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Lastoptimierung

Kraftakt gut ausbalanciert 

Starlim stellt schon seit fast 40 Jahren im oberösterreichischen Marchtrenk Spritzgussformteile aus Silikon her. Für die Verarbeitung des Flüssigsilikons wird viel Strom und Wärme gebraucht. Optimierte Lüftungs- und Kühlungsanlagen, die den Stromverbrauch im Unternehmen um ein Drittel gesenkt haben, sowie drei große Solaranlagen auf den Werksdächern in Marchtrenk halten den Strombezug aus dem Netz schon seit einigen Jahren im Zaum. Denn die Photovoltaikgeneratoren mit einer Modulfläche von 8.400 Quadratmetern leisten immerhin 1,5 Megawatt. Gleichzeitig kann das Unternehmen die Nachhaltigkeit als Verkaufsargument nutzen.

Von Verbrennern wegkommen

Um in der Logistik und Firmenmobilität die Emissionen zu senken, wollte das Unternehmen schon länger weg von alten Verbrennern und hin zur Elektromobilität. Dabei ist die Anschaffung der E-Autos nur eine Hürde. Die viel größere Herausforderung ist, ein geeignetes Ladesystem zu schaffen, das mit der wachsenden Zahl an E-Autos und Ladestationen zurechtkommt.

Andererseits muss die Ladeinfrastruktur zu den Gegebenheiten vor Ort passen. Die größte Aufgabe ist dabei, diese Infrastruktur an die bestehende Netzanschlussleistung anzupassen.

Intelligenz im System

Denn wenn alle Elektroautos gleichzeitig laden und dann kommt noch eine Anschaltspitze in der Produktion hinzu, kann die Netzanschlussleistung schnell überschritten werden. Eine Lösung liegt darin, die Anschlussleistung entsprechend zu erhöhen. Doch das kostet jede Menge Geld. Schließlich lassen sich die Netzbetreiber die Anschlussleistung gut bezahlen. Diese muss zudem über das gesamte Jahr hinweg finanziert werden, auch wenn die Maximalleistung nur einmal im Jahr genutzt wird.

Deshalb hat sich Starlim für die zweite Lösung entschieden: mehr Intelligenz in die Ladeinfrastruktur zu bringen. Fündig wurde Hannes Jungmair, der bei Starlim für das Management der gesamten Immobilien des Unternehmens zuständig ist, nur wenige Kilometer westlich des Hauptsitzes.

Denn im Nachbarort Wels hat Fronius seinen Hauptsitz. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst alle Energiesektoren – Strom, Wärme und Mobilität – miteinander zu verknüpfen, wobei der Solarstrom das Herz des Systems ist.

Viele Ladestationen steuern

Möglichst viel Solarstrom soll auch in den Akkus der Elektroautos landen, die bei Starlim geladen werden. Außerdem soll der bestehende Netzanschluss bleiben und die Ladeinfrastruktur mit der Zahl der Elektroautos mitwachsen. Was nach der Quadratur des Kreises klingt, hat Fronius mit einer Softwareplattform gelöst.

Fronius Emil – so der Name, der für „Elektromobile intelligent laden“ stehen könnte – ist ein Lastmanagement für die Ladeinfrastruktur von Unternehmen. „Es ist eine Cloudlösung, mit der Unternehmen beliebig viele Ladestationen und beliebig viele Unterverteilungen, also Smart Meter, regeln können“, fasst Michael Raunigg, Trainer bei Fronius International und Spezialist für den Bereich Elektromobilität, zusammen.

Auf diese Weise können am Anschlusspunkt oder innerhalb der Unterverteilungen im Betrieb die Ladestationen so gesteuert werden, dass der Firmenfuhrpark geladen werden kann, während gleichzeitig die Produktion ungehindert weiterläuft, ohne dass dadurch der Netzanschluss überlastet wird. „Wir haben in Emil auch ein Multi-Smart-Metering integriert. Das heißt, in einem Unternehmen gibt es nicht nur den Netzanschlusspunkt, den Emil überwachen kann, sondern auch Unterverteilungen, die alle einzeln überwacht und gesteuert werden können“, erklärt Leonhard Peböck aus dem Produktmarketing bei Fronius International.

Administrator hat alles im Blick

Zusätzlich kann in der Softwareplattform auch eine Verwaltung der Nutzer der einzelnen Ladestationen hinterlegt werden, die von einem Administrator verwaltet wird. Dieser optimiert das Laden der einzelnen Autos am Standort nach den jeweiligen Bedürfnissen. So kann er beispielsweise einem Vertriebsmitarbeiter prioritär Ladestrom zuweisen, wenn dieser das Fahrzeug schnell wieder vollgeladen für eine längere Tour braucht. Die Mitarbeiter in der Produktion oder in den Büros laden langsamer, weil ihre Autos länger an der Ladestation stehen. „Hier macht es keinen Unterschied, ob das Auto in zwei oder in fünf Stunden geladen ist“, erklärt Michael Raunigg. Die Ladung der Mitarbeiterautos kann sogar mit der Solarstromproduktion auf dem Unternehmensdach synchronisiert werden.

Der Administrator kann auch Gastladekarten definieren. „So können beispielsweise am Empfang drei Gastladekarten hinterlegt werden. Wenn ein Besucher ins Unternehmen kommt, bekommt er eine der Karten und kann einen Ladepunkt freischalten“, erklärt Michael Raunigg das Prinzip. „Es ist aber auch möglich, dass der Administrator den Ladepunkt aus der Ferne freischaltet. Denn er sieht im System alle Ladestationen in einer Übersicht und weiß so genau, welche Ladestation unbesetzt ist.“

Gäste kurzfristig einbinden

Auch dem Gast kann er eine entsprechende Ladeleistung zuweisen. „Dann kann der Besucher beispielsweise mit elf Kilowatt laden. Diese zusätzliche Last wirkt sich auf die anderen Ladestationen aus und diejenigen, die in der Priorität weiter hinten stehen, bekommen dann entsprechend weniger Ladestrom“, sagt Leonhard Peböck.

Dann lädt das Auto des Mitarbeiters, der in der Regel ohnehin acht Stunden im Unternehmen ist, nicht mehr nur fünf, sondern sechs Stunden. Das reicht aber immer noch aus, damit er nach seiner Schicht wieder ein volles Auto hat.

Es ist sogar möglich, dass bestimmten Ladekarten der Mitarbeiter begrenzte Stromkontingente zugewiesen werden. Dazu hinterlegt der Administrator Pendlerprofile, die den jeweiligen Ladekarten zugewiesen werden. So kann auch immer wieder nur so viel Strom nachgeladen werden, dass der Mitarbeiter mit seinem Auto nach Hause und am nächsten Tag wieder in den Betrieb kommen kann.

Das entlastet das gesamte System. Fronius hat dies im eigenen Unternehmen analysiert. Denn auch hier sind jede Menge Ladestationen installiert, die rege genutzt und von Emil gesteuert werden.

Schließlich hat Fronius die eigene Firmenflotte schon zu 64 Prozent elektrifiziert. In den nächsten Jahren soll komplett auf Elektromobilität umgestellt werden.

Fronius hat die Lastprofile der letzten Monate aufgezeichnet. „Da kam heraus, dass früh zwischen sieben und acht Uhr die meisten Mitarbeiter an den Standorten ihre Autos anstecken. Die Autos sind nach etwa einer halben Stunde vollgeladen, weil jeder Mitarbeiter ein Pendlerprofil zwischen 30 und 60 Kilometer hat. Die Fahrzeuge werden wieder nachgeladen, und mit elf Kilowatt wäre das in nur 20 Minuten erledigt“, erklärt Michael Raunigg. „Daher beginnt das Laden zunächst mit einer geringeren Leistung, die davon abhängt, wie viele Autos gleichzeitig angesteckt sind.“

Regelung in Echtzeit

Sollte eine Lastspitze in der Produktion auftreten, stoppt Emil die gesamte Ladung der Elektroautos, um die Leistung für diese Spitzenlast zur Verfügung zu haben. Emil kann auch nur das Laden der Elektroautos innerhalb einer Unterverteilung herunterregeln oder kurz abschalten, wenn das für die Absicherung der Lastspitze ausreicht.

Dies passiert in Echtzeit. „Da Emil mit dem Netzwerk und den Ladestationen direkt verbunden ist, können die Steuerungsbefehle unmittelbar weitergegeben werden und die Ladestationen werden im Notfall abgeschaltet“, sagt Raunigg. „In den meisten Fällen ist allerdings noch verfügbare Kapazität vorhanden, sodass zunächst der Ladestrom reduziert wird.“

Die Möglichkeiten, die die Softwareplattform von Fronius beinhaltet, passten sehr gut zu den Bedürfnissen, die Starlim Spritzguss hatte. „Denn wir haben sehr viele Elektroautos angeschafft. Deshalb brauchen wir auch sehr viele E-Ladepunkte“, beschreibt Facilitymanager Hannes Jungmair die Situation. Er ist sehr zufrieden mit der Lösung, zumal diese auch noch ausgebaut werden kann. Denn Starlim hat neben Marchtrenk noch zwei weitere Produktionsstandorte im drei Kilometer entfernten Weißkirchen und im gut 20 Kilometer entfernten Lambach.

Auch Niederlassungen steuern

Denn hier kann Starlim eine weitere Funktion der Ladeinfrastruktursteuerung von Fronius nutzen. Denn diese funktioniert auch über größere Distanzen. So kann Starlim die Ladepunkte in den beiden anderen Werken in die Steuerung integrieren, die sich am Standort Marchtrenk befindet. Diese werden aber separat und basierend auf den Gegebenheiten der jeweiligen Standorte gesteuert.

Denn die gesamte Kommunikation mit Emil läuft über das Open Charge Point Protocol (OCPP). Darüber können Wallboxen auch bei den Mitarbeitern zu Hause in der Garage oder unter dem Solarcarport gesteuert werden. Vor allem kann das Unternehmen so den zu Hause in den Dienstwagen geladenen Strom registrieren und abrechnen. „Hier reicht es aus, wenn der Mitarbeiter zu Hause Internet mit WLAN hat. Dann kann er den Fronius Wattpilot oder eine andere Ladestation in dieses WLAN einbinden“, beschreibt Michael Raunigg das System.

Da Emil mit der Wallbox über das OCPP 1.6 kommuniziert, kommen die Ladedaten im System beim Administrator an. Dieser kann sie dann an die Buchhaltung weitergeben und der Mitarbeiter bekommt den Strom bezahlt, den er zu Hause in den Dienstwagen lädt. Die Möglichkeit, Daten über das OCPP 1.6 zu empfangen und zu senden, ist auch die einzige Voraussetzung, die eine Ladestation mitbringen muss, um über die Plattform ins System eingebunden zu werden.

Denn diese Kommunikationsschnittstelle ist genormt. „Damit kann Emil beliebig mit Fahrzeugen und Ladestationen kommunizieren. Alles, was einen Typ-2-Stecker hat, kann ich an die Ladestation anstecken und steuern, egal ob das ein Pkw, ein Lkw, ein Stapler oder ein Motorrad ist“, sagt Raunigg.

Auf den Kunden zuschneiden

Es ist auch kein Problem, immer mehr Ladestationen einzubinden. „Das System ist frei skalierbar. Wir können es auch individuell auf die Gewerbekunden zuschneiden“, betont Leonhard Peböck. Auf diese Weise kann auch Starlim den eigenen Bestand an Elektroautos weiter ausbauen, ohne dass die Netzanschlussleistung erhöht werden muss. Die einzige Grenze ist dann nur noch die verfügbare Strommenge.

Voraussetzung ist natürlich, dass das Unternehmen auch Fahrzeuge hat, die mit geringerer Leistung geladen werden können, weil sie lange genug stehen. Ein Logistiker, der seine Lkw permanent und sofort wieder verfügbar haben und deshalb immer mit voller Leistung laden muss, kommt um den Ausbau des Netzanschlusses nicht herum.

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