Live vom PV-Symposium: Solarexperten forderten in Staffelstein einen jährlichen Ausbau von 12,5 Gigawatt, um die Klimaschutzversprechen der Bundesregierung glaubwürdig umzusetzen. Die aktuelle Gesetzgebung spricht eine deutlich andere Sprache.
„Wenn die Bundesregierung die Klimaschutzziele von Paris wirklich ernst meint, sind die aktuellen Ausbauziele viel zu niedrig“, sagte Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Er hat ausgerechnet, welcher Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen nötig wäre, damit Deutschland bis zum Jahr 2040 klimaneutral wird.
Erst damit ließen sich die in Paris vereinbarten Ziele erfüllen. „Dazu muss ja nicht nur der Strom, sondern auch Wärme und Verkehr auf erneuerbare Energien umgestellt werden“, analysierte er. „Jedes Jahr brauchen wir 12,5 Gigawatt Zubau von Solarstromanlagen und sechs Gigawatt Zubau bei der Windkraft“.
Eigentlich nicht zu ambitioniert
In der Photovoltaik wäre das fast das Zehnfache des gegenwärtigen Ausbaus - im internationalen Vergleich nicht einmal besonders ambitioniert. China, USA und Japan haben längst vergleichbare Ausbauraten in Angriff genommen. Auch die in Staffelstein versammelte Solarkompetenz war sich nach Quaschnings Vortrag einig, dass diese Ziele sinnvoll und notwendig seien. Damit sie auch realisierbar sind, mahnte Quaschning jedoch einen schnelleren Einstieg und Ausbau in die Speicherung an. Und vor allem „müssen wir selbst daran glauben und diese Tatsachen selbstbewusst in die Öffentlichkeit tragen“, forderte der bekannte Berliner Solarprofessor.
Smart Meter für kleine Solargeneratoren
Dass die Berliner Energiepolitik diesen Erkenntnissen meilenweit hinterherhinkt, wurde deutlich, als Thomas Rudolph vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) das Gesetzespakte „Strommarkt 2.0“ der Bundesregierung vorstellte. Beispielsweise der darin enthaltene Rollout von Smart Metern soll ab 2017 für Photovoltaikanlagen ab sieben Kilowatt die Nachrüstung von intelligenten Zählern verpflichtend vorschreiben. Das bedeutet neue Kosten von mindestens 100 Euro jährlich und bürokratische Kämpfe auch für die Betreiber kleiner Anlagen.
Künftige Preisbildung völlig ungewiss
Positiv sei laut Rudolf, dass Regelleistungsmärkte für neue Anbieter geöffnet werden sollen, was beispielsweise auch Einnahmequellen für Speicherbetreiber möglich macht. Ob jedoch der systemdienliche Betrieb von Eigenerzeugungsanlagen neue Verpflichtungen oder Einschränkungen bringen wird, ist unklar. Wie sich die Änderungen der Bestandteile des Strompreises und der Netzentgelte auf die Wirtschaftlichkeit von bestehenden und neuen Photovoltaikanlagen auswirkt, bleibt völlig offen.
Bis Mai soll das Gesetzespaket durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet sein. Fazit: Und wieder treibt die Bundesregierung Branche und Kunden in neue Unsicherheiten. (Thomas Seltmann)