliche glauben“, erklärt Piccard. Mit Borschberg fand er den geeigneten Partner. Schon die Solar Impulse in ihrer ersten Version war ein voller Erfolg. Der Solarflieger konnte so viel Energie speichern, dass er auch nachts in der Luft blieb. Die ganze Welt verfolgte, wie die beiden Piloten mit dem ausgeklügelten Hightech-Flugzeug die USA überquerten, von San Francisco bis nach New York City. Der längste Flug dauerte 26 Stunden. Aber das ist fast nichts gegenüber den Herausforderungen, die bei der Weltumrundung zu bewältigen sind. Denn da muss der Nachfolger, die SI 2, die Weltmeere überqueren.

Allein für den Überflug von Pazifik oder Atlantik sind die beiden Piloten bis zu sechs Tage und Nächte am Stück unterwegs. Wohlgemerkt: jeweils allein. Denn für zwei Piloten ist auch im Nachfolger kein Platz. „Wenn wir die US-Küste oder die chinesische Küste verlassen, wissen wir nicht, wie das Wetter fünf Tage später sein wird, wenn wir auf der anderen Seite des Ozeans ankommen“, erklärt Borschberg.

Das war die große Aufgabe für die Konstruktion der SI 2. Sie musste absolut wetterfest gemacht werden und auch bei Temperaturen von minus 40 bis plus 40 Grad noch sicher fliegen und dem Piloten dabei erträgliche Bedingungen bieten. Ein Projektteam von 80 Experten, 90 Partnern und 100 Beratern unterstützte sie bei der Entwicklung. Wo bei der Solar Impulse 1 meist noch konventionelle Bauteile reichten, musste für SI 2 alles neu entwickelt werden. Die 17.248 monokristallinen Zellen sind nur 135 Mikrometer stark, so dünn wie ein menschliches Haar. Ein fluorhaltiger Film schützt sie und macht sie flexibel. Das Harz ist UV-resistent, wasserdicht und nur 17 Mikrometer dick. Die Verspannung auf dem Rumpfskelett wiegt weniger als Druckerpapier, auf die gleiche Fläche hochgerechnet. Karbonfasern mit wabenartiger Sandwichstruktur geben die nötige Stabilität.

Schimmernd wie Seide

Wenn die Sonne von der Seite scheint, durchdringt sie den dünnen Rumpf. Der schimmert dann wie Seide gegen die Sonne, das filigrane Skelett zeichnet sich ab. Dort ist kein Platz für die Energiespeicher, die größte Masse an Bord. Sie machen ein Drittel des Gesamtgewichts aus.

Die Lithium-Polymer-Batterien mit einer Energiedichte von 260 Wattstunden pro Kilogramm sitzen in den Gondeln, an denen die vier Propeller sitzen. Sie werden von hochdichtem Isolierschaum geschützt. „Eine große Herausforderung war es auch, das Cockpit so zu dämmen, dass der Pilot die extremen Temperaturen aushält“, sagt Bernd Rothe, Projektleiter für Solar Impulse bei Bayer Material Science. Der Pilot steuert schließlich im Cockpit, und er schläft dort auch.

Vorbild für Schwellenländer

Den März als Starttermin hat das Team bewusst gewählt. Dann sind die Wetterbedingungen optimal. Die Sonne auf der Route ist intensiv genug, und es drohen kaum Stürme.

So weit die Theorie. In der Praxis sind die Erfahrungen bisher anders. Ob in Abu Dhabi oder bei den folgenden Flugetappen: Immer wieder mussten Starts verschoben werden, weil die Wetterbedingungen nicht optimal waren. Mal regnete es, dann war es wieder zu windig. Der Popularität des Vorhabens tut das aber keinen Abbruch. Nicht nur die Medien in aller Welt berichten immer wieder über die Weltumrundung. Thein Sein, der Präsident von Myanmar, hat es sich nicht nehmen lassen, die beiden Piloten persönlich zu empfangen.

Gerade Schwellenländer beobachten das Experiment besonders interessiert. Für sie ist die Photovoltaik eine Schlüsseltechnologie, um ihre Energieversorgung unabhängiger von fossilen Energieträgern aufzubauen und auch abgelegene kleine Ortschaften ohne den Aufbau einer teuren Infrastruktur mit Strom zu versorgen. Von Schwellenländern bis zu den Hightechstaaten –Solar Impulse ist schon längst mehr als nur eine Zukunftsvision.

Unter www.photovoltaik.eu halten wir Sie auf dem Laufenden und berichten in den nächsten Monaten regelmäßig über die einzelnen Etappen der Weltumrundung durch die SI 2.

www.solarimpulse.com

Kommerzielle Luftfahrt

Solar kann Treibstoff sparen

Um ein herkömmliches Flugzeug anzutreiben, reichen die Energie der Sonne und die Kapazität von Speichern nicht aus. Die Energiedichte von Kerosin gegenüber Batterien beträgt das 50-Fache. Was bei Elektroautos schon eine Einschränkung ist, wird bei einem Flieger zu einem echten Problem. Auch Fortschritte bei den bisherigen Batteriekonzepten werden diesen Unterschied nicht aufheben können. Dass mit Photovoltaik angetriebene Flugzeuge funktionieren, ist schon länger bewiesen. Den ersten Langstreckenflug absolvierte ein Solarflieger bereits 1980. Damals ging es in fünfeinhalb Stunden von Frankreich über den Ärmelkanal nach Großbritannien. Das ist immerhin 35 Jahre her. Neu war beim ersten Solarflieger von Piccard und Borschberg, der Solar Impulse 1, der Nachtflug ohne zusätzliche Energie, allein durch Sonnenkraft. Um mit der Energie des Tages durch ganze Nacht zu kommen, behelfen sich die Piloten eines kleinen Tricks. Sie gehen in einen sanften Sinkflug. Haben sie am Anfang noch eine Höhe von 8.500 Kilometern, sind es am Ende der Nacht nur noch 1.500 Kilometer.

Das sind aber alles keine Lösungen für die kommerzielle Luftfahrt. Ein Linienflieger kann nicht auf ideales Wetter warten und hat eine vorgeschriebene Flughöhe. An Bord erwarten die Fluggäste Komfort, und die Reisegeschwindigkeit ist mehr als zehn Mal so hoch. Während Sonnenstrom als ausschließlicher Antrieb also auf absehbare Zeit für Massentransporte in der Luft nicht infrage kommt, kann der Einsatz von Solarstrom dennoch nützlich sein. Solarzellen auf den Tragflächen können zur Stromversorgung an Bord beitragen. Schließlich ist es über den Wolken tagsüber immer sonnig. Diese Energie kann man schon heute nutzen, um Treibstoff einzusparen.

Technische Daten

Solar Impulse 2

  • Energiedichte der Batterien: 260 Wh/kg
  • Gewicht des Flugzeugs: 2,3 Tonnen
  • Spannweite der Flügel: 72 Meter
  • Stärke der Solarzellen: 135 Mikrometer
  • Anzahl der Solarzellen: 17.248 Stück
  • Größe des Cockpits: 3,8 Kubikmeter

Einmal um die Welt

Die Route führt gen Osten

SI 2 ist am 9. März in Abu Dhabi gestartet, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Ende Juli oder Anfang August soll der Solarflieger dann nach der Weltumrundung wieder in Abu Dhabi sein. Die Route sieht Zwischenstopps in Oman, Indien, Myanmar und China vor. Dann geht es über den Pazifik. Nach Hawaii sind weitere Stopps in den USA vorgesehen, darunter auch in New York City. Schließlich kommmt mit dem Atlanik das nächste Weltmeer unter die Solarflügel. Ein Stopp ist entweder in Südeuropa oder in Nordafrika geplant. Das Wetter entscheidet. Dann geht es schließlich auf den Ausgangs- und Zielort Abu Dhabi zu.

Hybridflieger

Leichter Motor, mehr Leistung

Forscher von Siemens haben einen neuartigen Elektromotor entwickelt. Bei einem Gewicht von nur 50 Kilogramm liefert er rund 260 Kilowatt elektrische Dauerleistung. Das sei das Fünffache vergleichbarer Antriebe. Der Motor ist speziell für den Einsatz in Luftfahrzeugen konzipiert. Damit können nun erstmals größere Flugzeuge mit Startgewichten von bis zu zwei Tonnen elektrisch angetrieben werden.

Der Antrieb erreicht eine Leistungsdichte von fünf Kilowatt pro Kilogramm. Vergleichbar starke Elektromotoren in der Industrie liegen unter einem Kilowatt pro Kilogramm. Antriebe für Elektroautos liefern rund zwei Kilowatt pro Kilogramm. Die Rekordleistung gibt der neue Motor bereits bei einer Drehzahl von 2.500 Umdrehungen pro Minute ab. Er kann so einen Propeller ohne Getriebe direkt antreiben. „Damit werden seriell-hybride Elektroflugzeuge mit vier oder mehr Sitzen möglich“, sagt Frank Anton, Leiter E-Aircraft bei der zentralen Forschungsabteilung Corporate Technology von Siemens.

Noch im Jahr 2015 soll der Motor in die Flugerprobung gehen. Im nächsten Schritt wollen die Forscher die Leistung weitersteigern. „Mittelfristig halten wir hybrid-elektrisch angetriebene Regionalflugzeuge mit 50 bis 100 Passagieren für realistisch“, erklärt Anton. Bereits 2013 hatten Siemens, Airbus und Diamond Aircraft gemeinsam den Motorsegler DA36 E-Star 2mit seriell-hybridem Elektroantrieb zum Erstflug gebracht. Damals hatte das Flugzeug eine Motorleistung von 60 Kilowatt.

www.siemens.com

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