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Preise

Weiter runter geht es kaum

Leistungsstarke Module sind im November 2024 erneut um rund einen Cent pro Watt gefallen. Der Solarhändler PVXchange meldete einen Preisrutsch um acht Prozent im Durchschnitt aller Leistungsklassen. „Der nochmals heftige Preisrutsch im November könnte der vorerst letzte dieser Art gewesen sein“, hofft Martin Schachinger von PVXchange. „Die Schmerzgrenze scheint erreicht, nein, sogar überschritten worden zu sein und alle Zeichen stehen auf Preiserholung.“

Denn jeder Cent wirkt sich angesichts der ohnehin niedrigen Preise besonders gravierend aus. Der fortschreitende Preisverfall schneidet tief ins Fleisch der Hersteller.

Alles muss raus!

Ihnen bleibt nichts übrig als mitzuspielen und auf bessere Tage zu hoffen. Sie werten die Überbestände ab, um den Verkauf anzukurbeln. Bloß nicht auf Altware sitzen bleiben, alles muss raus!

Dass diese Strategie nicht unbedingt aufgeht, zeigt das zurückliegende Jahr, das langsam ausläuft. Zwar wurden Komponenten und schlüsselfertige Anlagen preiswerter, doch die Nachfrage und die Abverkäufe zogen nicht nennenswert an. Nur bei den Solarparks gab es deutlichen Zuwachs, hier lösten die niedrigen Preise eine regelrechte Euphorie aus. Denn niedrige Preise bedeuten bessere Renditen.

Aktuell ist noch immer starke Zurückhaltung gerade im Segment der privaten Kleinanlagen zu erkennen. Die Unsicherheiten bezüglich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind groß, deshalb schieben die Haushalte ihre Investitionen auf.

Solarparks laufen prächtig

Stetig steigen eigentlich nur die Lebenshaltungskosten – auch bei abgeschwächter Inflation – sowie die Bearbeitungszeiten bei Verwaltungen und Behörden. Gerade bei mittleren bis großen Projekten ist der Planungsvorlauf oft immens. Personal und Material müssen vorfinanziert werden. Das Risiko liegt beim Projektierer, denn die Banken können mit Geschäftsmodellen jenseits der gesetzlich garantierten EEG-Vergütung noch nicht allzu viel anfangen.

Auch der Solarfachhändler EWS analysiert regelmäßig den monatlichen Zubau. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Zubau bei kleinen Anlagen im Oktober 2024 halbiert. Große Solarparks laufen sehr gut, Dachanlagen bleiben weit unter den Zielen der Bundesregierung.

Mit 1.366 Megawatt lag der gesamte Zubau im Oktober 2024 nach den Zahlen der Bundesnetzagentur zwar deutlich über dem September und dem August. Doch 810,337 Megawatt – also knapp 60 Prozent – waren größere Projekte von mehr als einem Megawatt Leistung, die voll ins Netz einspeisen.

Eigentlich unverständlich: Das Angebot an Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom war noch nie so attraktiv wie jetzt. Die Anlagen sind technisch ausgereift und arbeiten wirtschaftlicher als noch vor ein bis zwei Jahren, als die Preise für Solarkomponenten relativ hoch lagen.

Heute sind die Preise auf dem Tiefstand, versierte Fachhandwerker haben Kapazitäten frei für Neuaufträge. Denn ihre Auslastung liegt weit unter den Erwartungen. Das hat bei Installateuren und Händlern bereits zu massivem Abbau von Arbeitsplätzen geführt. Insbesondere der Zubau an kleinen und mittleren Anlagen liegt deutlich unter den Kapazitäten, die in den letzten Jahren aufgebaut wurden.

Unsicher und ungesund

Der Zubau bei privaten Anlagen bis zehn Kilowatt hat sich im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat fast halbiert. Sogar das Interesse an Steckersolaranlagen ist deutlich rückläufig. Zudem hinkt der Zubau bei den Solarspeichern. Er ging im Oktober gleichfalls zurück. Hier fehlt vor allem bei privaten und gewerblichen Anlagen die Bereitschaft, in Batteriesysteme zu investieren.

Die Lage ist unsicher und ungesund. Denn der Preisverfall ist auf Überkapazitäten im Reich der Mitte zurückzuführen. Die Hersteller von Solarmodulen und Leistungselektronik hatten ihre Werke massiv ausgebaut. Aufgrund der Wirtschaftskrise in China und der Zurückhaltung der Verbraucher in Europa brachen den chinesischen Anbietern der Heimatmarkt und der lukrativste Exportmarkt zugleich weg.

Außerdem haben die USA die Schotten dicht gemacht, Zölle auf chinesische Ware trieben die Preise dort in die Höhe. Den Chinesen blieb faktisch nur der Ausweg, Kapazitäten stillzulegen. Und ihre Überproduktion in Europa zu verschleudern.

Enorme Verluste angehäuft

Überleben können sie damit nicht. Bei den meisten chinesischen Herstellern herrscht Funkstille, was ihre Bilanzen betrifft. Longi ist eine rühmliche Ausnahme. Der Konzern ist an der Börse in Shanghai gelistet, muss also seine Zahlen melden.

Im ersten Halbjahr setzte das Unternehmen 5,03 Milliarden Euro um (38,529 Milliarden Yuan). Das ist ein herber Einschnitt, denn im Vorjahreszeitraum waren es noch 8,208 Milliarden Euro gewesen (64,652 Milliarden Yuan). Das waren seinerzeit 28,36 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022.

Nicht überraschend: Der brutale Preiskampf unter den chinesischen Modulherstellern wirkt sich desaströs aus. Der Umsatz von Longi brach im ersten Quartal um 39 Prozent ein. Immerhin hat der Modulhersteller eine Strategie, um den schrumpfenden Einnahmen zu begegnen: In der ersten Jahreshälfte wurde das bifaziale Solarmodul Himo 9 auf den Markt gebracht, dem die Konkurrenz wenig entgegensetzen kann.

Das Modul nutzt HPBC-2.0-Rückkontaktzellentechnologie (Hybrid Passivated Back Contact Cell Technology) und leistet 660 Watt. Die Zellen wurden aus den neuen Tairay-Siliziumwafern gefertigt, die Longi selbst herstellt. Die Manager von Longi stellen in Aussicht, dass die Produktionskapazität für monokristalline Siliziumwafer in den nächsten drei Jahren 200 Gigawatt erreicht, wovon mehr als 80 Prozent auf Tairay-Wafer entfallen.

Die jährliche Produktionskapazität von Zellen mit Rückkontakttechnologie wird 100 Gigawatt erreichen, die Produktionskapazität von monokristallinen Modulen 150 Gigawatt. Nun hofft Longi auf „schnelle Erholung der volatilen Situation auf dem globalen Photovoltaikmarkt“.

Alle Hoffnungen ruhen auf der Belebung der Märkte, und zwar weltweit. Diese Hoffnungen sind nicht unbegründet: Im ersten Halbjahr wurden allein in China rund 102,48 Gigawatt Solarleistung neu zugebaut, 30,68 Prozent mehr als im gesamten Vorjahr. Schon zwei Drittel aller neuen Kraftwerke in China sind Solarkraftwerke.

Bilanz in Schieflage

Chinas Modulexporte sind in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahr um fast 20 Prozent gestiegen. Europa blieb der größte Exportmarkt für chinesische Solarmodule, gefolgt von Pakistan, Indien und Saudi-Arabien. Longi konnte in Asien und im pazifischen Raum seinen Absatz um mehr als 140 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausbauen. Das dritte Quartal zeigte nur zögerliche Besserung.

Bis Ende Oktober hatte Longi 58,583 Milliarden Yuan umgesetzt, etwa 20 Milliarden Yuan mehr als im ersten Halbjahr. Der Nettoverlust erreichte allerdings 1.260 Milliarden Yuan, immerhin 167 Millionen Euro. Die Verlustkurve flachte ab, dennoch muss der Konzern gegensteuern. In der Verwaltung wurde mehr als ein Drittel der Kosten reduziert.

In Deutschland gibt es keine Modulhersteller vergleichbarer Größe. Gerüchte über geplante Gigafabriken für Solarmodule sind mittlerweile verstummt. Mit den aktuellen Preisen ist kein Stich zu gewinnen.

Die Schwierigkeiten bleiben jedoch nicht auf Module beschränkt, auch bei Wechselrichtern bestehen Überkapazitäten. Fronius und Kostal hatten ihre Produktionslinien ausgebaut, nun müssen sie sich hartem Preiskampf stellen. Denn die chinesischen Anbieter von Umrichtern haben dasselbe Problem wie ihre Kollegen aus der Modulbranche. Und sie verfolgen eine ähnliche Strategie: Sie drücken ihre Geräte mit Kampfpreisen in den europäischen Markt, in Rotterdam stapelt sich die Ware.

Schwemme bei Wechselrichtern

Europas größter Anbieter von Wechselrichtern ist SMA in Kassel. Mitte April 2023 waren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B 90/Grüne) und 100 weitere Gäste nach Niestetal gekommen, um die neue Gigafactory zu feiern. Damit will SMA seine Produktionskapazität von 21 Gigawatt auf 40 Gigawatt hochschrauben. Vor allem Leistungselektronik und Systemtechnik für solare Großkraftwerke, Großspeicher und Wasserstofftechnik werden dort ab 2025 gefertigt.

Diese Investition erwies sich als weise, denn das Marktsegment der Großanlagen brummt – und zwar global. Dagegen schwächelt die Nachfrage bei privaten Anlagen und im C&I-Segment der kommerziellen und industriellen Dachsysteme. Diese Wechselrichter wurden von den Händlern storniert, SMA musste größere Mengen abwerten und abschreiben. Das Unternehmen wird in diesem Jahr rund 1,5 Milliarden Euro umsetzen, mehrfach korrigierte das Management seine Prognosen nach unten.

Weltweit sollen rund 1.100 Stellen wegfallen, davon mehr als 650 in Niestetal. Die Frage wird sein, ob SMA in Zukunft überhaupt noch Wechselrichter für Heimanlagen oder gewerbliche Anlagen kleinerer Leistung baut. Dort ist das Gerangel besonders groß. Fronius und Kaco beispielsweise suchen den Ausweg aus der Krise gemeinsam: Der neue Gewerbeumrichter Argento von Fronius wird bei Kaco in Neckarsulm gefertigt.

SMA ist sehr stark – auch ertragsstark – im Großanlagenmarkt, neudeutsch: Utility. Deshalb kommt die neue Gigafactory zur richtigen Zeit. Zugleich baut das Unternehmen seine Tochtergesellschaft SMA Magnetics in Krakau in Polen aus. Dort entsteht bis Jahresende eine zweite Fabrikhalle für Drosselspulen und Transformatoren. Diese Induktivitäten sind für die Systemeffizienz der Leistungselektronik essenziell.

Wichtig ist ebenso die Qualität der Leiterplatten, die komplexer, leistungsstärker und kompakter werden. Zudem verdrängt Siliziumkarbid zunehmend Siliziumbauteile bei den Leistungstransistoren, sie erlauben höhere Temperaturen bis 120 Grad Celsius, kompaktere Geräte und bessere Effizienz. SMA baut derzeit in Niestetal eine neue Fertigung für Leiterplatten auf, rund 50 Jobs sind geplant.

Leid schlägt auf Großhändler durch

Das Leid der Produzenten schlägt bis auf die Großhändler durch. Denn der Preisverfall bedeutet, dass sie viel mehr Ware umschlagen müssen. Größere Warenströme bedeuten mehr Lagerfläche und komplexe Prozesse von der Bestellung über die Auslieferung bis zur Fakturierung der Ware.

Branchenprimus Baywa r.e. in Tübingen begegnet diesen Herausforderungen mit radikaler Rationalisierung und Digitalisierung. Weltweit hat Baywa r.e. 23 Tochtergesellschaften und neun Vertriebsbüros.

Die Zahl der Lagerstandorte wurde von 68 auf 48 reduziert, immerhin noch 320.000 Quadratmeter Fläche. „Wir werden die Lager weiter stark konzentrieren“, stellt Frank Jessel in Aussicht, CEO von Baywa Solar Trade in Tübingen. „Wir werden kleinere Standorte aufgeben und uns auf größere Hubs konzentrieren.“ Für Jessel ist „Profitabilität wichtiger als Größe“. 2023 verkaufte Baywa r.e. insgesamt zehn Gigawatt Solarmodule und Wechselrichter. „2024 werden wir mehr Module verkaufen“, meint der Manager. Bei Wechselrichtern stagniert der Absatz.

Allerdings konnte Baywa r.e. seinen Lagerbestand in diesem Jahr mehr als halbieren, also Ladenhüter massiv abbauen. Das entspannte den Druck auf die Bilanz. Mittlerweile werden die Modulbestände sechs Mal im Jahr komplett umgewälzt. Soll heißen: Alle zwei Monate kann der Händler Neuware zu aktuellen Preisen einkaufen.

Stichwort Digitalisierung: Baywa r.e. hat seine Webshops mittlerweile in 25 Ländern ausgerollt, weitere Investitionen sind geplant. Damit soll die Prozesskette verschlankt und durchgängig elektronisiert werden.

Gestandenen Solarhändlern wie Baywa r.e. machen nicht nur die chaotischen Preise Sorgen. Starker Wettbewerb kommt zunehmend von alteingesessenen Elektrogroßhändlern, die mittlerweile auch Komponenten für die Photovoltaik, Stromspeicher oder Wallboxen für E-Autos anbieten. Hinzu kommt der kleinteilige Internethandel, der sehr aggressive Preise anbietet, allerdings keinen Service oder kaum belastbare Garantien.

Schwerpunkt ist Europa

Schwerpunkt des Umsatzes von Baywa r.e. ist Europa, hier werden rund 80 Prozent des Umsatzes erzielt. Rund 20.000 Kunden stehen in den Karteien, davon etwa 4.000 allein in Deutschland. Derzeit baut Baywa r.e. in Rotterdam ein neues Importlager für Solarmodule, um die Warenströme aus Fernost aufzufangen und schnell in die Fläche zu den Kunden zu bringen.

In Zusammenarbeit mit Seacon werden 50.000 Quadratmeter erschlossen, in der Nähe eines Containerterminals. Zudem befindet sich in Tübingen ein Lager mit 10.000 Quadratmetern. Weitere Umschlagzentren befinden sich in Duisburg, Magdeburg und im niederländischen Venlo.

EWS baut neue Lagerhalle

Auch EWS in Handewitt an der dänischen Grenze verdichtet die Lagerkapazitäten. Dort befindet sich die siebente Halle im Bau. Seit Ende Mai kreiselten im Gewerbegebiet Kätnerland die Bagger, im November sollte das Vorhaben abgeschlossen und bezugsfertig sein.

Die neue Halle wird weitere 1.800 Quadratmeter bieten, ausreichend Platz für mehr als 700 Paletten mit Solarmodulen und etwa die gleiche Anzahl von Paletten für Stromspeicher. EWS erhöht auf diese Weise seine Lagerkapazität für Solarmodule um 35 Prozent und für Batteriespeicher um 25 Prozent.

Direktvertrieb ohne Umladung

Von Handewitt aus beliefert EWS alle seine Kunden aus dem installierenden Handwerk, die vor allem in Norddeutschland, Skandinavien und Benelux ansässig sind. Das neue Lager wird für den Direktvertrieb an die Fachhandwerker genutzt, ohne dass die Ware auf ihrem Weg zu den Kunden umgeladen werden muss. „Das neue Lager wurde so geplant, dass wir maximale Effizienz erreichen“, urteilt Jan Paul Dahm, Geschäftsführer von EWS. Die Halle 7 befindet sich unmittelbar an den anderen Hallen von EWS, denn kurze Wege sparen Geld und Zeit.

Die neue Halle kostete rund 1,5 Millionen Euro. Kai Lippert, Gründer und Geschäftsführer von EWS, sagt: „Mit dieser Investition geben wir ein Beispiel von Kontinuität – für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter.“

Letzte Bestellung bis 13. Dezember

Von Mitte Dezember bis Anfang Januar wird es keine Auslieferungen aus Handewitt geben. Vom 14. Dezember 2024 bis 2. Januar 2025 wird ein neues Warenwirtschaftssystem eingeführt. Wer Ware braucht, sollte sie bis spätestens 13. Dezember 2024 ordern. Dann kann sie bis 17. Dezember 2024 auf die Straße kommen. Spätere Bestellungen werden erst im neuen Jahr ausgeliefert.

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