Die Europäische Kommission hat neue Vorschriften für staatliche Beihilfen in den Bereichen Umweltschutz und Energie verabschiedet. Der Branchenverband der Erneuerbaren empfiehlt den EU-Mitgliedsstaaten zu klagen. Die Leitlinien seien ein Eingriff in die Kompetenz der Länder.
Die neuen EU-Leitlinien sollen die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, ihre Klimaziele 2020 zu verwirklichen. Marktverzerrungen aufgrund der Förderung der erneuerbaren Energien soll entgegengewirkt werden. Das teilt die EU-Kommission mit. Die neuen Leitlinien werden ab Juli 2014 bis Ende 2020 gelten. Die Kernpunkte sind:
- Schrittweise Einführung von marktorientierten Mechanismen für einige Ökostrom-Technologien. Um die Kosteneffizienz zu erhöhen und Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen, sehen die neuen Leitlinien vor, dass nun schrittweise Ausschreibungsverfahren für die Zuweisung der staatlichen Förderungen eingeführt werden. In den Jahren 2015 und 2016 werde den Ländern im Rahmen einer Pilotphase die Möglichkeit gegeben, derartige Ausschreibungen für einen kleinen Teil ihrer neuen Stromkapazitäten zu erproben.
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie: Die neuen Leitlinien lassen die Möglichkeit, für eine begrenzte Zahl energieintensiver Wirtschaftszweige die Lasten zu verringern.
- Verbesserung der grenzübergreifenden Energieflüsse und Ausbau einer Infrastruktur in weniger entwickelten Gebieten Europas.
- Eine weitere Neuerung: Beihilfen zur Gewährleistung einer angemessenen Stromerzeugung müssen genehmigt werden. Auf dieser Grundlage könnten Mitgliedstaaten Kapazitätsmechanismen einführen. Auch sollen Verbraucher für einen geringeren Energieverbrauch in Spitzenlastzeiten zu belohnt werden.
„Positiv ist, dass die gestern von der Bundesregierung verabschiedete EEG-Reform und die aktuellen Leitlinien im Großen und Ganzen übereinstimmen“, sagt Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Im Detail gebe es aber Widersprüche: So hätte sich der BDEW bei der Direktvermarktung „ein ambitionierteres Vorgehen“ gewünscht. Die EU fordert, dass diese erst ab 2016 eingeführt wird. In Deutschland ist diese bereits ab 2015 vorgesehen. Zudem sind in den Leitlinien mittelfristig sogar mehr Anlagen von der Direktvermarktung ausgenommen als es die EEG-Reform vorsieht. Dies sieht der BDEW kritisch.
Offener Widerspruch
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) empfiehlt den EU-Mitgliedsstaaten gegen die heute vorgestellten Leitlinien vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu klagen. „Die Leitlinien sind ein klarer Eingriff in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten auf dem Feld der Energiepolitik“, sagt BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. „Sie stehen im offenen Widerspruch zur EU-Richtlinie für erneuerbare Energien und verletzen die Europäischen Verträge.“
Damit die Leitlinien keinen größeren Schaden bei den erneuerbaren Energien und damit beim Klimaschutz anrichten, sollten die EU-Staaten vor dem EuGH eine Nichtigkeitsklage gegen die Leitlinien einreichen. „Die EU-Kommission setzt einseitig auf Ausschreibungen, obwohl die bisherigen Erfahrungen mit diesem Instrument in vielen Ländern negativ waren und einige Länder wie zum Beispiel Großbritannien Ausschreibungen wieder abgeschafft haben“, kritisiert Falk. Ausschreibungen erhöhten die Kosten des Stromsystems und verringerten die Vielfalt der Erzeuger. Die Vorgaben zur Stromeinspeisung bei negativen Börsenpreisen hebelten laut Meinung des BEE den Vorrang für erneuerbare Energien aus. Dieses Instrument habe nur einen Zweck, so Falk: „Erneuerbare Energien zu Gunsten von Kohlekraftwerken aus dem Markt zu drängen.“ (Niels H. Petersen)