70 Prozent der Bundesbürger wollen, dass die Energiewende mit höchster Priorität vorangetrieben wird. Sowohl im regionalen Vergleich als auch mit Blick auf die Parteipräferenz sind die Unterschiede nur gering. Es gibt allerdings einige Ausnahmen.
Eine Mehrheit von 70 Prozent der Bundesbürger wollen weiterhin die Energiewende. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des Solarenergie-Fördervereins (SFV) mit Sitz in Aachen. Der Branchenverein wollte herausfinden, ob die Unterstützung für den Umstieg der Stromversorgung von Kernkraft, Kohle und Gas auf Solarenergie und Windkraft in Kombination mit Stromspeichern immer noch vorhanden ist. Das Ergebnis ist eindeutig. Sieben von zehn Befragten wünschen sich, dass dieser Umstieg mit höchstem Vorrang vorangetrieben wird.
Berlin mit höchster Zustimmung
Es gibt allerdings regionale Unterschiede. Mit 83 Prozent liegt die Zustimmung im Bundesland Berlin am höchsten – ein deutliches Zeichen an die Bundesregierung mit Blick auf die Zulassung von Mieterstromprojekten. Am zweithöchsten ist die Zustimmung in Nordrhein-Westfalen. Dort wollen 76 Prozent der Befragten, dass die Energiewende schneller geht und in der Politik eine höhere Priorität bekommt. Ähnliche Ergebnisse sind auch in den anderen Bundesländern zu finden. Einzige Ausnahmen sind Sachsen und Thüringen. In beiden Bundesändern stimmen nur 44 Prozent der Befragten mit Ja. 46 Prozent wollen hingegen, dass die Energiewende nicht mit dem höchsten Vorrang vorangetrieben wird.
Unterstützung über das Parteienspektrum ist hoch
Daran zeigt sich schon, dass die politische Haltung nur teilweise ausschlaggebend für die Haltung gegenüber der Energiewende ist. Denn während in Thüringen der Ausbau kräftig vorangeht und die Regierungskoalition aus Linke und B90/Grüne immer wieder Hürden abbauen, ist in Sachsen mit der von der CDU dominierten die Energiepolitik vor allem in Richtung Braunkohle ausgerichtet. Dass die Union damit in Sachsen punkten kann, aber in anderen Bundesländern nicht, zeigt die hohe Zustimmung der CDU-Wähler zur Energiewende. Immerhin 71 Prozent wünschen sich den Umstieg von der alten, fossilen Stromversorgung auf erneuerbare Energien. Bei den SPD-Wählern ist die Zustimmung zur Energiewende mit 78 Prozent ebenfalls eindeutig. Einzig in der AfD steht die Ablehnung der Energiewende nicht nur Parteiprogramm, sondern ist auch unter den Wählern verbreitet. Hochgerechnet auf die Wähleranteile, die den einzelnen Parteien derzeit prognostiziert werden, bleibt die Zustimmung zur Energiewende über das gesamte politische Spektrum – mit Ausnahme des rechten Rands – sehr hoch.
Die Parteien müssen reagieren
„Seit 20 Jahren versucht die Stromwirtschaft die Energiewende zu stoppen, indem sie der Öffentlichkeit Angst vor hohen Strompreisen einjagt und Neid gegenüber den Betreibern von Wind- und Solaranlagen schürt“, erklärt Wolf von Fabeck vom SFV. „Die Medien haben weitgehend mitgespielt. Und wer die Darstellungen in den Medien verfolgt, der hörte kaum Gegenteiliges.“ Mit der Umfrage wollte der SFV herausfinden, ob diese Berichterstattung mit der Lebenswirklichkeit in der Bundesrepublik übereinstimmt und die Bürger tatsächlich Angst vor steigenden Stromkosten haben und sie wirklich neidisch sind auf die Nachbarn, die eine Solaranlage auf dem Dach installieren lassen. Dem ist mehrheitlich nicht so. „Dieses Ergebnis lässt aufhorchen“, betont von Fabeck. „Es fragt sich, welche Parteien daraus im Wahljahr die Konsequenzen ziehen werden.“ (su)