Als Geordi La Forge im Jahr 2365 zum Chefingenieur der Enterprise befördert wird, ist er auf ein technisches Hilfsmittel angewiesen. Um sehen zu können, muss der von Geburt an blinde Sternenflottenoffizier einen Visor tragen: Das Gerät erinnert an eine Brille und überträgt Lichtsignale der Umgebung über Kontakte in der Schläfenregion direkt an das Gehirn. Auch Forscher der Universität Stanford wollen Blinde mit Hilfe einer speziellen Brille wieder sehen lassen – dank Photovoltaik allerdings ohne aufwendige Eingriffe in Schädelknochen und Gehirn.
Ausgangspunkt der Forscher ist die Erkenntnis, dass die elektrische Stimulierung von Nervenzellen in der Netzhaut Lichtempfindungen hervorruft. Für Menschen, die zum Beispiel an Makuladegeneration leiden, also an einem Schwund von Fotorezeptoren in der Netzhaut, sind seit einigen Jahren erste sogenannte Retina-Implantate auf dem Markt. Diese können die Fotorezeptoren teilweise ersetzen und das Sehvermögen zumindest eingeschränkt erhalten oder wieder herstellen – aber bislang nur mit aufwendiger Verkabelung. Zum einen müssen die Bilder, die mit einer Kamerabrille aufgenommen werden, durch Gewebe hindurch an die einzelnen Impulsgeber in der Netzhaut weitergeleitet werden. Zum anderen muss das Implantat mit Strom versorgt werden, beispielsweise mit einer Induktionsspule oder einer Batterie hinter dem Ohr. Das Einsetzen dieses Systems mit Kabeln, die durch das Auge führen, sei ein schwieriger Eingriff, schreibt das Stanford-Team um Daniel Palanker und James Loudin in Fachzeitschriften wie Nature Photonics und Technology Review. Hinzu komme ein ständiges Infektionsrisiko. Daher haben die Forscher ein System entwickelt, bei dem das Implantat dank Solarzellen Fotorezeptor und Energielieferant in einem sein und ohne Kabel oder Akku auskommen soll.
Photozellen statt Batterie
Wie bei den Retina-Implantaten, die bereits auf dem Markt sind, arbeitet auch das Stanford-Modell mit einer Kamerabrille. Ein etwa smartphonegroßer Computer rechnet deren Bildsignale so um, dass sie ein Sender auf der Innenseite der Brille als Infrarotimpulse drahtlos auf die Netzhaut strahlen kann, wo das Retina-Implantat sitzt. Das Implantat selbst besteht aus einer Membran mit Photozellen, die die Infrarotsignale in elektrische Impulse verwandelt – also in Strom, der die Nervenzellen in der Netzhaut stimuliert und das Implantat selbst mit der dafür notwendigen Energie versorgt. Licht im Infrarotbereich hat den Forschern zufolge drei Vorteile: Es wird nicht von eventuell noch vorhandenen Fotorezeptoren in der Netzhaut aufgefangen, stört also nicht das Bild, das der Patient sieht. Außerdem wird pro Impuls so wenig Energie übertragen, dass es nicht zu thermischen Schäden im Auge kommen kann. Und: Dank der gezielten Projektion des Infrarotlichts können die Solarzellen des Implantats genug Energie für dessen Betrieb erzeugen. Die Stanford-Forscher sind nämlich nicht die Ersten, die mit Solarzellen-Implantaten für die Netzhaut experimentiert haben. Bei bisherigen Konzepten kam im Augeninneren jedoch für die Versorgung des Implantats nicht genug Licht an – Loudin zufolge fällt dafür nicht einmal an einem Sonnentag am Äquator genug Licht durch das Auge auf die Retina.
Bislang haben die Forscher das Implantat erfolgreich an Netzhautgewebe von Ratten getestet. Jetzt sind Versuche mit lebenden Tieren notwendig, bevor klinische Studien mit Menschen beginnen können – dann wird sich auch zeigen, ob die Implantate bioverträglich und ihre Signale stark genug sind, um in der menschlichen Sehrinde Bilder zu erzeugen. Bis das solare Retina-Implantat auf den Markt kommen könnte, werden also noch mehrere Jahre vergehen. Bis zum 24. Jahrhundert werden die Betroffenen jedoch hoffentlich nicht auf eine Lösung warten müssen.
Ein Solarimplantat soll in Zukunft Patienten mit Netzhautschädigungen wieder sehen lassen.