Stuttgarter Forscher haben eine neue Solarzelle aus Kesterit mit einem Wirkungsgrad von gut zehn Prozent hergestellt. Die Technologie ist billiger als bisherige Dünnschichtsolarzellen, doch der Wirkungsgrad ist noch zu niedrig für die Markteinführung.
Forscher am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) haben eine Dünnschichtsolarzelle aus Kesterit mit einem Wirkungsgrad von 10,3 Prozent hergestellt. Damit erreichen die Stuttgarter Wissenschaftler zwar nicht den bisherigen Weltrekord von 11,1 Prozent Wirkungsgrad, den immer noch amerikanische Wissenschaftler halten. Dafür konnten sie ein preiswerteres Herstellungsverfahren anwenden als ihre amerikanischen Kollegen. „Zur Herstellung der Kesteritsolarzellen beschichten wir Substratglas mit einer nichttoxischen Tintenlösung, die die gewünschten Elemente enthält – und das ohne aufwändige Vakuumtechnologie“, berichtet Michael Powalla, Vorstand und Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik am ZSW. Die so hergestellte Vorläufer- oder Precursor-Schicht wird anschließend unter Hitzeeinwirkung selenisiert. Die weitere Verarbeitung erfolgt mit den gleichen Verfahren wie bei der verwandten CIGS-Technologie.
Zukunftstechnologie für preiswerte Solarzellen
Mit Kesterit hergestellte Solarzellen ist eine der Zukunftstechnologien der anorganischen Dünnschichtphotovoltaik und ein Kandidat für preiswerte Solarzellen. Denn die Absorberschicht, also jene Schicht der Solarzelle, die das eingestrahlte Licht in Elektrizität umwandelt, kommt ohne die teuren Elemente Indium und Gallium aus. Statt dessen beinhaltet es die wesentlich billigeren Metalle Zinn und Zink. Dazu kommt noch Kupfer. Doch bisher liegen die Wirkungsgrade noch weit unter den derzeit verwendeten CIGS-Zellen. Das Problem: Die elektronische Grenzflächenstruktur zwischen der Kesterit- und der angrenzenden Pufferschicht passt nicht zusammen. Es gibt dort einen „Bandversatz“, der den Wirkungsgrad deutlich reduziert. Das haben Forscher des Helmholtz-Zentrums Berlin Mitte Februar dieses Jahres herausgefunden. „Für einen kommerziellen Einsatz der Kesteritzellen ist es noch zu früh“, betonen die Forscher des ZSW.
Entwicklung neuer Zelltechnologien
Die Ergebnisse zeigen aber, wie wichtig die Grundlagenforschung für die anwendungsorientierte Entwicklung neuer Solarzellentechnologien ist. „Nur mit solchen grundlegenden Erkenntnissen können wir die Technologie im Hinblick auf Nachhaltigkeit, effizientere Produktionsverfahren und Kostenreduktion verbessern“, sagt Powalla. „Das trägt dazu bei, die deutsche Technologieführerschaft in der Photovoltaikforschung und -Produktionstechnik langfristig aufrecht zu erhalten.“ (Sven Ullrich)