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“Damit die Bürger investieren“

Was genau ist aus Ihrer Sicht ein Bürgersolarpark?

Josef Baur: Solarparks sind ein wichtiger Teil der Energiewende. Ohne den Ausbau der Freiflächenanlagen sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Umso wichtiger ist es da, dass die Anlagen eine hohe Akzeptanz und Verankerung vor Ort haben. Und genau dafür stehen aus meiner Sicht die Bürgersolarparks. Eine genaue Definition für Bürgersolarpark gibt es aber nicht. Sondern viele verschiedene Formen, wie sich Bürger an den Photovoltaikprojekten beteiligen können. Historisch betrachtet sind gerade in der Photovoltaik die meisten Kraftwerke direkt von Bürgern und Landwirten gebaut worden.

Gilt das nur für Anlagen auf dem Freiland?

Bei Dachanlagen unter 100 Kilowatt sind rund 80 Prozent unmittelbar in Bürgerhand. Solarparks sind oft größer – bis hin zu den Multimegawattanlagen auf alten Flugplätzen oder Militärflächen. Aber auch hier wurden und werden oft Beteiligungsmodelle umgesetzt. Bürgersolarparks stehen also für eine sehr breite Palette an Möglichkeiten, die Teilhabe der Bürger zu organisieren. Je nach Projekt und Standort können ganz unterschiedliche Ansätze greifen. Solarparks und Bürgerbeteiligung sind jedenfalls ideale Partner.

Wie können sich Bürger und Kommunen an der Wertschöpfung von Solarparks beteiligen?

Grundsätzlich ist zwischen der Entscheidungsbeteiligung und der Leistungsbeteiligung zu unterscheiden. Erstere betrifft die Partizipation von Anwohnern oder der Kommune an der Planung und den Entscheidungen. Die andere Ebene betrifft die Frage, ob auch eine finanzielle Teilhabe am Solarprojekt möglich ist. Wenn ja, können wir von einem Bürgersolarpark sprechen. Denn wer auch immer den Solarpark baut oder später betreibt, kann weitere Bürger als Geldgeber oder Miteigentümer einbinden.

So werden viele Bürger zu vielen Miteigentümern der Solaranlage …

Als Miteigentümer erhalten sie gegebenenfalls auch Mitsprache bei der Umsetzung, deshalb sprechen wir hier auch von einer aktiven Form der Beteiligung. Wenn sie hingegen beispielsweise über Nachrangdarlehen das Energieprojekt mitfinanzieren, ist die Beteiligung passiv. Aber auf beide Weisen werden Bürger und Kommunen an der Wertschöpfung beteiligt. Das heißt im Idealfall, dass sich die Menschen vor Ort über ihren Solarpark freuen können, wenn die Sonne scheint.

Welche Rolle spielen die verfügbaren Flächen? Gibt es regionale Unterschiede?

Die Art und Weise, wie die Beteiligung umgesetzt wird, ist nicht zuletzt auch eine Frage des Standorts. Denn je nach Region haben sich unterschiedliche Modelle der finanziellen Beteiligung durchgesetzt. Das sehen wir seit Jahren bei unserer Arbeit mit Projekten in ganz Deutschland. Kommanditgesellschaften werden beispielsweise gerne in Schleswig-Holstein und Niedersachsen angewandt. Genossenschaftsmodelle dominieren hingehen die Energieprojekte in Hessen und Rheinland-Pfalz. In Ostdeutschland wird häufig mit Nachrangdarlehen gearbeitet. Und in Bayern und Baden-Württemberg tauchen verschiedene Modelle auf. Zudem kann die lokale Wertschöpfung verschieden gestaltet sein. Natürlich geht es meist um die Ausschüttung von Gewinnen an den Stromerlösen. Aber es gibt auch Modelle, bei denen die Möglichkeit besteht, die Bürgerbeteiligung in Kombination mit günstigen Stromtarifen und lokalem Strom umzusetzen.

Erhöht eine Beteiligung der Anwohner die Akzeptanz von Solarparks?

Die Praxis zeigt, dass dem so ist. Wir haben seit 2012 deutschlandweit gemeinsam mit unseren Partnern über 320 Beteiligungsprojekte umgesetzt und stehen mit ihnen im engen Austausch. Daher wissen wir, dass Beteiligung auf jeden Fall hilfreich ist. Vor allem dann, wenn Beteiligung und Wertschöpfung für alle möglich sind, also auch mit kleineren Beträgen, sodass kein Riss durchs Dorf geht. Und die Menschen wollen sehen und spüren, dass Kapital in der Region bleibt.

Geht es ausschließlich um Akzeptanz?

Die Akzeptanz ist nicht das einzige Motiv, auf die Beteiligung von Bürgern zu setzen. Den Betreibern der Solarparks geht es oft auch um Image, um regionale Wertschöpfung, Wettbewerbsvorteile, die Kundenbindung oder die Beschaffung von Eigenkapital. Wir arbeiten mit verschiedenen Unternehmen zusammen: von der kleinen Energiegenossenschaft über Projektierer und Stadtwerke bis zu größeren Energieversorgern. Und wir sehen, dass Akzeptanz bei allen eine zentrale Rolle spielt, sich für eine Beteiligungsplattform zu entscheiden. Vor allem wenn Energieversorger oder Projektierer ein Projekt voranbringen wollen, die vor Ort weniger verwurzelt sind, ist das wichtig. Genossenschaften kommen hingegen meist direkt aus der Ortschaft. Dann ist die Akzeptanz oft nicht das Hauptziel, aber dennoch wichtig.

Wann ist der richtige Moment, um die Bürgerinnen und Bürger einzubinden?

Je früher, desto besser. Das ist klar, denn das schafft Transparenz. Aber für eine Einbindung der Bürger ist es nie zu spät. Wichtiger ist es aber, den ganzen Blumenstrauß an Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten und auf das vor Ort passende Modell zuzuschneiden. Gerade bei Solarparks sehen wir zwar grundsätzlich ein hohes Interesse, aber es gibt auch Orte, an denen Beteiligung gar nicht so nachgefragt wird. Deshalb kann es sich im Zweifel auch lohnen, eine frühzeitige Abfrage nach dem Beteiligungswunsch über eine qualifizierte Interessensbekundung zu machen. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht. Denn so wissen die Planer, aber auch die Kommune, wie groß das Interesse an einem Bürgersolarpark ist und welche Form der Beteiligung am besten zu den Gegebenheiten vor Ort passt.

Welche erfolgreichen Beispiele für Bürgersolarparks gibt es? Was hat dort gut geklappt?

Erfolgreiche Beispiele für Bürgerbeteiligung bei Solarparks findet man überall in Deutschland. Uns beeindruckt immer wieder die Energiegenossenschaft Inn-Salzach, die schon mehrere Solarprojekte umgesetzt hat. Darunter sind auch Anlagen mit rund zehn Megawatt, die über die Mitglieder finanziert wurden. Auch viele Energieversorger und Stadtwerke gehen den Weg zu Bürgersolarkraftwerken. So hat die Envia Mitteldeutsche Energie AG zusammen mit Partnern, darunter auch eine Energiegenossenschaft, eine Freiflächenanlage errichtet, bei der mehr als 100 Privatpersonen zwischen 500 und 10.000 Euro investierten. Sie profitieren nun von einem jährlichen Zins in Höhe von 2,5 Prozent.

Die Fragen stellte Fabian Zuber.

www.eueco.de

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