Der Branchenverband der deutschen Elektroindustrie fordert, die erneuerbaren Energien stärker als bislang auszubauen. „Wir brauchen 300 oder 400 Prozent mehr erneuerbare Energien, weil der Stromverbrauch trotz Effizienzfortschritten durch die Elektrifizierung steigt“, sagte Gunther Kegel dem Tagesspiegel in Berlin. Kegel ist Präsident des Branchenverbands ZVEI.
Außerdem müssten Hemmschuhe entfernt werden, Genehmigungsverfahren sollten abgekürzt werden. „Auch der lokale Umweltschutz kann nicht über dem Klimaschutz stehen“, sagte Kegel. Weiter sei es notwendig, die Stromnetze zu modernisieren und auszubauen.
Klarer Fahrplan fehlt
Erst kürzlich hatte der ZVEI moniert, dass in der deutschen Politik ein klarer Fahrplan fehle, um die jüngst verschärften Klimaziele zu erreichen. „Den Klimazielen muss jetzt dringend die Festlegung entsprechender Umsetzungsmaßnahmen folgen“, urteilt Gunther Kegel. „Die Technologien haben wir, jetzt muss das Tempo angezogen werden. Die dringend nötigen Reformen müssen schnell beschlossen und umgesetzt werden. Sonst bleiben die Beschlüsse nichts weiter als leere Klimaversprechen.“
Dieser Aufgabe sei die Politik bisher zumeist ausgewichen. Das Mitte Mai angekündigte Sofortprogramm sei allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es werde aber nicht ausreichen, um wesentliche Veränderungen herbeizuführen.
Für den ZVEI steht die Gesellschaft vor einem gravierenden Wandel zur Elektrifizierung und Digitalisierung – zur All-Electric-Society. Kurzfristig müssten die nächsten Weichen gestellt werden.
EEG-Umlage abschaffen
Erstens: Klare Preissignale senden. Die Strompreise müssen gesenkt werden. „Das gesamte Dickicht aus Abgaben, Steuern und Umlagen muss auf den Prüfstand gestellt, die EEG-Umlage schnellstmöglich abgeschafft werden“, forderte Kegel. „Der CO2-Preis muss steigen und im besten Fall international – oder wenigstens innerhalb Europas – anerkannt sein.“
Sanierungsquote steigern
Zweitens: Gebäude müssen energiewendefähig werden. Sie bergen ein hohes Potenzial, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. „Um ihre Rolle innerhalb der All-Electric-Society gewinnbringend ausspielen zu können, muss die Sanierungsquote auf drei Prozent pro Jahr angehoben werden“, erklärte Kegel. Seit Jahren stagniert sie bei einem Prozent.
Deutlich mehr Ladepunkte für E-Autos
Drittens: Ladeinfrastruktur für E-Autos endlich stärker ausbauen. Denn auch die Verkehrswende ist elektrisch. Die kürzlich beschlossene Ladesäulenverordnung lähme den Ausbau, statt ihn zu beschleunigen. „Die Ladeinfrastruktur darf kein Flaschenhals bleiben“, sagte Kegel dazu. „Das Ziel, bis 2030 eine Million öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte in Deutschland zu haben, erreicht sich nicht von selbst. Mit knapp 40.000 Ladepunkten sind wir noch meilenweit vom Ziel entfernt.“ Die sechs Milliarden Euro, die die Bundesregierung zum Ausbau der Ladeinfrastruktur bis 2025 zur Verfügung stellt, müssten deshalb schnell investiert werden. (HS)
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