Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass die Installationszahlen zumindest in Deutschland nach dem 31. März stark nach unten gehen werden. Die Verfügbarkeit bei Standardmodulen ist schlecht, sowohl bei poly- als auch bei monokristallinen Modulen stagnieren die Preise seit Jahresanfang weitestgehend, zugesagte Lieferungen aus Asien werden von den Herstellern verschoben oder ganz aufgekündigt. Durch die jetzt monatlichen Vergütungsabsenkungen sehen wir einen regelrechten Run auf die wenigen, kurzfristig verfügbaren Modulkontingente. Immer am Monatsende ist dann das Bangen groß, ob die dringend benötigten Komponenten noch rechtzeitig angeliefert werden oder nicht. Wird die Deadline gerissen, drohen den Installateuren empfindliche Vertragsstrafen und den Betreibern große Renditeverluste. Doch die Modulproduzenten sehen dem ganzen Treiben gelassen entgegen.
Der Markt gerät in Aufruhr
Es scheint immer das gleiche Spiel zu sein – der ewige Schweinezyklus. Zunächst entwickelt sich der Photovoltaik-Markt gut, die Zubauzahlen erreichen beinahe das Maß, welches für das Einhalten der selbst auferlegten Klimaziele und eine gesunde Branche notwendig wäre. Dann ermittelt irgendein Institut eine Überförderung und sofort werden drastische Kürzungsmaßnahmen beschlossen. Der Markt gerät in Aufruhr und ein Hauen und Stechen um die letzten verfügbaren und erschwinglichen Lagerbestände beginnt. Nachschub lässt auf sich warten und ist in der Regel nicht mehr zu Konditionen erhältlich, die Neuinstallationen noch wirtschaftlich machen. Da aber Deutschland und Europa nicht mehr der Nabel der Solarwelt sind, warten die internationalen Zell- und Modulhersteller erst einmal ab, wie sich die Marktsituation entwickelt. Man fokussiert sich lieber auf Märkte, die weniger volatil sind und in denen eventuell sogar bessere Margen zu erzielen sind.
Manche Modultypen erst wieder im Juni oder Juli lieferbar
Wenn der Leidensdruck in Europa erst einmal groß genug ist und die Errichter bereit sind, überhöhte Preise zu bezahlen und auf Rendite zu verzichten, um überhaupt noch tätig werden zu können, dann wird wieder bereitwillig geliefert. So scheinen es sich zumindest einige der Top-Hersteller als kurzfristige Strategie ausgedacht zu haben. Manche Modultypen sind angeblich erst wieder im Juni oder Juli zuverlässig verfügbar, weil die Produktionen bis dahin angeblich durch Vorbestellungen ausgelastet sind, so hört man es unter anderem von Canadian Solar, Jinko Solar, JA Solar und Suntech. Nur landen die bis dahin produzierten Module natürlich niemals alle auf dem europäischen Markt – im Gegenteil. Für Deutschland und Europa eingeplante Lieferungen werden abgezogen oder zurückgehalten, um asiatische Märkte oder Nord- und Südamerika bevorzugt bedienen zu können.
Auf diese Weise wird es uns in den kommenden Monaten vermutlich so ergehen, wie schon Mitte 2017, Ende 2015 und Anfang 2014, also etwa im 1,5-Jahres-Rhythmus: der Zubau wird erst einmal wieder stark zurückgehen.
Durch Degression und Sonderkürzungen wird die garantierte Einspeisevergütung im mittleren Anlagensegment so gering sein, dass sich rein EEG-finanzierte Anlagen bei gleichbleibenden bis steigenden Material- und Installationskosten nur noch schwer rechnen lassen. Die regulatorischen Hürden und vertraglichen Herausforderungen für Direktlieferungen in Form von Mieterstrommodellen oder PPA (Power Purchase Agreements) sind im Moment aber zu hoch, als dass sich vor allem kleinere EPC und Installateure heranwagen würden. Das Kleinanlagensegment wird den Wegfall der mittleren und größeren gewerblichen Anlagen nicht auffangen können und wirtschaftliche, technisch ausgereifte Großspeicher sind noch rar, der zu erwartende Auslastungsgrad zu gering.
Große Parks ohne Vergütung sind nicht die Blaupause für Post-EEG-Ära
Nun werden verstärkt Rufe nach der Abschaffung des EEG laut. Man erhofft sich eine Unabhängigkeit von politischen Strömungen beziehungsweise vermeintlichen Fehlentscheidungen. Es werden in den Medien die ersten Freiflächenanlagen gefeiert, die ganz ohne staatlich garantierte Vergütung auskommen. Doch sind diese Großanlagen schon eine Blaupause für das, was uns in der Post-EEG-Ära erwartet? Ich fürchte nein, denn wir stehen hier noch ganz am Anfang, die breit angelegte Realisierbarkeit solcher Konzepte betreffend. Es sind wichtige Leuchtturmprojekte, aber auch nicht mehr. Auf bestehenden Gebäuden, vor allem in kleineren Einheiten, sind EEG-unabhängige Photovoltaik-Anlagen bei der aktuellen Gesetzeslage und den Energiemarkt-Strukturen in Europa flächendeckend noch nicht umsetzbar.
Banken werden zögern
Ohne die Sicherheit einer staatlich garantierten Vergütung ist die Finanzierbarkeit mittlerer bis großer Anlagen nicht mehr gegeben. Banken werden einen Riesenbogen um alle Photovoltaik-Investitionen machen, bei denen die Rückführung des Darlehens allein durch die Bonität des Kunden abgesichert werden soll, insbesondere wenn die Anlage auf einem gewerblich genutzten Gebäude errichtet werden soll, dessen langfristige Nutzung nicht gesichert ist. Wie könnte also eine Alternative zum heutigen EEG aussehen? Soll in Zukunft alles über Ausschreibungen abgewickelt werden? Karl-Heinz Remmers, Chef der Solarpraxis AG, könnte sich das neben weiteren intelligenten Maßnahmen zur Marktunterstützung durchaus vorstellen, verriet er mir vor kurzem. Allerdings erwarte er von der Politik selbst in dieser Legislaturperiode nichts Substanzielles mehr zu diesem Thema.
Wir, die Erneuerbare-Energien-Spezialisten und Stakeholder, sollten möglichst viele intelligente Ideen und umsetzbare Konzepte einbringen, damit der Markt eben nicht schon wieder dauerhaft einbricht und die Verhinderer und Verzögerer eines schnellen Kohle- und Atomausstiegs recht bekommen. Aber die Umsetzung dieser Ideen wird Zeit kosten und schmerzhaft sein. Bis es soweit ist, lasst uns doch bitte am EEG festhalten, so lange es noch da ist und es nicht schlechtreden, so gering die Vergütung auch sein mag. Das EEG hat uns unsere Vergangenheit ermöglicht, sichert uns unsere Gegenwart und wird uns helfen, die Transformation in eine förderungsunabhängige Zukunft zu erleichtern.
Zur Person: Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Photovoltaik und regenerativen Energien. 2004 gründete er die Handelsplattform www.pvXchange.com für Solarkomponenten. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten.