Steigt Deutschland wie geplant erst 2038 aus der Kohle aus, so addieren sich die künftigen CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken unter aktuellen Rahmenbedingungen auf fast zwei Milliarden Tonnen. Das wären 45 Prozent des deutschen CO2-Restbudgets. Dieser Anteil könnte sogar auf 74 Prozent steigen, sollte die Energiewende hierzulande ins Stocken geraten. Das hat das Analyseinstituts Energy Brainpool in einer Kurzanalyse im Auftrag der Genossenschaft Greenpeace Energy errechnet.
Der Weltklimarat der Vereinten Nationen, kurz IPCC, legt in seinem neuesten Bericht dar, dass schon ab 2020 weltweit nicht mehr als 400 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen dürfen. Nur dann ließe sich, lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent, eine Erderhitzung von mehr als 1,5 Grad noch abwenden. Deutschland dürfte entsprechend seines Anteils an der Weltbevölkerung – rund 1,1 Prozent – daher konservativ geschätzt maximal noch 4,4 Milliarden Tonnen des Klimagases emittieren, um dem globalen Klimaziel gerecht zu werden.
Restmengen der Kohlemeiler modelliert
Um herauszufinden, wie groß der Anteil der künftigen deutschen Kohleverstromung an diesen Restmengen ist, hat Energy Brainpool die Emissionen aller hiesigen Braun- und Steinkohlekraftwerke stundenscharf modelliert. Dabei haben die Experten den geltenden Abschaltfahrplan des deutschen Kohleausstiegs sowie den geplanten Ausbau Erneuerbarer Energien zugrunde gelegt. Zudem wurde eine langfristig gedämpfte CO2-Preisentwicklung auf etwas mehr als 40 Euro pro Tonne im Jahr 2038 angenommen.
Ergebnis: Die deutschen Kohlemeiler werden, nach aktuellem Ausstiegsfahrplan und ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen, allein zwischen 2022 und 2038 noch 1.989 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Davon stammt der Löwenanteil von 1.374 Millionen Tonnen aus der Erzeugung von Braunkohlestrom. Abseits der aktuell geltenden Rahmenbedingungen hat Energy Brainpool zwei Szenarien modelliert: Würde der zugrunde gelegte CO2-Preis auf mehr als 105 Euro pro Tonne verteuert, so dürfte sich der Anteil der Kohle-Emissionen an der deutschen CO2-Restmenge auf immerhin 39 Prozent verringern. „Hohe CO2-Preise leisten einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz, zumal sie noch indirekte Effekte wie zusätzliche Ökostrom-Investitionen nach sich ziehen, die wir hier nicht mit eingepreist haben“, sagt Fabian Huneke von Energy Brainpool.
Gefahr des zu geringen Ökostromausbaus
Allerdings warnt der Analyst mit Blick auf ein weiteres Modellszenario: „Besorgniserregend ist die Größe des negativen Effekts, wenn der Ausbau der Windenergie wie in den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau bleibt, gleichzeitig weniger Solaranlagen gebaut werden und zusätzlich der Kohleausstieg über 2038 verlängert werden würde.“ Dann würde der CO2-Ausstoß aus Kohlekraftwerken hierzulande auf 3.243 Tonnen anschwellen – und damit fast drei Viertel des noch vorhandenen deutschen Verschmutzungs-Restbudgets ausmachen. (nhp)
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