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Schweiz

40 Prozent, vier Jahre in Folge

Die offizielle Solarstatistik der Schweiz für das Jahr 2023 erscheint erst Anfang Juli. Dennoch gibt es schon Schätzungen für den Schweizer Solarausbau. „Wir gehen davon aus, dass es 2023 ein Marktwachstum von rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr gab – das vierte Jahr in Folge mit 40 oder mehr Prozent Wachstum, sagt David Stickelberger, Leiter Markt und Politik beim Branchenverband Swissolar. Vermutlich verzeichneten gewerbliche Anlagen ein stärkeres Wachstum als solche auf Einfamilienhäusern. Auslöser dafür waren in vielen Fällen die rasant gestiegenen Strompreise um den Faktor 3 bis 4 für Kunden auf dem freien Strommarkt. Dieser gilt in der Schweiz ab 100 Megawattstunden Jahresverbrauch.

Der Solarzubau im vergangenen Jahr erreichte damit 1,5 Gigawatt. „Das ist ein neuer Schweizer Rekord“, freut sich auch Thomas Nordmann, CEO und Gründer von TNC Consulting. Die Daten nimmt er aus den Swiss-Energy-Charts aus der Rubrik installierte Leistung. Insgesamt kommt die Schweiz damit auf rund 6,2 Gigawatt installierter Leistung. Der Ökostromanteil liegt dann bei rund zehn Prozent. Um das mit dem deutschen Markt zu vergleichen, müsse man es um den Faktor 10 skalieren. Damit liegen die Eidgenossen nicht weit hinter unserem Zubau von rund 82 Gigawatt Ende 2023.

Solarexpress stößt auf Ablehnung

Ebenfalls unterstützend waren Contracting-Modelle mit einem langjährigen Stromliefervertrag mit dem Gebäudebesitzer. „Attraktiv waren auch für viele Anlagenbesitzer in allen Kategorien die hohen Abnahmevergütungen für den ins Netz eingespeisten Strom“, erklärt Stickelberger. Die Höhe dieser Vergütung ist bisher nicht einheitlich geregelt und unterscheidet sich stark zwischen den rund 650 Verteilnetzbetreibern.

Für viel Aufregung sorgten jedoch die geplanten Großanlagen im Gebirge, die teils auf Ablehnung bei der lokalen Bevölkerung stießen. Diese sollen im Rahmen eines Sondergesetzes, des sogenannten Solarexpresses, mit sehr engen Fristen erstellt werden. Das bedeutete jedoch auch technisch eine große Herausforderung.

Kapazitätsengpässe bei Stromnetzen

Wo gibt es derzeit also die stärksten Hindernisse für den Zubau? Insbesondere in ländlichen Gebieten gebe es Kapazitätsengpässe bei den Stromnetzen – und die Verteilnetzbetreiber können nicht rasch genug ausbauen, berichtet der stellvertretende Swissolar-Chef. Dies führt zu langen Wartefristen beim Anschluss oder aber zu einer Begrenzung der Anlagenleistung.

Reduziert haben sich hingegen die Wartefristen infolge von Engpässen bei den Solarteuren: „Swissolar konnte fast 300 neue Mitglieder im vergangenen Jahr begrüßen“, sagt Stickelberger. Der Fachkräftebedarf bleibt jedoch eine Herausforderung. Es werden laut einer ersten Verbandsschätzung mindestens 1.000 zusätzliche Vollzeitstellen benötigt. Swissolar freut sich deshalb über jeden neu geschlossenen Lehrvertrag.

Das Land wartet voller Spannung auf die Volksabstimmung zum Stromgesetz am 9. Juni (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe). Die meisten von Swissolar geforderten regulatorischen Mängel sind im neuen Stromgesetz zumindest ansatzweise behoben.

Volksabstimmung zum Stromgesetz

Zu nennen sind: die einheitliche Regelung der Abnahmevergütung, die Pflicht der Verteilnetzbetreiber, einen bestimmten Anteil Strom aus einheimischen erneuerbaren Energien zu verkaufen, zudem Vereinfachungen bei der Finanzierung von Anschlussleitungen und Netzverstärkungen sowie die Einführung der gleitenden Marktprämie für Großanlagen.

Auch eine Folgeregelung für den Solarexpress ist darin vorgesehen. Die vorgeschlagene Umsetzung auf Verordnungsebene sei allerdings in einigen Bereichen noch verbesserungsbedürftig, sagt Stickelberger. Immerhin legt das Stromgesetz eine jährliche Solarstromproduktion im Jahr 2035 von 35 Terawattstunden fest. Bis 2050 soll es 45 Terawattstunden aus Sonnenstrom geben.

Die Bundesverwaltung arbeitet jedoch schon an der Ausarbeitung der entsprechenden Verordnung. Ziel sei es, diese zusammen mit dem Gesetz bereits zum größten Teil im Januar 2025 in Kraft zu setzen, berichtet Solarexperte Nordmann. Dazu zählen regulatorische Maßnahmen, wie beispielsweise die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens von Elektroautos sowie die Rückvergütung des Netzentgelts bei Wiedereinspeisung. Das Netzentgelt entspricht heute etwa 40 Prozent des Strompreises. Bis jetzt seien elektrische Batterien wirtschaftlich nicht sinnvoll, da jeder Nutzer sie zweimal bezahlen müsse, berichtet Nordmann aus der Praxis.

Lokaler Eigenverbrauch wird gestärkt

Vor allem aber sollen die neuen, erweiterten Quartierstrommodelle helfen, die virtuellen Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch zu forcieren. Gerade das Instrument der lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) wird den Bau großer Solaranlagen deutlich attraktiver machen, weil der Strom im Quartier verkauft werden kann. „Wir erhoffen uns, dass dadurch der Ausbaubedarf bei den Stromnetzen reduziert wird“, erklärt er. Voraussetzung sei jedoch, dass die LEG-Regulierungen attraktiv genug sind. Das gelte insbesondere für die Reduktion des Netznutzungsentgelts, die im aktuellen Verordnungsentwurf mit nur 30 Prozent angesetzt ist, was aus Sicht von ­Swissolar nicht ausreicht.

Die LEG sind dabei die Weiterentwicklung der ZEV, sprich der Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch. Eigentlich könne so im Quartier die Netz­ebene 6 und 7 als eigenständige Einheit betrieben werden, erklärt Nordmann. „Der Stromaustausch zwischen Produktion und Verbraucher ist dann ohne Netzentgelt möglich beim entsprechenden Zusammenschluss.“ Er erwartet, dass rund um ZEV und LEG eine Vielzahl von neuen Geschäftsmodellen entstehen wird.

Rollende Speicher als Option

Chancen sieht Nordmann auch bei den rollenden Speichern der Elektromobilität. Ein Beispiel: Pro Wohneinheit werden vier bis acht Kilowattstunden für den ganzen Tag mit 24 Stunden benötigt, um damit die Wärmepumpe einer Wohneinheit im Winter zu betreiben. Die Batterie in einem Tesla verfügt über 75 Kilowattstunden und ermöglicht eine Fahrt über 400 Kilometer. Im Schnitt werden jedoch nur 20 bis 30 Kilometer am Tag gebraucht. Nordmann sieht die Entwicklung klar vor sich: „Die Ladestationen werden vermehrt auf Parkplätzen von Arbeitnehmern entstehen, da die Ladung vorzugsweise tagsüber erfolgen soll.“

Batteriespeicher sind auch in der Schweiz wichtig. Jedoch nicht so sehr wie in Deutschland, weil die Eidgenossen große Wasserkraftwerke als Speicher nutzen können. Diese verfügen über eine gespeicherte maximale Energie von etwa acht Terawattstunden. „Allein damit könnte man die Schweiz elektrisch auch im Winter für 2,5 Monate versorgen“, sagt Nordmann.

Jede zweite Solaranlage mit Speicher

Die kleineren Batteriespeicher seien jedoch eine willkommene Ergänzung der Pumpspeicher mit kleinerer Kapazität. „Es geht hier um die Verschiebung von Produktion und Last um 12 bis 48 Stunden“, sagt der Berater. Die Speicherkraftwerke sind und bleiben ein echter saisonaler Speicher.

Immerhin wird mehr als die Hälfte der neuen Solaranlagen auf Einfamilienhäusern heute mit einem Batteriespeicher kombiniert. Bei gewerblichen Anlagen sind Speicher hingehen bisher noch kaum ein Thema. Zumindest in diesem Bereich gibt es noch Luft nach oben.

Das denkmalgeschützte Bauernhaus von 1813 in Münsingen wurde mit Solar saniert.

Foto: Schweizer Solarpreis 2023

Das denkmalgeschützte Bauernhaus von 1813 in Münsingen wurde mit Solar saniert.
Mit Gottes Segen: die Marienkirche von Mollis nun mit Solardach.

Foto: Baggenstos, Schweizer Solarpreis 2023

Mit Gottes Segen: die Marienkirche von Mollis nun mit Solardach.

Energie 360 Grad

400 Liegenschaften bekommen E-Ladesäulen

Der Schweizer Energiedienstleister 360 Grad hat den Zuschlag bekommen, für die Immobilien der Swiss Finance & Property Group (SFP) die Ladeinfrastruktur für Elektroautos zu errichten und zu betreiben. Die SFP hat immerhin rund 400 Liegenschaften in der ganzen Schweiz im Portfolio. Diese sollen alle mit Ladepunkten ausgestattet werden. Damit reagiert die SFP auf die gestiegene Nachfrage ihrer Mieter nach Elektroautos. Die Ladeinfrastruktur soll etappenweise und in Abhängigkeit der objektspezifischen Nachfrage sowohl in den Wohn- als auch in den Gewerbeimmobilien in der ganzen Schweiz errichtet werden.

Mit dem Zuschlag übernimmt Energie 360 Grad die Planung, die Lieferung, die Installation und den laufenden Betrieb inklusive Abrechnung und Wartung aller AC-Ladestationen in den SFP-Immobilien. Die ersten Stromtankstellen werden in Lyss, Kanton Bern, Winterthur und in der Stadt Zürich errichtet. In der ersten Ausbauphase bis 2028 investiert Energie 360 Grad vier Millionen Franken für den Bau der Ladepunkte.

Foto: 360Grad

Meyer Burger

Infomaniak stärkt solare Eigenversorgung

Die Schweizer Firma Infomaniak stellt Cloud-Dienste und Datencenter bereit. Damit erzielte sie 2023 einen Umsatz von 43 Millionen Franken, 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Um ihre Energiebasis zu stärken, wurden nun zwei Solarkraftwerke mit insgesamt 420 Kilowatt in Betrieb genommen. 1.085 Solarmodule wurden von Meyer Burger in Freiberg gefertigt und in die Schweiz geliefert. Die Solaranlagen decken rund 55 Prozent des Strombedarfs eines Datacenters ab. Noch für 2024 ist ein drittes Solarkraftwerk mit 364 Modulen und 130 Kilowatt Leistung geplant. Bis 2030 will Infomaniak die Hälfte des Strombedarfs selbst erzeugen.

Die jüngst installierten 420 Kilowatt decken bis zu sieben Prozent des gesamten Strombedarfs im Unternehmen. Die Solarenergie wird sofort verbraucht, ohne das Netz zu nutzen. Für Infomaniak war wichtig, dass der CO2-Abdruck der Module mit 478 Kilogramm pro Kilowatt deutlich niedriger ist als bei Solarmodulen aus Asien – 750 Kilogramm pro Kilowatt. Dass die Module rund ein Drittel weniger Kohlendioxid emittieren, ist vor allem auf kurze Wege von der Fabrik zum Kunden und Ökostrom in der Fertigung zurückzuführen. Die Wechselrichter stammen von SMA. Nach Berechnungen von Infomaniak hat sich die Investition innerhalb von zwölf Jahren amortisiert. Experten gehen davon aus, dass die Investitionen in Cloudsysteme 2024 weltweit um 20 Prozent steigen. 2023 stieg der Stromverbrauch der Branche um fast 16 Prozent.

Foto: Infomaniak

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