Ölprinzen ade: Das fällt Willi Bihler ein, wenn er über die Intersolar spricht. Der Geschäftsführer des Solarzentrums Allgäu und des Modulherstellers Wiosun erinnert sich gerne an seine erste Intersolar vor sechs Jahren. Die Stimmung war hervorragend, weltweit erlebte die Solarindustrie einen Boom, und die Messe stand vor einem Ausstellerrekord.
Mit zwei Mitarbeitern rückte Bihler in Freiburg an, um seine erste Eigenentwicklung zu präsentieren. Darauf ist er heute noch stolz: ein gebogener Dachhaken, der zwar stabil ist, aber unter Last leicht nachgibt, um den Dachziegel zu entlasten. „Wir hatten einen winzigen Stand gemietet, den wir uns leisteten“, erzählt Bihler rückblickend und lacht. „Und dort haben wir uns nasse Füße geholt.“ Ein Platzregen überforderte die Planen der Zeltstadt, in die der Veranstalter auf den Parkplätzen neben den Messehallen einen Teil der Aussteller einquartiert hatte. Denn das Gelände in Freiburg platzte seinerzeit aus allen Nähten.
Damals im beschaulichen Freiburg
Ölprinzen ade, die Sonnenkönige kommen – so lautete ein Motto der Intersolar im Jahr 2007. „Der Spruch war das Erste, was ich auf der Messe gesehen habe“, erinnert sich Willi Bihler. „Er klebte auf einem Lkw, als wir auf den Parkplatz gefahren sind.“ Das könnte auch Bihlers Leitmotto sein. Der gelernte Elektromeister wandte sich bald nach der Gründung seines Elektrofachbetriebs den erneuerbaren Energien zu. Vor fast 20 Jahren installierte er die ersten Blockheizkraftwerke, kurz darauf die erste Photovoltaikanlage.
Aber installieren allein war ihm nicht genug, denn Bihler ist ein Erfinder. Die besten Ideen kommen ihm nicht im Schlaf, sondern eher grübelnd im Bett. Das vermutet zumindest ein Mitarbeiter, der zu nachtschlafender Zeit schon manche SMS von seinem Chef erhielt. In solch einer schlaflosen Nacht, zwei Jahre nach der Erfindung des Dachhakens Vario, entstand die Idee zu PV-Therm, einem Kombimodul aus Photovoltaik und Solarthermie. Dafür heimste er 2008 den „Bundespreis für hervorragende innovatorische Leistungen für das Handwerk“ ein. Und im gleichen Jahr zog die Intersolar von Freiburg in die geräumigen Hallen der Messe in der bayerischen Landeshauptstadt München um.
Seither wuchsen Bihlers Unternehmen, die er gemeinsam mit Frau und Tochter führt. Weitere Auszeichnungen folgten. Mit seinen Produkten war er seither jährlich auf der Intersolar vertreten, auch auf den internationalen Ablegern in den USA und China. „Sehr nachhaltig waren die Kontakte dort meist aber nicht“, sagt er heute. „Das Messepublikum in Deutschland ist deutlich fachkundiger. Manchmal musste ich gar den Unterschied zwischen Solarthermie und Photovoltaik erklären.“
Während im vergangenen Jahr einige Modulhersteller in die Insolvenz gingen, nahm Bihler seine vollautomatische Produktionslinie „Made im Allgäu“ in Biessenhofen in Betrieb – die letzte verbliebene Modulfabrik in Bayern. Dort werden sowohl die Kombimodule als auch normale Siliziummodule gefertigt. Obwohl die Auftragsbücher voll sind, lässt die Krise Bihlers Unternehmen nicht unberührt. In seinem Großhandel ist die Zahl des Personals um ein Drittel geschrumpft, auch in der Produktion mussten Leute gehen. Es geht darum, die Kosten zu reduzieren. „Dieses Jahr sparen wir uns die Ausgaben für einen Messestand“, meint Willi Bihler. „Ein Jahr auszusetzen wird uns nicht schaden. Ist doch jedes Jahr das Gleiche: vier bis fünf interessante Innovationen, viele Hände schütteln und viel Party.“ Hingehen wird er trotzdem, als Besucher, schon wegen des „großen Familientreffens“ der Solarbranche. Und natürlich sieht er sich auch die Neuheiten an, etwa bei den Solarzellen. Schließlich will er auf dem Laufenden bleiben.
Bis 1999 war die Intersolar vor allem von Solarthermie geprägt. In der Photovoltaik gab es lediglich einige Inselsysteme oder solare Gartenleuchten zu bestaunen. Das änderte sich mit dem 100.000-Dächer-Programm, das 1999 aufgelegt wurde. Über 8.000 Teilnehmer besuchten die „Solar“, wie die Messe damals noch hieß. Sie fand in der Stadthalle Pforzheim statt, wo sich schlappe 142 Aussteller präsentierten. Im Folgejahr wanderte die Messe nach Freiburg, wo auch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme sitzt und der Sonnenarchitekt Rolf Disch populäre Gebäude entwirft.
Kein Grund für schlechte Laune
Ebenfalls im Allgäu lebt Manfred Guggenmos, der einen Elektrobetrieb in Warmisried führt. Er weiß: Strom ist ein kostbares Gut – von der solaren Elektrifizierung ist er begeistert. Der Allgäuer besuchte die Intersolar, seit sie zur Jahrtausendwende zum ersten Mal in Freiburg gastierte. „Meine Familie war dabei und hat derweil den nahe gelegenen Vergnügungspark in Rust besucht“, erinnert sich „Guggi“, wie er sich selbst nennt.
Arbeit und Freizeit müssen bei Manfred Guggenmos zusammengehen. Sein Betrieb in Warmisried sieht eher aus wie ein Tierpark als eine Handwerksfirma. Überall Pferde, Kamele, Schafe, Ziegen und Hühner. Und doch hat Manfred Guggenmos einige Projekte realisiert, für die er ausgezeichnet wurde. Mit dem Bus kommen die Leute beispielsweise, um Isolp zu bewundern: ein fünfstöckiges, rundes und sich drehendes Bürogebäude mit schrägem Photovoltaikdach. Oder ein Solaranlage auf den Resten eines abgebrannten Sägewerks, unter der er nun ökologische Landwirtschaft betreibt.
Das bisher beste Jahr
Neben den extravaganten Projekten installiert er mit seinem Fachbetrieb Elektro Guggenmos auch herkömmliche Solaranlagen. Dem gegenwärtigen Katzenjammer kann Guggenmos nichts abgewinnen. „Für uns war es bisher das beste Jahr“, meint er selbstbewusst. Einerseits seien seine Mitarbeiter mit Neuinstallationen und Nachrüstungen beschäftigt, andererseits erhält der Markt neuen Schwung durch die steigenden Strompreise. „Die Menschen hier wollen autark sein“, meint er. Deshalb sind Eigenverbrauch und Speicherung sein großes Thema, genau wie auf der Intersolar, wo er sich die Neuentwicklungen seines Vertragspartners Solarworld genau anschauen will. „Klar gehe ich hin“, sagt Manfred Guggenmos. „Man muss doch wissen, was die anderen so machen.“
Guggenmos selbst präsentiert sich in diesem Jahr auf dem Gemeinschaftsstand von „Bayern Innovativ“. Er zeigt die Dirlewanger Bürgerbatterie, die er entwickelt hat. Im ländlichen Allgäu wird an sonnigen Tagen so viel Solarstrom erzeugt, dass die Netze keine Energie mehr aufnehmen können. Dirlewangs vollautomatischer Hochwasserdamm, der die Region seit einigen Jahren vor Überflutungen bewahrt, ist die Lösung. Zusammen mit der Gemeinde Dirlewang und Bürgern der Region will Manfred Guggenmos ein Pumpspeicherkraftwerk auf dem nahe gelegenen Rosskopf realisieren.
Ein See in 700 Metern Höhe
Auf rund 700 Metern Höhe soll ein Speichersee entstehen, der ausschließlich mit Hochwasser aus der Dammanlage gespeist wird. Eine Machbarkeitsstudie belegt die Erfolgsaussichten der Idee, eine Speicherkapazität von rund sechs Megawatt sei problemlos zu erzielen. Damit könnten die Dirlewanger dann tun, was mit Solarmodulen allein kaum noch möglich ist: Geld verdienen – im Markt für Regelenergie.
Die Sache wird also komplexer. Drehte sich früher in der Photovoltaik alles um das Solarmodul und die Zellen, rücken nun die Wechselrichter und die Batterien in den Mittelpunkt. Das Interesse der Planer und Installateure dürfte also steigen. Im Jahr 2011 kamen rund 20 Prozent der Fachbesucher aus dem installierenden Handwerk und von Systemanbietern. 18 Prozent waren als Planer und Projektentwickler tätig, manche auch in Doppelfunktion.
Im folgenden Jahr sank der Anteil der Installateure auf rund 25 Prozent, dafür stieg der Anteil der Planer und Projektentwickler auf 21 Prozent an. Weil das Geschäft mit Großanlagen in Deutschland, Italien und Spanien deutlich zurückgegangen ist, könnte diese Besuchergruppe in diesem Jahr schrumpfen. Klar ist: Die Integration von Energiespeichern und die wachsenden Anforderungen an den Netzanschluss dürften vor allem dem elektrotechnischen Handwerk, den SHK-Installateuren, den Fachplanern für technische Gebäudeausrüstung und den Gebäudeenergieberatern neue Perspektiven bieten. Wenn sie ihr Handwerk verstehen – und als Berater im Auftrag ihrer Kunden unterwegs sind.