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Internationalisierung

„Nur große und effiziente Player haben eine Zukunft“

Wie ist das Jahr 2023 für den Solarhandel von Baywa r.e. gelaufen?

Frank Jessel: Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich für uns Solarhändler ein perfekter Sturm zusammengebraut aus hohen Zinsen und sinkenden Preisen für Komponenten und Energie. Einige Märkte rutschten in die Rezession. Also konnten wir nicht an das starke Ergebnis unseres Rekordjahres 2022 anknüpfen. Aber wir haben dennoch ein sehr gutes Ergebnis eingefahren.

Wie viel Ware haben Sie denn umgesetzt?

Wir haben mehr als zehn Gigawatt an Modulen und Wechselrichtern verkauft und konnten unsere Lagerbestände deutlich abbauen – mit Gewinn. Darauf bin ich stolz. Wir haben auch 2023 unterm Strich ein ordentliches, positives Er­gebnis.

Schwächelnde Nachfrage hat den Großhändlern zu schaffen gemacht, vor allem im zweiten Halbjahr 2023. Ist 2024 eine Belebung in Sicht?

Wir hoffen auf eine steigende Nachfrage im Frühjahr. Kürzlich haben wir erstmals eine Hausmesse veranstaltet mit 25 unserer Zulieferer. Dorthin kamen mehr als 1.000 Besucher und die Stimmung vor Ort war gut. Klar ist, dass im Handel nur große und sehr effiziente Player eine Zukunft haben. Denn die Systempreise werden weiter sinken. Als Händler können Sie das nur kompensieren, wenn Sie mehr Ware verkaufen. Mehr Ware bedeutet mehr Hände, das wird für kleinere Händler sehr schwierig.

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat Baywa r.e. Solar Trade derzeit?

Weltweit sind es mehr als 1.500, zwei Drittel davon in Europa. In Zukunft muss unser Wachstum durch Effizienzsteigerungen und Digitalisierung erfolgen. Ein Personalaufbau wie in den vorangegangenen Jahren ist aktuell nicht mehr darstellbar.

Warum nicht?

Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Um den Preisverfall zu kompensieren und unser Kapital bestmöglich zu nutzen, haben wir den Lagerbestand von Solarmodulen auf 60 Tage reduziert. Wir schlagen also sechs Mal im Jahr unsere Modullager komplett um. Diese hohe Effizienz erreichen wir nur mit erstklassigem Personal und Investitionen in die Digitalisierung.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Modulpreise 2024 ein?

Bei P-Type wird es darum gehen, im Markt Überbestände abzubauen. Wir haben solche Module schon für unter zehn Cent pro Watt eingekauft. Sicher wird es in diesem Jahr einige Notverkäufe geben, aber die Preise sind faktisch kaum mehr zu reduzieren. Bei N-Type macht sich schon eine gewisse Verknappung bemerkbar, dort werden die Preise leicht nach oben gehen und sich einpendeln. Wir sind mit unseren Zulieferern bei Solarmodulen sehr gut aufgestellt, müssen aber die doppelte Menge verkaufen wie 2023, um den gleichen Rohertrag zu erwirtschaften.

Welchen Trend erwarten Sie bei den Preisen für Wechselrichter oder Speichersysteme?

Bei Wechselrichtern und Stromspeichern könnten die Preise in diesem Jahr um 20 Prozent nachgeben. Der größte Druck lastet auf den Wechselrichtern, obwohl die Nachfrage in bestimmten Regionen ziemlich hoch ist. Bei einigen Anbietern kam es punktuell bereits vor, dass 100-Kilowatt-Geräte für kommerzielle Anlagen aus technischen Gründen nicht sofort verfügbar waren. Zudem haben sich einige Installateure eigene Lagerbestände aufgebaut, als die Wechselrichter aufgrund der überhitzten Nachfrage kaum lieferbar waren. Diese Bestände müssen nun zunächst abgebaut werden.

2023 war die Nachfrage durch private Anlagen getrieben, zumindest im ersten Halbjahr und zumindest in Deutschland. Welches Segment wird 2024 wichtig?

Das werden neben dem immer noch sehr wichtigen Bereich der privaten Anlagen kommerzielle Anlagen mit Speichersystemen sein. Entsprechend werden wir zur Intersolar in München neue Produkte für dieses Segment zeigen. Wir haben schon vor sechs Jahren begonnen, ein Team für Gewerbespeicher aufzustellen. Denn der Verkauf von Gewerbespeichern ist nicht so trivial wie der von Heimspeichern. Diese Weitsicht zahlt sich nun aus.

Wie sieht es bei den anderen Komponenten aus?

Auch bei Ladetechnik und Software wird sich einiges tun. Großen Fokus legen wir auf unser Montagesystem Novotegra. Auf der Intersolar wird das Novotegra-Team unter anderem die neue, innovative Fassadenlösung vorstellen.

Welche Märkte sind international für Sie wichtig?

Wir beobachten sehr aufmerksam den Markt in den USA, der stark durch Utility getrieben ist. Dachanlagen für private oder gewerbliche Kunden sind dort schwierig, hohe Zinsen für die Finanzierung belasten den Zubau. Sehr gut entwickelt sich Brasilien, wo wir seit August 2023 mit einer eigenen Gesellschaft vertreten sind. Auch in Kolumbien sind wir mittlerweile präsent.

Welche neuen Märkte sehen Sie in Europa im Aufwind?

2023 sind wir in den griechischen Markt eingetreten und haben die richtigen Leute gefunden, um das Team aufzubauen. Dort erwarte ich eine sehr gute Entwicklung. Durch Zukauf ist uns außerdem der Zugang nach Lettland gelungen, die Firma in Riga, die wir übernommen haben, war und ist hochprofitabel. Wir haben Vertriebsbüros in Estland und Litauen eröffnet, um das Baltikum zu bedienen. Daneben sind wir in Rumänien, Bulgarien und der Slowakei gestartet.

Planen Sie 2024 weitere Expansionen ins Ausland?

In diesem Jahr wird es vor allem darum gehen, die Teams in den neuen Märkten in unsere Strukturen und unsere Philosophie zu integrieren. Ich will nicht ausschließen, dass wir nicht kurzfristig günstige Gelegenheiten ergreifen, wenn sie sich bieten. Aber in erster Linie werden wir unsere Engagements konsolidieren.

Sinkende Systempreise öffnen neue Märkte, sie sind Fluch und Segen zugleich. Welche Komponenten werden besonders nachgefragt?

Das ist der große Vorteil des Preisverfalls: Immer mehr Märkte werden für die Photovoltaik interessant, zum Beispiel auch Afrika. Plötzlich will jeder Speicher haben und die finanziellen Hürden schrumpfen. Wir müssen Systeme verkaufen. Auch im gewerblichen Segment oder bei Solarparks spielen Speichersysteme inzwischen eine wachsende Rolle.

Sie erwähnten die Digitalisierung als Chance und Herausforderung. Welche Strategie verfolgen Sie?

Jeder Prozess, der digitalisiert werden könnte, sollte digitalisiert werden. Das geht über E-Commerce weit hinaus. Das betrifft unsere gesamten internen Prozesse und die Verbindungen zu unseren Lieferanten. Verglichen mit der Automobilindustrie leben wir noch in der Steinzeit, was digitale Abläufe betrifft. Deshalb ist Digitalisierung wesentlich, um gut im Geschäft zu bleiben.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Wenn Bestellungen und Lieferungen automatisiert erfolgen, können wir unsere Lager und damit unser Kapital viel effizienter einsetzen. Im Gegenzug können die Hersteller ihre Produktion besser planen. Ein wichtiges Ziel ist dabei, unseren Forecast zu verbessern. Nur so werden die Prozesse schneller und schlanker abgewickelt.

Können Sie den Anteil des E-Commerce am Handelsgeschäft quantifizieren?

Rund 30 Prozent unseres Umsatzes haben wir 2023 über E-Commerce gemacht. Mehr als 53 Prozent aller Transaktionen wurden bereits digital abgewickelt, ohne dass eine Person tätig werden musste. In der Schweiz waren es mehr als 80 Prozent, das ist der Benchmark. Ich schätze, dass wir dort zukünftig rund 90 Prozent unserer firmeninternen Abläufe digital abbilden werden, also Verkauf, Abwicklung und Planung. Dadurch bekommt der Vertrieb die Hände frei, Kundenbeziehungen zu pflegen oder neue Produkte einzuführen. Und um aussichtsreiche Märkte zu beobachten, die für uns künftig wichtig werden.

Das Interview führte Heiko Schwarzburger.

Hauptquartier von Baywa r.e. Solar Trade in Tübingen.

Foto: Baywa r.e.

Hauptquartier von Baywa r.e. Solar Trade in Tübingen.
Die Logistik der wachsenden Warenströme ist eine Herausforderung für die Großhändler.

Foto: Baywa r.e.

Die Logistik der wachsenden Warenströme ist eine Herausforderung für die Großhändler.

Krannich Solar

Neue Niederlassungen in Kroatien und Slowenien

Krannich Solar eröffnet zwei neue Niederlassungen und baut damit sein globales Geschäft weiter aus. In Kroatien und Slowenien entstanden neue Niederlassungen. „Noch ist der Photovoltaikmarkt in Kroatien überschaubar, doch wir sehen großes Potenzial“, sagt Mateo Markoc.

Er hat die Niederlassung aufgebaut und betreut mit seinem Team auch Kunden in Serbien sowie Bosnien und Herzegowina. „Die wichtigsten Stromlieferanten sind alte Wasserkraftwerke. Doch Wasserkraft kann den steigenden Bedarf nicht abdecken. Im Schnitt haben wir 2.600 Sonnenstunden im Jahr – perfekt für starken Ausbau der Solarenergie.“

Tomaž Repas, mit seinem Team zuständig für Slowenien, ist gleichfalls optimistisch: „Slowenien will bis 2033 aus der Kohle aussteigen und die erneuerbaren Energien stark ausbauen“, sagt er. „Um das zu erreichen, setzt die Regierung auf Förderprogramme etwa für Dachanlagen mit Speicher und Wärmepumpen.“

Beide Länder sind an den europäischen Webshop von Krannich Solar angebunden. Kunden vor Ort können auf das gesamte Portfolio zugreifen. „Wir beliefern Installateure, puffern etwaige Lieferschwierigkeiten oder Überangebot“, erläutert Jan Brunner, CSO von Krannich Solar. „Wir bieten Beratung, Support und Know-how.“

Seit 1995 ist Krannich Solar im Solarhandel tätig. Die Unternehmensgruppe beschäftigt weltweit über 1.200 Mitarbeiter.