Die Großhandelsstrompreise sind seit dem Beschluss der Bundesregierung zum Atomausstieg um die Hälfte gesunken. Das liegt vor allem am steigenden Anteil regenerativen Stroms im Netz.
Die Energiewende ist bisher erfolgreich, jedenfalls was die Entwicklung der Strompreise in Deutschland angeht. Denn diese sind seit der Entscheidung der Bundesregierung in Folge der Reaktorkatastrophe in Fushima aus der Atomkraft auszusteigen, um fast die Hälfte gesunken. Das teilt das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energie (IWR) in Münster mit.
Die Talfahrt der Strompreise hält auch weiterhin unvermindert an. Lag der Strompreis im Jahr 2011 kurz nach dem Unfall im japanischen Reaktor noch bei sechs Cent pro Kilowattstunde, bezahlen Großabnehmer für das Lieferjahr 2017 nur noch 3,2 Cent pro Kilowattstunde. Das sind die niedrigsten Strompreise am Terminmarkt seit zehn Jahren. Immerhin mussten die Großabnehmer im Jahr 2008 noch 9,5 Cent pro Kilowattstunde bezahlen.
Vorteile werden an Kunden nicht weitergegeben
Als Grund für die sinkenden Strompreise nennt das IWR den gestiegenen Anteil regenerativen Stroms in Deutschland. Dazu kommt noch Strom aus den abgeschriebenen Kohlekraftwerken. Diese können Strom noch billig produzieren, weil sie die Investitionskosten längst eingefahren haben und die Kohledioxidzertifikate zu billig sind. Neue Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke können ihren Strom längst nicht mehr zu solch niedrigen Preisen anbieten, dass sie an der Börse noch mithalten könnten.
Die Erzeuger von regenerativem Strom haben allerdings das Problem, dass ihr Strom an der Börse nicht als Ökostrom vermarktet wird, sondern nur unkenntlich als neutraler Graustrom, fällt das nicht auf. „Die Stromverbraucher werden darüber getäuscht, aus welchen Quellen der physische Strom ihres Stromversorgers tatsächlich stammt, denn der auf der Stromrechnung ausgewiesene grüne EEG- Strom kann als solcher derzeit gar nicht an der Börse eingekauft werden“, erklärt Norbert Allnoch, Direktor des IWR. Das führt dazu, dass die Stromkunden darüber getäuscht werden, dass sie tatsächlich regenerativen Strom einkaufen, was wiederum dazu führt, dass sie nur die in den vergangenen Jahren gestiegene EEG-Umlage wahrnehmen. Dazu kommt noch, dass die Energieversorger die sinkenden Strompreise an die Verbraucher nicht weitergeben. Damit nehmen die Verbraucher war, dass die Energiewende teuer, aber nicht dass sie eigentlich für sinkende Strompreise verantwortlich ist.
Großkunden profitieren
Das sieht in der Industrie anders aus. Da die Großabnehmer ihren Strom direkt an der Börse einkaufen können sie vollständig von den sinkenden Strompreisen profitieren. Dazu kommen noch die erheblichen Rabatte bei der Zahlung der EEG-Umlage und der Netzentgelte, die auf die privaten und mittelständischen Stromkunden abgewälzt werden. „Tatsächlich wird das EEG beziehungsweise der Verkauf des EEG-Stroms an der Börse zur Senkung der Stromkosten für die Großabnehmer sowie der Industrie und damit als wirtschaftspolitisches Instrument zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung der deutschen Firmen im internationalen Wettbewerb eingesetzt“, kritisiert Norbert Allnoch. „Das EEG dient auch nach den aktuell vorliegenden Reformplänen immer weniger dem Ausbau der erneuerbaren Energien oder dem Aufbau einer regenerativen Industrie in Deutschland“, wart er. (Sven Ullrich)