In Deutschland könnten in den kommenden Jahren Tausende neue Stromproduzenten entstehen. 45 Prozent aller befragten Industrieunternehmen können sich vorstellen, künftig selbst Strom zu erzeugen und an andere Unternehmen oder Privathaushalte zu verkaufen.
Das ist das Ergebnis einer aktuellen Befragung von 506 Unternehmen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Die Industrieunternehmen erkennen die Chancen aus der Digitalisierung der Energieversorgung. Für die Unternehmen bieten sich völlig neue Einnahmequellen durch die Energiewende“, sagt Bitkom-Chef Bernhard Rohleder. Vor allem größere Unternehmen sehen ein mögliches Geschäftsfeld: Unter den Unternehmen mit 500 oder mehr Mitarbeitern können sich rund zwei Drittel (65 Prozent) vorstellen, selbst Strom zu produzieren und auf dem Strommarkt anzubieten.
Allerdings ist der Großteil der Industrie noch skeptisch. Zwar können sich nur sieben Prozent überhaupt nicht vorstellen, künftig selbst Strom zu produzieren. Aber 48 Prozent sagen, dass sie sich das eher nicht vorstellen können. Dagegen spricht aus Sicht dieser Unternehmen vor allem, dass sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen (64 Prozent) oder die hohen Investitionskosten scheuen (41 Prozent). Daneben werden das Ertragspotenzial als zu gering eingeschätzt oder fehlende rechtliche Voraussetzungen beklagt.
Dächer für Solarstrom vermieten
Jedes zehnte Unternehmen, das sich eine eigene Stromproduktion nicht vorstellen kann, gibt als Grund fehlende Technologien zur einfachen Abrechnung an. Unternehmen müssten nicht alles selbst machen, sagt Rohleder und ergänzt, Industrieunternehmen können zum Beispiel Dritten die Dächer ihrer Produktionshallen vermieten, damit diese dort Solarstrom erzeugen und verkaufen.
Ein ganz anderes, neues Geschäftsmodell steht im Fokus der Hannover Messe. In einem eigenen Segment, der „Integrated Energy Plaza“ geht es unter anderem darum, wie Unternehmen Geld dadurch verdienen können, dass sie kurzfristig den Energieverbrauch anpassen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Das bedeutet zum Beispiel, dass eine Aluminiumschmelze kurzfristig die Produktion hochfährt, wenn viel Wind- oder Solarstrom zur Verfügung steht – und umgekehrt die Produktion in bestimmten Grenzen drosselt, wenn gerade Flaute herrscht.
Die Netzbetreiber zahlen aktuell für die Bereitstellung rund 7.000 Euro pro Megawatt und Jahr, um auf diese Weise die Stabilität des Stromnetzes zu garantieren. Hinzu kommt noch eine Vergütung für den tatsächlichen Abruf. Auch Unternehmen, die weniger Energie verbrauchen als eine Schmelze, können davon profitieren, da künftig vermehrt sogenannte Aggregatoren als Dienstleister eine Vielzahl von Stromverbrauchern koppeln und gegenüber den Netzbetreibern vermarkten. Rohleder fordert: „Dazu müssen wir jetzt die regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen.“ (nhp)
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