Live aus dem Kloster Banz: Die kommende Sonnenfinsternis und ihre Auswirkung auf die Stromnetzsicherheit wird von den Experten mal ironisch, mal ernsthaft diskutiert. Das Ereignis ist ein interessantes Lernobjekt für die Zukunft der Stromnetzstabilisierung. Wechselrichter können künftig noch mehr Systemdienstleistungen übernehmen.
„Am 20. März dieses Jahres können wir zum ersten Mal die Auswirkung einer Sonnenfinsternis auf ein Stromnetz mit hoher Photovoltaikleistung erleben und erforschen“, freut sich Karsten Burges von Ecofys mit seinen Projektpartnern vom Netzbetreiber 50Hertz. Sie sehen darin eine „gute Möglichkeit, um die Integration der Erneuerbaren in das Stromversorgungssystem zu testen.“
Das Himmelsphänomen wirkt sich über eine Zeitspanne von 2,5 Stunden auf die solare Stromerzeugung aus und ist geografisch wie meteorologisch gut prognostizierbar. Unsicherheit bestehe aber im Verhalten der Strommarktteilnehmer und beim tatsächlichen Regelleistungsbedarf, meint Burges. Er sieht das Ereignis aber als großes Laborexperiment: „Die Leistungsänderung der Einspeisung werden wir bei 60 Gigawatt Photovoltaikleistung im Jahr 2020 an jedem Morgen haben.“
Mit dem Tagesverlauf der Photovoltaikerzeugung beschäftigt sich auch Niklas Kreifels vom Fraunhofer ISE. Dort geht es um den Ertrag von Anlagen mit nach Osten und Westen ausgerichteten Modulen. Der Ertrag solcher Anlagen ist rund 20 Prozent niedriger als bei Südausrichtung. Dafür ist die Erzeugung gleichmäßiger über den Tag verteilt und morgens und spätnachmittags höher. Der Börsenwert des erzeugten Stroms ist dadurch höher und verringert die Kosten, die auf die EEG-Umlage umzulegen sind – ein volkswirtschaftlich interessanter Effekt.
Dämpfung durch Solaranlagen und Speicher
Die Betreiber von Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung interessieren sicher noch mehr die Folgen der Leistungsbegrenzung auf 70 Prozent. Bisher wurden die Verluste mit 2,5 bis 7 Prozent veranschlagt. „Höhere Modultemperaturen bei Dachanlagen verringern solche Verluste auf fast die Hälfte“, sagt Dirk Stellbogen vom ZSW Stuttgart. In die gleiche Richtung wirke ein höherer Eigenverbrauch mit Hilfe von Batterien. Selbst bei einer Abregelungsgrenze von 60 Prozent der Modulleistung treten dann kaum mehr Ertragsverluste auf.
Thorsten Bülo von SMA stellte neue netzstützende Funktionen von Wechselrichtern vor. Künftig sollen Wechselrichter großräumig miteinander kommunizieren, um noch mehr und effizienter Blindleistung zur Spannungshaltung im Netz zur Verfügung zu stellen.
Auch sogenannte „positive Regelleistung“ soll künftig aus Photovoltaikanlagen kommen. Damit die Netzfrequenz nicht sinkt, wird zusätzliche Leistung eingespeist. Bisher konnten das nur konventionelle Kraftwerke, aufgrund ihrer rotierenden Schwungmassen. Solche Systemdienstleistungen spielen für die Versorgungssicherheit eine wichtige Rolle. (Thomas Seltmann)