Resonac Graphite Austria hat sich auf die Herstellung von Graphitelektroden für Lichtbogenöfen spezialisiert. Das Unternehmen im oberösterreichischen Bad Goisern ist so Teil der Energiewende bei der Stahlerzeugung mit grünem Wasserstoff. Denn bei der Direktreduktion wird der Sauerstoff aus dem Eisenerz mit Wasserstoff herausgelöst. Produkte sind Wasser und Eisenschwamm. Dieser muss noch im Lichtbogenofen geschmolzen und zu Stahl werden.
Damit auch die Graphitelektroden in Zukunft ohne CO2-Ausstoß hergestellt werden, steigt Resonac sukzessive auf Ökostrom um. Die Nutzung von Solarstrom ist aber nicht so einfach.
Denn das Unternehmen will sich nicht mit der Stromproduktion beschäftigen. Deshalb hat der Wiener Projektierer Imwind zwei Solarparks mit einer Leistung von insgesamt 42 Megawatt errichtet – einen im Burgenland und einen in der Steiermark.
Das Unternehmen liefert den dort produzierten Sonnenstrom über 15 Jahre lang an Resonac. Die beiden Partner haben dazu einen entsprechenden Stromliefervertrag (Power Purchase Agreement – PPA) abgeschlossen. „Mit erfolgreichem Abschluss dieses PPA sichern wir uns langfristig saubere Energie zu günstigen Preisen in Österreich und sichern somit unseren Standort in Bad Goisern, an dem wir Graphitelektroden für die klimaneutrale Produktion von Stahl herstellen“, betont Dietmar Berger, Geschäftsführer von Resonac Graphite Austria.
Bilanzgruppe ist Schlüsselfaktor
Eugen Hofer, Werksleiter von Resonac in Bad Goisern, ergänzt: „Das Projekt zeigt, wie durch Industrie der Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung in Österreich forciert werden kann. An der Politik liegt es jetzt, diesem durch die geeigneten Rahmenbedingungen einen Schub zu geben.“ Neben einer Umstellung von der Einspeisetarifförderung auf eine Investitionsförderung seien vor allem einfachere Genehmigungsverfahren notwendig.
Eine ganz andere Hürde kennt Florian Stangl. Der Rechtsanwalt hat sich auf Energierecht spezialisiert und das PPA-Projekt von Imwind begleitet. Denn so einfach, wie sich die Stromlieferung aus solchen Offsite-PPA (siehe Kasten auf Seite 63) anhört, ist sie nicht. „Bei einem Offsite-PPA ist die Bilanzgruppe der Schlüsselfaktor“, weiß er aus der Erfahrung mit der Umsetzung dieses Projekts.
Denn die Stromlieferung wird über das Netz abgewickelt. Das Unternehmen, das den Solarstrom nutzt, braucht noch einen Stromlieferanten, der die Energie liefert, die nicht aus den Solarparks kommt.
Zugang zur Bilanzgruppe sichern
Dieser Stromlieferant verwaltet gleichzeitig den Zählpunkt und ist damit Bilanzgruppenverantwortlicher. „Hier kann es zu Interessenskonflikten kommen“, erklärt Florian Stangl. Wenn ein Erzeuger von Solarstrom einem Unternehmen Energie in eine Bilanzgruppe des eigentlichen Stromlieferanten hinzufügen will, muss der Bilanzgruppenverantwortliche dem zustimmen. „Derzeit gibt es kein durchsetzbares Recht eines PPA-Lieferanten auf Zugang zur Bilanzgruppe des Bilanzgruppenverantwortlichen“, sagt der Anwalt.
Mit Stromversorger gütlich einigen
Das bedeutet konkret, wenn ein Stromversorger sein Geschäft vor Fremdlieferungen über PPA schützen will, kann er das ohne Weiteres tun, wenn er die PPA-Strommengen nicht in seine Bilanzgruppe aufnimmt.
Beim PPA zwischen Imwind und Resonac konnte eine gütliche Einigung mit dem Energieversorger erreicht werden. „Der Bilanzgruppenverantwortliche hat kooperiert. Wir haben mit dem Abnehmer einen zusätzlichen Bilanzdienstleistungsvertrag abgeschlossen und der Energieversorger hat zugesagt, die Solarstrommengen aus dem PPA in seine Bilanzgruppe aufzunehmen und diese dem Abnehmer zuzuweisen“, beschreibt Florian Stangl einen Ausweg aus einer solchen Situation.
Strenge Kriterien für Direktleitung
Doch Tücken existieren nicht nur bei den Offsite-PPA, sondern auch bei den Onsite-PPA, also wenn die Solaranlage auf dem Dach oder in direkter Nachbarschaft zum Unternehmen steht. Eine Nutzung des Netzes ist nicht notwendig, da der Strom über eine Direktleitung geliefert wird.
Solche Projekte firmierten bisher als Liefercontracting, bei dem der Betreiber der Solaranlage den Gewerbebetrieb beliefert und den überschüssigen Strom über den Zählpunkt des Kunden ins Netz einspeist und verkauft. „Diese Konstruktion ist aber mit Rechtsunsicherheiten verbunden. Denn das höchste Gericht in Österreich für solche Fälle, der Verwaltungsgerichtshof, hat sehr strenge Kriterien an die Direktleitung angelegt“, weiß Florian Stangl.
Direktleitung von Netz trennen
Tatsächlich hat der Verwaltungsgerichtshof in Wien in einem Verfahren zwischen einem Solaranlagenbetreiber und einem steirischen Netzbetreiber schon im Jahr 2008 die Direktleitung einigermaßen streng definiert.
Demnach transportiert auf Basis des immer noch gültigen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) die Direktleitung den Strom von einer einzelnen Erzeugungsanlage zu einem einzelnen Kunden, der diesen Strom dort verbraucht.
Regeln müssen besser werden
Damit ist die Direktleitung zulässig. Allerdings muss sie physisch vom Netzanschluss getrennt sein. Andernfalls diene die Leitung nicht mehr zur direkten Versorgung des Kunden. Das sei nur möglich, wenn kein direkter Stromaustausch zwischen dieser Direktleitung und dem Netz möglich ist.
Außerdem sei eine direkte Kundenversorgung nicht mehr gegeben, wenn ein Teil des Stroms direkt ins Netz eingespeist werde. „Ich habe schon Projekte betreut, bei denen der Netzbetreiber solche strengen Kriterien an die Direktleitung angelegt hat und die schon in einem frühen Stadium gescheitert sind“, erinnert sich Florian Stangl.
Er fordert den Gesetzgeber auf, die Regeln dringend zu ändern. Dies könnte mit der Verabschiedung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (EWG) geschehen, an dessen Erstellung die Bundesregierung derzeit arbeitet.
Denn die Onsite-PPA haben viele Vorteile. Sie versorgen die Unternehmen mit Solarstrom, ohne das Netz zu belasten. Für die Unternehmen ist diese Variante von Vorteil, da sie keine Netzkosten haben und auch von anderen Abgaben befreit sind, wenn sie den Sonnenstrom direkt vor Ort nutzen.
Enery Developement
Power Purchase Agreement (PPA): Modelle und Risikomanagement
Für die Projektierer und Anlagenbetreiber, aber auch für die Gewerbe- und Industriekunden gibt es mehrere Möglichkeiten einer direkten Stromlieferung über ein PPA. Rudolf Plasil, Geschäftsführer von Enery Österreich, hat diese auf dem diesjährigen Photovoltaikkongress von PV Austria in Wien umrissen.
Das erste Modell ist der Bau einer Solaranlage auf dem gepachteten Dach eines Gewerbebetriebs. Dieser Betrieb kauft den Strom und verbraucht ihn direkt am Standort. Hier ist es für die PPA-Anbieter essenziell, dass der Gewerbebetrieb über die gesamte Laufzeit existiert.
Eine solche Solaranlage kann auch auf einer Fläche in der Nähe des Gewerbebetriebs errichtet werden. Voraussetzung ist, dass eine direkte Leitung zum Stromabnehmer verlegt wird.
Diese beiden Modelle sind komplett ohne Nutzung des Netzes möglich, mit entsprechenden Vorteilen. Außerdem handelt es sich hier um sogenannte Onsite-PPA, da die Erzeugungsanlagen direkt auf oder in der Nähe des Abnehmers gebaut werden.
Zusätzlich gibt es noch Offsite-PPA. Dabei wird die Solaranlage in großer Entfernung zum Stromabnehmer gebaut und der Solarstrom bilanziell direkt verbraucht. Er wird am Produktionsstandort ins Netz eingespeist und die Strommengen, die der Abnehmer zum gleichen Zeitpunkt verbraucht, werden entsprechend zugeordnet. Dies funktioniert also nur über die Nutzung des Netzes, was entsprechende Netzentgelte nach sich zieht. Dennoch können sich Gewerbe- oder Industriebetriebe auf diese Weise stabile Strompreise sichern.
Für beide Seiten ist das PPA eine Frage der Risikoabwägung. Für den Projektierer steht das Kreditrisiko im Raum. „Wenn dieser ein Projekt baut, braucht er in der Regel eine Bank oder einen Fremdkapitalgeber“, erklärt Rudolf Plasil. „Diese verlangen eine Struktur für die Refinanzierung. Mit einer Förderung ist diese klar geregelt. Es ist aber eine andere Riskobetrachtung, wenn der Strom über viele Jahre an einen konkreten Abnehmer geliefert wird. Dieses Kreditrisiko muss er vorher mit der Bank besprechen.“
Dazu kommt noch das Profilrisiko. Hier geht es darum, was der Anlagenbetreiber seinem Kunden liefern muss und ob diese Strommengen mit der Produktion der Solaranlage abgedeckt werden können. Dies kann dann zu einem Preisrisiko führen, wenn Strommengen, die nicht wie vereinbart aus der Solaranlage geliefert werden können, am Markt eingekauft werden müssen. Außerdem entsteht dann noch ein Liquiditätsrisiko. „Dabei ist nicht Geld gemeint, sondern das sind die Strommengen, die der Anlagenbetreiber seinem Abnehmer versprochen hat und die über das hinausgehen, was er produziert und auch liefern kann. Muss er Strommengen dazukaufen, fallen Ausgleichskosten an, die vorher beim Abschluss des PPA vereinbart werden müssen“, sagt Rudolf Plasil.
Das hängt wiederum davon ab, wie das PPA ausgestaltet ist. Bei sogenannten Pay-as-produced-PPA müssen nur dann Strommengen geliefert werden, wenn die Anlage sie auch produziert. Das Ausgleichsrisiko liegt vollständig beim Abnehmer. Bei der Lieferung eines vordefinierten Profils kann es dazu kommen, dass der Anlagenbetreiber Ausgleichsenergie besorgen muss, wenn es zu leichten Abweichungen in der Erzeugungskurve der Anlage im Vergleich zur Prognose kommt. Das Risiko der Ausgleichsenergiekosten liegt hier bei beiden Parteien.
Beim All-day-peak-load-PPA muss die Solaranlage nur eine vorher definierte Strommenge zu bestimmten Zeiten liefern. Dann kann es auch in Randzeiten zu Abweichungen kommen, wodurch Ausgleichsenergie notwendig werden kann. Das volle Risiko der Ausgleichsenergiekosten liegt beim Anlagenbetreiber, aber nur dann, wenn er mit seinem Abnehmer eine Grundlastlieferung vereinbart. All diese Risiken müssen vor dem Abschluss des PPA geklärt und abgeschätzt werden. Denn sie müssen sich beim Preis für die gelieferten Strommengen niederschlagen.