Im Vergleich zu Deutschland ist der niederländische Photovoltaikmarkt jung. Als im Jahr 2013 Anlagen mit rund 320 Megawatt aufgebaut wurden, verdoppelte sich damit auf einen Schlag die installierte Leistung. Auch für 2014 werden Zubauzahlen in der Größenordnung um 350 Megawatt erwartet. Doch so genau kann das kaum jemand sagen, denn in Holland muss eine Solaranlage nicht unbedingt beim Netzbetreiber angemeldet werden. Marktzahlen aus Holland sind deshalb selten vollständig.
Unkomplizierte Regeln
Auch sonst gibt es wenig Einschränkungen oder Vorgaben. So kann im Prinzip auch jeder ohne nachgewiesene Qualifikation eine Anlage anschließen und in Betrieb nehmen. Der Markt wird vor allem von kleinen Anlagen im privaten Bereich getrieben. Rund 80 Prozent der Installationen werden auf Einfamilienhausdächern gebaut. Es lohnt sich für Privathaushalte, in Photovoltaik zu investieren, auch weil es für dieses Segment ein eigenes Fördersystem gibt, das sogenannte Net Metering.
Am Ende des Jahres darf bis zu einer Obergrenze von 5.000 Kilowattstunden der eingespeiste Strom mit dem aus dem Netz bezogenen Strom saldiert werden. Nur die Differenz ist zu bezahlen. Ein einfaches System, das im Prinzip das Netz als Speicher nutzt und die Preissensibilität beim Bau kleiner Dachanlagen auf Privathäusern befördert. Aber auch ein Grund dafür, dass Eigenverbrauchslösungen und Speichersysteme,wie sie in Deutschland immer öfter zu finden sind, in diesem Segment nahezu nicht existieren.
Im gewerblichen Bereich und bei größeren Anlagen ist die Rechnung weniger vorteilhaft, deshalb wird in diesem Segment auch relativ wenig gebaut. Zum einen sind die Strompreise für Betriebe niedriger, zum anderen gibt es für größere Anlagen das Fördersystem mit dem Namen SDE+. Innerhalb dieses Systems gibt es eine Gesamtsumme, die zur Förderung erneuerbarer Energien bereitsteht.
Immer mehr Gewerbedächer
Für sechs zeitlich befristete Phasen wurde ein Preis für eine Kilowattstunde Solarstrom festgelegt – und zwar ansteigend, das heißt, in den letzten Phasen war der Preis höher als in den ersten Phasen. Innerhalb dieser Phasen konnten sich Investoren mit ihren Projekten um diesen Preis bewerben. Klingt kompliziert, hat aber Charme, wie Dennis Gieselaar von Oskomera erläutert: „Dieses System bewirkt, dass zuerst die am wirtschaftlichsten Projekte realisiert werden, einfache Dächer ohne besonders großen Planungs- oder Realisierungsaufwand. Bewirbt man sich in einer späteren Phase für eine höhere Vergütung, geht man das Risiko ein, gar kein Geld mehr zu erhalten.“
Bekommt man den Zuschlag für ein Projekt, wird die Vergütung für 15 Jahre gezahlt. Im November 2014 wurde die sechste Phase eingeläutet, mit einer Vergütung von 14,7 Eurocent pro Kilowattstunde. Gieselaar beschreibt noch einen anderen Trend: „Obwohl die finanziellen Anreize für Unternehmen marginal sind, wird doch mehr und mehr im gewerblichen Bereich gebaut. Die Unternehmen wollen Verantwortung für die Umwelt und die Energiewende übernehmen.“
Preisbewusste Ästheten
Oskomera Solar Power Solutions ist einer der größeren niederländischen Projektierer. Das Unternehmen ist seit 2001 am Markt. Neben dem Projektgeschäft betätigt sich Oskomera als Distributor und Monitoringdienstleister. 2014 hat Oskomera mehrere Megawattprojekte in Großbritannien realisiert, aber auch das Dach der Amsterdam Arena bestückt.
Andere Distributoren, wie zum Beispiel Twan Laumen von LI-Products, berichten von der hohen Preissensibilität niederländischer Kunden: „Es werden billige Module und Wechselrichter aus China verbaut. Für Endkunden, aber auch für viele Installateure ist Qualität einfach kein Kriterium.“ Hinzu kommt, dass in den großen Seehäfen in Rotterdam und Amsterdam chinesische Ware direkt ab Lager an die Installateure verkauft wird. So haben die niedrigen Preise das Kaufverhalten der Endkunden geprägt. Doch Laumen folgt diesem Trend nicht, er verkauft ausschließlich Module des deutschen Herstellers Axsun.
Liebe zu schwarzen Modulen
Unisono berichten die Distributoren von der Liebe der Niederländer zu schwarzen Modulen. Die Optik ist neben dem Preis ein ganz wichtiges Kriterium. Peter Desmet von Solarclarity gibt jedoch zu bedenken, dass im Prinzip alle Kunden extrem auf den Preis achten, nicht nur die Niederländer. Solarclarity bewegt sich seit 2008 als Distributor im niederländischen Markt.
Der größte Teil des Umsatzes wird mit der hauseigenen Marke Solarclarity Denim gemacht, aber auch Trina black wird gut verkauft. Desmet verweist noch auf ein weiteres interessantes Phänomen: „Sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien sind Dünnschichtmodule sehr populär. Es gibt keine Ressentiments gegen diese Technologie. Sie kommt deshalb auch viel öfter zum Einsatz als in Deutschland.” Solar Frontier ist einer der beliebtesten Hersteller.
Solaroad
Fahrradweg mit integrierter Solaranlage
In der Nähe von Amsterdam haben die Holländer das erste solare Straßenbauprojekt realisiert. Und wen wundert’s – die Nation der Fahrradfahrer hat sich dafür einen Radweg auserkoren. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde eine rund 70 Meter lange Teilstrecke eines Fahrradweges mit Solarelementen gepflastert. In den nächsten drei Jahren soll untersucht werden, welche Oberflächen der Beanspruchung durch Verkehr am besten standhalten und wie andere technologische Herausforderungen – zum Beispiel die Hinterlüftung – für diesen Einsatzfall der Photovoltaik zu meistern sind.
Der Radweg besteht aus rechteckigen Betonelementen, jeweils 2,70 Meter lang und 3,50 Meter breit, ausreichend für zwei Fahrspuren. Doch nur auf der Hälfte der Breite sind unter der ein Zentimeter dicken Glasschicht Solarmodule integriert. Die andere Hälfte dient lediglich zu Vergleichszwecken hinsichtlich der Oberflächenbeanspruchung. Auf dieser Hälfte wird es auch möglich sein, während des Projektes die Oberflächen auszutauschen und andere Materialien zu testen.
Nach Aussage von Stan Klerks, Wissenschaftler bei TNO, der niederländischen Organisation für angewandte Wissenschaften, haben die in Beton eingelassenen Module zwar keine Hinterlüftung, aber dennoch ein technologisches Konzept zur Abführung der Abwärme. Dieses Konzept wird in den nächsten Jahren eingehend auf den Prüfstand gestellt. Deshalb enthalten die Betonelemente auch Sensoren zur Temperaturmessung, die Auskunft über die Wärmeverteilung innerhalb der Elemente geben sollen. Jedes Element verfügt außerdem über zwei Power Optimizer, sodass alle Elemente parallel geschaltet werden konnten und auch im Falle eines Defektes jeweils nur das betroffene Element ausfällt.
Seit Oktober 2014 fahren Jung und Alt über diesen besonderen Fahrradweg. Jetzt konzentrieren sich die Forscher aufs Monitoring. Bei welchem Wetter werden welche Erträge erzielt und wie viele Räder rollen über den Weg? Rund 70 Kilowattstunden Strom pro Jahr soll ein Quadratmeter des Fahrradweges produzieren – sicher keine Spitzenleistung, aber ein Meilenstein in der Nutzung der solaren Einstrahlung. Die Idee, Elektroautos zukünftig direkt über die in den Straßen selbst produzierte Energie aufzuladen, existiert schon länger. Nun gibt es den ersten praktischen Schritt dorthin.