Eine Binsenweisheit: Solarzellen sind blau, schwarz oder schimmern ocker. Möglichst ohne Verunreinigung auf der Oberseite, das bringt Unglück, soll heißen: weniger Sonnenstrom. Aber schon bald kommen die Module in rosa daher: „Wir versiegeln die Zellen mit lackierten Scheiben aus Plexiglas oder gießen sie in farbiges Polyurethanharz ein“, erläutert Michael Chambers. Die Zelle in seiner Hand hat die Größe einer Visitenkarte. „Mit den Zellen laden wir die Akkus von Handys auf. Und in dieser Branche haben die Designer mehr zu sagen als die Ingenieure.“
Chambers ist Produktionschef bei Q-mo Solar in Teltow, einem kleinen Ort südlich von Berlin. Seit August des vergangenen Jahres entwickelt das Unternehmen spezielle Solarzellen für mobile Anwendungen – wie eben Handys. „Man kann die Zellen rot, grün, rosa, pink oder blau einpacken“, meint Chambers. „Natürlich treten dadurch Energie verluste auf, aber die kann man berechnen. Man kann sogar weiße Solarzellen herstellen, oder in einem bestimmten Braunton wie das Lederetui eines Handys. Dann wird die Zelle unsichtbar.“ Bereitwillig nehmen Handyhersteller in Kauf, dass die Solarzelle etwas schwächelt, nur um sie an den Mann zu bringen. Oder besser gesagt an die Frau, denn Frauen sind die wichtigste Zielgruppe in diesem Markt, und sie stehen nun einmal auf rosa, sorry: pink. „Otto und Klara Normalverbraucher wissen nix über Solartechnik“, kommentiert Stephan Freese, Chef von Q-mo Solar. „Das müssen wir beachten.“
Schick und unabhängig
Immerhin: Die farbige Solarzelle sieht sehr gut aus und bietet dem Nutzer mehr Unabhängigkeit. Bei praller Sonne leistet die rosa Zelle etwa 14 Prozent weniger als das dunkle Original. Bei Schwachlicht fällt der Ladestrom sehr schnell ab. Ein Kleinmodul aus zwei Zellen erzeugt rund 1,15 Volt, die Ladeströme erreichen höchstens 300 Milliampere. Anschließend wird der Strom mit speziellen DC-DC-Wandlern für die Lithium-Ionen-Akkus der Handys optimiert.
Sieben Leute beschäftigt Q-mo Solar mittlerweile, fertigt in drei Schichten. Die farbigen Handyzellen entstehen im Auftrag von asiatischen Handyproduzenten, die Systemintegration erfolgt in China. Q-mo stellt nur die Zellen her, kontaktiert sie, laminiert daraus Kleinmodule und liefert die Ladeelektronik für die Lithium-Ionen-Akkus. Wer die rosa Zellen als Spielzeug abtun will, sollte sich das Ausgangsmaterial ansehen: Die Fabrik in Teltow verwendet Sechs-Zoll-Siliziumzellen aus den USA mit spezieller Rückseitenkontaktierung. Sie sind 170 Mikrometer dick und haben einen Wirkungsgrad von 22,3 Prozent, das sind Werte, die nur Hocheffizienzzellen erreichen.
„Die Wafer werden bei uns zu Minizellen vereinzelt“, erläutert Freese. „Dazu nutzen wir Lasertechnik. Die kleinen Zellen schalten wir in Serie auf flexiblen Leiterbahnen, auf einem Substrat aus Kunststoff. Zwei Zellen ergeben ein Handymodul. Es leistet rund 300 Milliwatt. Verwendet man aufklappbare Handys von Samsung mit zwei geteilten Solarmodulen, sind bis zu 450 Milliwatt möglich.“ Damit bietet Q-mo rund 50 Prozent mehr Solarleistung an als andere derzeit verfügbare Handyzellen. Und dann noch in rosa! „Wir fertigen auch Zellen mit 2,4 Millimetern mal neun Millimetern Kantenmaß, sie sind für Sportuhren geeignet“, sagt Michael Chambers. „Unsere größten Zellen haben DIN A4, etwa für Zelte, Rucksäcke, LED-Leuchten oder Parkautomaten.“
Die Kleinmodule in Handys dürfen nicht dicker als 1,8 Millimeter sein, sonst kann man sie nicht integrieren. Peanuts, möchte man denken, aber technisch durchaus anspruchsvoll. „Wenn das Handy runterfällt, muss die Zelle trotzdem funktionieren. Die Oberfläche muss kratzfest sein“, berichtet Stephan Freese. „Dafür eignen sich Plexiglas oder Polyurethanguss, sie haben sehr gute optische Eigenschaften.“ Ein weiterer Vorteil: Harze aus Polyurethan sind sehr stabil gegen UV-Licht. Die Zellen degradieren daher kaum, nur zwei bis drei Prozent in 20 Jahren. Die Lebensdauer eines Handys wird hingegen mit fünf Jahren kalkuliert.