Die Bär, Dorothee von der CSU hat im März, kurz nach ihrem Aufstieg zur Staatsministerin für Digitales, in einem Fernsehinterview über Flugtaxis schwadroniert. Wahrscheinlich hat es ihr Einflüsterer gut gemeint, als er sie über die innovativen Projekte und Kooperationen des Verkehrsministeriums briefte. Es wirkte nur nicht authentisch. Die Bambergerin, die sich gern in einem traditionellen Dirndl ablichten lässt, wirkte, als wollte sie uns einen Bären aufbinden, und wurde bekanntlich zur Lachnummer in Comedyshows auf allen TV-Kanälen.
Uber plant ab 2023 regulären Betrieb
Dabei ist die Idee der Flugtaxis längst keine Utopie mehr. Von Zuständen wie in „Das fünfte Element“ von Luc Besson sind wir vielleicht noch ein Stück weit entfernt. Bruce Willis schwirrt in dem Science-Fiction-Film als Korben Dallas in einem gelben Flugtaxi durch die Nacht, wobei die Luftstraßen wie Stockwerke mehrere Ebenen haben. Sicher ist aber, dass Google, Uber und Co schon seit Jahren an genau solchen Konzepten arbeiten.
Der Fahrdienst Uber hat kürzlich auf einer Konferenz in Los Angeles ein Referenzkonzept vorgestellt. Ab 2023 will die Firma Lufttaxis im regulären Betrieb einsetzen, die bis zu 320 Kilometer pro Stunde erreichen können. Dabei handelt es sich um einen Hybrid aus Flugzeug und Helikopter. Er verfügt über vier Rotoren für den Auftrieb, ein fünfter Rotor am Heck beschleunigt den Vortrieb. Sie sollen in luftiger Höhe zwischen 300 und 600 Metern pendeln und zunächst sogar noch von einem Piloten gesteuert werden. Langfristig soll die Flotte autonom fliegen.
Es gibt Dutzende Unternehmen, die an Flugtaxikonzepten arbeiten. Ein Start-up aus Bruchsal bei Karlsruhe will ebenfalls mitmischen. Volocopter entwickelt Lufttaxis und hat bereits eine Vision für die passende Infrastruktur vorgestellt. Das Konzept integriert Lufttaxis in die Strukturen des Nahverkehrs.
Back-ups garantieren sicheren Flug
Erste sogenannte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gebe es schon. Mitgründer Alex Zosel erwartet, dass die ersten ausgebauten Lufttaxisysteme bereits in zehn Jahren Realität sein werden. Die Vision: Mit Dutzenden Volo-Hubs und Volo-Ports kommen bis zu 100.000 Passagiere pro Stunde an ihr Ziel. Das Unternehmen spezialisiert seine Fluggeräte auf Innenstädte. Volocopter fliegen stabil, manövrieren sicher durch Mikroturbulenzen um Hochhäuser und bieten den Passagieren einen guten Flug. Der Geräuschpegel der Rotorenbewegung ist so niedrig, dass der Volocopter in 100 Metern Höhe beim üblichen Stadtgeräuschpegel nicht wahrgenommen wird. Und dank seines elektrischen Antriebs fliegt er emissionsfrei, wenn Ökostrom geladen wird.
Infrastruktur mit Hubs und Ports
Die Volocopter starten und landen senkrecht. Laut dem Hersteller sind sie besonders sicher, da alle kritischen Flug- und Steuerelemente redundant verbaut sind. Es gibt also immer ein Back-up, falls eine Komponente ausfällt. Es könnten problemlos eine der Batterien oder zwei bis vier Rotoren und die Flugsteuerung ausfallen – die Riesendrohne könnte immer noch sicher landen.
Das Flugtaxi transportiert zwei Menschen und fliegt eine bis zu 27 Kilometer lange Strecke. Das Unternehmen will auch das dazugehörige Ökosystem erschaffen, um urbane Lufttaxidienste zu etablieren, verspricht Florian Reuter, Geschäftsführer bei Volocopter. Das beinhalte die physische sowie die digitale Infrastruktur, um das gesamte System zu verwalten.
Das Konzept zeigt die nötige Infrastruktur, um ein flächendeckendes Netzwerk in Megacitys zu betreiben. Es besteht aus sogenannten Volo-Hubs und Volo-Ports. Die Hubs ähneln Gondelstationen, an denen alle 30 Sekunden Volocopter landen und starten können. Nach der Landung wird der Volocopter ins Innere des Volo-Hubs befördert. Passagiere steigen geschützt von Wind und Wetter aus. In einem abgegrenzten Bereich wechseln Roboter die Akkus automatisch, bevor die Riesendrohne zur Einstiegszone weiterfährt.
Kundenstrecke in drei Jahren geplant
Die Hubs bieten einen geschützten Ein- und Ausstiegsbereich sowie ausreichend Platz, um die betriebenen Volocopter einzuparken und ihre Akkus zu laden. Sie erweitern das System, indem sie direkten Zugang zu beispielsweise einem Unternehmen, einem Einkaufszentrum, Hotel oder Bahnhof bieten. „Wir gehen davon aus, dass jedes Lufttaxisystem mit einer einzelnen Punkt-zu-Punkt-Verbindung beginnt und Schritt für Schritt zu einem System mit zig Volo-Hubs und Volo-Ports in der Stadt anwächst”, prophezeit Zosel. „Wenn das System voll in Betrieb ist, wird ein Flug zum Treffen nicht viel teurer sein als eine Taxifahrt – sehr wohl aber schneller.“ In den nächsten zwei bis drei Jahren sollen erste kommerzielle Strecken eröffnen. Auch Dorothee Bär könnte so schneller fliegen.