Ab Februar 2017 gilt eine neue VDE-Anwendungsregel. Sie sorgt für eine schnelle Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern in kritischen Netzsituationen. Dazu definiert sie klare Rollen für alle Beteiligten.
Wenn es brennt, bleibt keine Zeit für lange Erklärungen und Fragen. Was für die Feuerwehr oder auch Flugzeugbesatzungen gilt, trifft genauso auch für die Betreiber der Stromnetze zu. In kritischen Netzsituationen, wenn die Maßnahmen eines einzelnen Netzbetreibers nicht ausreichen, ist es ihm gesetzlich gestattet, weitere Maßnahmen bei nachgelagerten Netzbetreibern zur Unterstützung anzufordern.
Die Zusammenarbeit der Netzbetreiber läuft dann nicht mehr im Normalbetrieb, sondern es gibt klare Rechte und Pflichten zur Unterstützung über Netzbetreibergrenzen hinweg. Damit sich im Vorfeld alle Netzbetreiber auf eine solche Situation vorbereiten können, sind klare Beschreibungen von Verantwortlichkeiten, Reaktionszeiten und Kommunikationswegen notwendig. Dazu tritt am 1. Februar 2017 die neue VDE-Anwendungsregel „Kaskadierung von Maßnahmen für die Systemsicherheit von elektrischen Energieversorgungsnetzen“ (VDE-AR-N 4140) in Kraft.
Sie legt das Zusammenwirken der Netzbetreiber bei Gefährdungen oder Störungen der System- oder Netzsicherheit fest. Dazu definiert sie in einem ersten Schritt klar die Rollen aller Beteiligten. So weiß jeder Netzbetreiber, wer die Kaskade auslösen darf, wer wann wie zu reagieren hat und wann sie abgeschlossen ist.
5 Szenarien für die operative Kaskade:
- Netzengpass wegen Erzeugungsüberschuss oder zu geringer Netzlast,
- Systembilanzabweichung wegen Erzeugungsüberschusses oder geringer Netzlast,
- Netzengpass wegen zu hoher Netzlast oder zu geringer Erzeugung,
- Systembilanzabweichung wegen Erzeugungsmangel oder zu hoher Netzlast,
- Spannungsproblem (schleichender Spannungskollaps).
Außerdem legt sie die dann notwendigen Handlungsabfolgen detailliert fest. Ist die Kaskade einmal aktiviert, darf es keine Verzögerungen in den Handlungsabfolgen und der Kommunikation geben. Daher listet die Anwendungsregel die Reihenfolge der Handlungen für jedes der Szenarien übersichtlich in Tabellen auf. Vor- und nachgelagerte Netzbetreiber können sich so frühzeitig vorbereiten. Jede Stufe der Kaskade hat daher maximal 12 Minuten Zeit für die angeforderten Maßnahmen. Da sich viele Unternehmen auf die Umsetzung dieser zeitlichen Anforderungen vorbereiten müssen, wurde hierfür eine Übergangsfrist von zwei Jahren festgelegt. (nhp)
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