Nur eine Marktstabilitätsreserve kann die zu niedrigen Kohlendioxidpreise mittelfristig stützen. Dennoch sind nationale Klimaschutzinstrumente bis 2020 nötig, um das gesteckte Ziel von 40 Prozent weniger Emissionen überhaupt zu erreichen.
Derzeit gibt es Jahr für Jahr mehr überflüssige Kohlendioxidzertifikate, der zusätzliche Kohlendioxidausstoß liegt bei 2,5 Milliarden Tonnen – die dreifache Menge des deutschen Ausstoßes. Bis 2020 wird sich der Überschuss ohne Gegensteuern auf etwa 3,8 Milliarden Tonnen erhöhen und auch bis 2030 nicht unter 3,4 Milliarden Tonnen sinken. „Bei einem solchen Überschuss liegen die Preise für Emissionsrechte dauerhaft auf einem Niveau von unter fünf Euro pro Tonne“, berichtet Patrick Graichen. Er ist Direktor der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende und ergänzt: „Das ist viel zu niedrig, um Investitionen in emissionsarme Technologien auszulösen.“
Stabilitätsreserve
Um das zentrale europäische Klimaschutzinstruments zu retten, stimmt der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments am 24. Februar über eine Reform des Zertifikatehandels ab. Die aktuellen Vorschläge beleuchtet und bewertet Agora Energiewende in einer aktuellen Analyse.
Zur Diskussion steht vor allem die Einführung einer so genannten Marktstabilitätsreserve. Es geht dabei um eine Art aktive Steuerung: Schwillt der Überschuss auf eine bestimmtes Menge an, so werden Zertifikate vom Markt genommen und in die Reserve gestellt. Sinkt der Überschuss unter eine bestimmte Grenze ab, so werden aus der Reserve Zertifikate zurück auf den Markt gegeben. Damit ließe sich der Preis für die Emissionsrechte so steuern, dass sich Investitionen in klimaschützende Technologien lohnen.
Vorschlag: 900 Millionen Zertifikate vom Markt
Wie hoch die Mindest- und Maximalmengen sein sollen und ab wann der Mechanismus greift, wird derzeit ebenso diskutiert wie die Frage, ob die im vergangenen Jahr bereits zurückgestellten 900 Millionen Zertifikate dauerhaft vom Markt genommen werden oder ab 2020 wieder angeboten werden sollen. Die Bundesregierung schlägt vor, die Marktstabilitätsreserve ab 2017 einzuführen und 900 Millionen Zertifikate dauerhaft in diese zu überführen.
Setzt sich diese Position in Europa durch, könnten die Überschüsse bis etwa 2027 soweit reduziert werden, dass sich der Zertifikatspreis durch Vorzieheffekte bereits ab 2022 langsam wieder erholen würde. „Dieser Vorschlag wird mittelfristig Wirkung entfalten“, sagt Graichen. „Allerdings ist das zu spät, um zu dem deutschen Klimaschutzziel von minus 40 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bis 2020 beizutragen. Dieses Klimaschutzziel werde nur erreicht, wenn zumindest bis 2020 der EU-Emissionshandel durch nationale Klimaschutzinstrumente ergänzt wird“, sagt Graichen. (nhp)