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“Stets fünf Megawatt auf Lager“

Greenrock Energy montiert Photovoltaikanlagen kostenlos auf die Dächer. Wie machen Sie das und was treibt Sie an?

Martin Kofler: Wir stellen unsere Anlagen kostenlos bereit, damit möglichst viele Menschen, Unternehmen, Landwirte und Kommunen die Möglichkeit erhalten, erneuerbare Energien zu produzieren und davon zu profitieren. Meine Firma verfolgt das Ziel, Photovoltaik wirklich flächendeckend in Deutschland aufzubauen. So wollen wir einen Teil zur Energiewende beitragen. Wir bieten unseren Kunden damit einen sehr niedrigschwelligen Zugang zu der Technologie an. Gleichzeitig erhalten sie entweder eine Dachsanierung oder Stromspeicher für ihren eigenen Verbrauch. Ich glaube fest an das große Potenzial dezentraler Stromversorgung. Das funktioniert, weil wir in Berlin zentral planen und mit einem Netzwerk von Solarteuren in ganz Deutschland zusammenarbeiten.

Sie sind schon fast zwei Jahrzehnte im Geschäft. Wie sind Sie damals zur Photovoltaik gekommen?

Ich komme aus Südtirol und wohne heute mit meiner Familie immer noch dort. Die Verbundenheit mit der Natur ist bei den Tirolern tief verwurzelt. Die Berge, Flüsse und Seen sind wunderschön und müssen uns erhalten bleiben. Der gelebte Umweltschutz ist ein elementares Anliegen. Als studierter Ingenieur habe ich lange Wasserkraftwerke für einen italienischen Hersteller geplant und gebaut. Klar, die Wasserkraft ist die älteste erneuerbare Energie, wir nutzen sie seit Jahrhunderten. Eines Tages habe ich den Vorschlag gemacht, kleinere Kraftwerke zu bauen und die Menschen daran zu beteiligen. Leider wollte meine damalige Firma nur große Kraftwerke realisieren. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich der Photovoltaik zugewandt.

Wann war das?

Etwa im Jahr 2000. In Italien wurde gerade das Solarfördergesetz Conto Energia eingeführt. Damals mussten wir noch viel erklären. Die Solarthermie war bekannt, die Photovoltaik aber noch nicht. 2005 haben wir die damals größte Dachanlage mit 900 Kilowatt Leistung eingeweiht. Es kam extra der damalige Energieminister aus Rom angereist. Wir haben einige große Projekte umgesetzt und konnten uns eine gute Reputation aufbauen. Leider wurde die Förderung in Italien dann von einem Tag auf den anderen eingestellt – wir mussten uns andere Märkte suchen. Wir haben dann einige Anlagen in England gebaut, bis die Förderung auch dort zurückgefahren wurde.

Dann haben Sie sich den deutschen Markt näher angeschaut?

So ist es. Mir war vorher nicht so bewusst, dass die Einspeisevergütung kontinuierlich über 20 Jahre plus dem Jahr der Installation gezahlt wird. Nach den Erfahrungen mit den Förderstopps in anderen Ländern war das ein ganz entscheidender Punkt. Wir arbeiten meist mit institutionellen Investoren zusammen, die mindestens drei Millionen Euro pro Investment investieren wollen. Wir haben uns von Anfang an auf große Dachanlagen spezialisiert, das Segment beherrschten wir. Also haben wir mehrere Anlagen gebündelt und sie als Paket den Investoren angeboten.

Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben 2016 eine UG als Testballon gegründet. Direkt in den ersten zwei Monaten haben wir 3,5 Megawatt gebaut und auch verkauft. Das war für uns der Beleg, dass der Markt funktioniert. Im südhessischen Heppenheim haben wir die ersten Mitarbeiter ins Boot geholt. 2017 wurde aus der Firma eine GmbH, auch weil wir die Umsätze verdreifachen konnten. Ein Jahr später wurde die GmbH in eine AG umgewandelt und der Hauptsitz nach Berlin verlegt.

Warum haben Sie sich für die Hauptstadt als Hauptstandort entschieden?

Berlin ist eine schöne Stadt, sehr international. Hier gibt es die Fachkräfte, die wir brauchen. Mittlerweile sind wir 30 Mitarbeiter, die wir fast alle zu Jahresbeginn eingestellt haben. Der Hauptgrund ist aber ein anderer. Wir hatten viele LPGs als Kunden, deshalb waren unsere Anlagen schwerpunktmäßig im Norden und Osten Deutschlands. Die Entscheidung fiel nach dem Motto: Man muss dahin gehen, wo die Musik spielt – oder eben die Projekte sind.

Warum haben Sie sich auf Dachanlagen spezialisiert?

Es ist nicht so, dass ich gegen Freiflächenanlagen bin, aber es entsteht immer automatisch eine Konkurrenz mit Ackerlandfläche, die ebenfalls benötigt wird. Dachflächen sind fast im Überfluss da – und sie werden meist nicht genutzt. Da sind die Prioritäten für mich ganz klar. Die Photovoltaikanlagen sind mittlerweile so schnell und einfach zu errichten. Man erzeugt saubere Energie und spart Geld. Das ist eine unschlagbare Kombination.

Haben Sie privat auch eine Solarstromanlage?

Selbstverständlich. Wir haben ein Aktiv-Plus-Haus in Südtirol und auf dem Dach eine Anlage mit zehn Kilowatt. Vor rund 18 Jahren waren wir damit eine Art Vorreiter.

Ihre Firma sucht größere Dachflächen ab 1.000 Quadratmetern Fläche. Warum?

Unser Schwerpunkt liegt auf Gewerbe- und Industriekunden. Wir bauen die Photovoltaikanlage mit Eigenkapital und vermieten sie an den Kunden für einen fixen Betrag. Zuvor gucken wir uns die monatliche Stromrechnung an und wie hoch der Verbrauch ist. Die Miete wird dann für 20 Jahre festgelegt. Der Kunde ist rechtlich der Besitzer der Anlage und erhält den Strom zu einem konstanten Tarif, der immer zehn Prozent unter dem aktuellen Tarif des Grundversorgers liegt. Er ist somit gegen einen steigenden Strompreis abgesichert. Der ganze Überbau braucht den Dachbesitzer nicht zu interessieren. Am Ende bieten wir ein Finanzprodukt für große Anleger, das ist unser Geschäft.

Ihre Kunden müssen gar nicht investieren?

Richtig, nur wir nehmen Geld in die Hand. Wir schließen einen Dachflächen-Nutzungsvertrag und speisen den erzeugten Strom ein. Wenn es nötig war, haben wir eine Dachsanierung angeboten. Alle Gebäude mit großen Stromverbrauchern sind potenzielle Kunden. Für unser Geschäftsmodell gilt: Je größer die Dachfläche, desto besser. Ist die Fläche kleiner, wird auch das Geschäft kleinteiliger. In naher Zukunft wollen wir uns aber auch verstärkt kleineren Dächern zuwenden – dieser Markt wird stark wachsen.

Wer baut Ihre Anlagen, wie arbeiten Sie mit Solarteuren zusammen?

Wir haben eigene Manager für jede Baustelle, die dort das Sagen haben. Aber natürlich nutzen wir auch die Arbeitskraft von Dritten, unter anderem von Solarteursbetrieben, um die Anlagen zu montieren. Und nicht nur die. Gerade bei alten LPG-Dächern muss das Asbest entsorgt werden, dann misst ein Fachmann die Statik. Für die Anlagen von Greenrock sollen auch unsere Qualitätsansprüche erfüllt werden. Dafür haben wir ein Partnernetzwerk, mit dem wir zusammenarbeiten. Und weil wir stark wachsen, suchen wir derzeit weitere neue Partnerbetriebe. Wir übernehmen zudem die Wartung und technische Betriebsführung.

Und Batteriespeicher verwenden Sie auch?

Wir verhandeln derzeit mit einem Hersteller. In einem Pilotprojekt in Thüringen haben wir 200 Kilowatt Batterieleistung aufgebaut. Die Photovoltaikanlage hat 750 Kilowatt und soll später auf 2,4 Megawatt ausgebaut werden. Sie steht bei einer Schweinemastanlage und soll den hohen Eigenverbrauch größtenteils decken.

Bei 750 Kilowatt liegt ja eine kritische Schwelle.

Ja, genau. Wir befinden uns in einer Zwischenphase zwischen EEG und PPA. Wir haben beim Projekt in Thüringen ein Mischmodell. In vier bis fünf Jahren wird die Anlage wegen des hohen Eigenverbrauchs amortisiert sein.

Wie kam es zur gemeinsamen Firmengründung mit Trina Solar?

Schnell und auch etwas unerwartet, würde ich sagen. Mitte 2018 haben wir uns in München getroffen und ich habe Trina unser Geschäft vorgestellt. Der Geschäftsführer Europa Gonzalo de la Viña war sofort interessiert, zwei Wochen später war die Greenrock-Trina GmbH gegründet. Mit Trina im Rücken haben wir nun ganz andere Möglichkeiten. Die Module sind qualitativ gut und der Konzern macht sechs Milliarden Umsatz im Jahr. Cashflow-Probleme hat die neue Gesellschaft daher nicht. Ich schätze Trina als einen verlässlichen und schnell handelnden Partner.

Müssen Sie auf Module warten?

Nein, wir haben ein Lager bei Potsdam, wo stets fünf Megawatt Modulleistung vorgehalten werden. Gehen mal 750 Kilowatt raus, kommen sofort 750 Kilowatt nach. Das ist komfortabel für uns.

Wie viele Projekte haben Sie bereits umgesetzt?

Wir haben bisher gut 30 Megawatt gebaut. Mit unserer Truppe in Berlin werden wir nun das Tempo deutlich anziehen. Unser Scouting-Team für Dächer ist von zwei auf sieben Mitarbeiter angewachsen.

Sind Sie auch Energieversorger?

Wir selbst sind das nicht, aber wir arbeiten mit der Genossenschaft „Bürger speichern Energie“ aus Südbayern zusammen. Die haben alle Rechte als EVU und sind bundesweit aktiv. Wir werden somit zu einem 360-Grad-Anbieter, der auch einen Stromtarif anbieten kann.

Was passiert nach 21 Jahren mit der Anlage des Kunden?

Wir betreiben die Anlage weiter, für bis zu drei mal drei Jahre. Beteiligen den Eigentümer aber mit 20 Prozent an den Stromerträgen. Danach können die Kunden entscheiden, ob die Anlage bleiben oder abgebaut werden soll.

Welche Märkte sind neben Deutschland für Sie interessant?

Wir sind seit zwei Jahren in Polen, entwickeln dort ganz gemächlich. In Italien, als ursprünglichem Heimatmarkt, wollen wir im nächsten Jahr 120 Megawatt umsetzen, allerdings nicht nur Dachanlagen, sondern auch Freifläche. Ganz neu starten wir nun in Ungarn – dort wollen wir 75 Megawatt bauen.

Was bedeutet das „Modell Greenrock“ Ihrer Meinung nach für die Energiewende?

Jeder kann Teil der Energiewende werden. Über ein spezielles Empfehlungsprogramm beteiligen wir Partner auch an den Einkünften, die aus den Einsparungen beim Stromverbrauch generiert werden: Wir nennen das Programm Avalanche, also übersetzt Lawine. Jeder soll die Möglichkeit haben, an den erneuerbaren Energien zu partizipieren, ohne in eine finanzielle Vorleistung zu gehen. Jeder soll auch an den Profiten beteiligt und gleichzeitig soll die Umwelt geschont werden. Damit steht Greenrock, wenn man so will, für ein Gegenmodell zum derzeitigen Turbokapitalismus in der Welt, der auf Raubbau setzt.

Das Gespräch führte Niels H. Petersen.

greenrock.energy/de/startseite

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