Wie Ende Oktober bekannt wurde, wollen die Beamten im Bundeswirtschaftsministerium, die zusätzlichen Erlöse aus den Photovoltaikanlagen aufgrund der gestiegenen Strompreise von den Anlagenbetreibern einkassieren. Sie wollen die Erlöse von Ökostromanlagen oberhalb des jeweils um drei Cent erhöhten anzulegenden EEG-Förderwertes nahezu vollständig abschöpfen. Dies könnte sich als eine ungewollte Investitionsbremse in Milliardenhöhe entpuppen, warnt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar). Er stützt sich dabei auf eine Umfrage in der Solarbranche aus der vergangenen Woche, die diese Befürchtung untermauert.
EU-Spielräume vollständig nutzen
Denn in dieser haben drei Viertel der befragten Unternehmer mitgeteilt, Neuinvestitionen im Falle einer Erlösabschöpfung reduzieren oder verschieben zu wollen. BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig appelliert deshalb an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, das Vorhaben fallen zu lassen und Spielräume der EU vollständig im Sinne der Energiewende zu nutzen. Es bedürfe eines Solarboosters und keiner Solarbremse.
Solarparks stehen auf der Kippe
Die stärkste Bremswirkung wird es dann bei den Neuinvestitionen in besonders knapp kalkulierten förderfreien Solarprojekten geben, sollte es zu einer Erlösabschöpfung kommen. So rechnen immerhin 45 Prozent der befragten Unternehmen mit einer Unwirtschaftlichkeit aller dieser Solarprojekte. Mit 92 Prozent erwarten fast alle Umfrageteilnehmer, dass zumindest einige neue Solarprojekte unwirtschaftlich werden dürften.
Neuinvestoren werden verschreckt
Ob diese Erlösabschöpfung tatsächlich rückwirkend zum 1. September 2022 und weit ins nächste Jahr – voraussichtlich differenziert nach Technologien – Realität wird, ist noch offen. Schließlich ist dies mit geltendem Recht nicht vereinbar. Doch selbst die Abschöpfung der Gewinne ab Inkrafttreten einer solchen Regelung würde die Investitionsbereitschaft drastisch verringern – mit erheblichen Auswirkungen auf die weitere Abhängigkeit der Energieversorgung von diversen Autokratien dieser Welt. „Mit der ursprünglich intendierten Abschöpfung von ,Zufallsgewinnen‘ haben diese Pläne nichts mehr zu tun“, kritisert Carsten Körnig. „Es handelt sich vielmehr um massive Eingriffe in die Erlösstrukturen der Energiewende. Sie würden Neuinvestoren verschrecken und auch wegen der Ungleichbehandlung erneuerbarer Energien gegenüber anderen Energieträgern klar gegen geltendes EU- und Verfassungsrecht verstoßen.
Preisgefüge wird ignoriert
So ignorierten die Pläne der Beamten im Bundeswirtschaftsministerium die erheblichen Kostensteigerungen, mit der auch die Solarwirtschaft derzeit zu kämpfen habe, führt Körnig ins Feld. Immerhin seien die Kosten von Investitionen in neue Solarparks gegenüber 2020 um etwa 60 bis 65 Prozent gestiegen. Kostentreiber sei das weiter steigende Zinsniveau, steigende Arbeits- und Komponentenkosten. Neben dem Solarsystem habe sich auch seine Stromnetzanbindung deutlich verteuert.
100 Milliarden Euro an Investitionen notwendig
Damit steht auch das erst in diesem Sommer von der Bundesregierung beschlossene Klimaschutzziel. In Deutschland soll die installierte Photovoltaikleistung bis zum Jahr 2030 mehr als verdreifacht werden. Nach Berechnungen des BSW Solar sind dafür in den kommenden acht Jahren Investitionen von weit über 100 Milliarden Euro in die Errichtung neuer Solarstromanlagen auf Gebäuden und Freiflächen erforderlich. „Diese Investitionen werden überwiegend von der Wirtschaft zu tragen sein. Sie werden im gewünschten Umfang nur dann fließen können, wenn jetzt schnell weitere Marktbarrieren abgebaut und Energiewendeinvestitionen attraktiver werden. Nicht aber, wenn unverhältnismäßig Erlöse abgeschöpft werden, die für Investitionen in neue Solarkraftwerke dringend benötigt werden“, sagt Carsten Körnig. (su)
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