Massenmärkte sind Norwegen, Schweden und Finnland nicht , längst nicht. In Schweden waren Ende 2016 rund 140 Megawatt Solargeneratoren installiert, in Norwegen rund 27 Megawatt und in Finnland etwa 20 Megawatt. Doch die Wachstumsraten des laufenden Jahres sind beachtlich.
So legte der finnische Markt von 2014 bis 2016 um mehr als 100 Prozent zu, berichtet Karoliina Auvinen von Finsolar, einem Start-up der Aalto-Universität. Die Preise für Solaranlagen gingen innerhalb eines Jahres um mehr als zehn Prozent zurück.
Der Eigenverbrauch von kleineren Anlagen ist von Netzentgelten und Stromsteuern befreit, Kommunen und Unternehmen erhalten Investitionszuschüsse.
Laut Auvinen fielen die Preise für größere netzgekoppelte Solargeneratoren mit mehr als einem Megawatt auf unter 1.000 Euro pro Kilowatt. Hausdachanlagen kosten momentan zwischen 1.300 und 2.000 Euro. Für Offgrid-Anlagen mit Batterien werden zwischen 3.500 Euro und 5.000 Euro je Kilowatt fällig.
Steuerbefreiung als Anreiz
In Finnland ist der solare Eigenverbrauch von Netzgebühren und Stromsteuern befreit (bis maximal 800 Megawattstunden jährlich). Unternehmen und Kommunen erhalten Zuschüsse von 24 bis 40 Prozent, wenn sie in Photovoltaik investieren. Wohnimmobilien und Wohnungsbauunternehmen sind allerdings von der Förderung ausgeschlossen.
Für die Installation von Solaranlagen auf Einfamilienhäusern werden jedoch Steuervorteile in Höhe von bis zu zehn Prozent der Gesamtinvestition gewährt.
Wenn man die Förderung und Steuerbefreiungen einbezieht, liegen die Stromerzeugungskosten für Photovoltaik derzeit zwischen 3,3 Cent pro Kilowattstunde für Großanlagen und elf Cent je Kilowattstunde für Kleinanlagen, rechnet Auvinen vor.
Die Chancen aufzeigen
Die Kilowattstunde Haushaltsstrom kostet durchschnittlich rund 18 Cent. „Nun muss es vor allem darum gehen, den Wohnbausektor und die Wohnbaugenossenschaften in die Förderung einzubeziehen“, sagt Auvinen.
Über zwei Millionen von insgesamt 5,5 Millionen Finnen leben in rund 80.000 Mehrfamilienhäusern. Finsol versucht mit etlichen Pilotprojekten zu Microgrids (Inselnetzen) und Smart Metern, die Chancen einer Solarstromversorgung in diesem Segment aufzuzeigen.
Die jährliche Sonneneinstrahlung zumindest im südlicheren Finnland ist mit Norddeutschland vergleichbar. Von Vorteil ist das kalte Wetter und die staubfreiere Umgebung, unterstreicht Auvinen. Dies bestätigt auch Matthi Lehtonen, der auf einem Bauernhof im Großraum Helsinki eine Freiflächenanlage mit einem Tracker (6,2 Kilowatt) betreibt. Im vergangenen Jahr lieferte seine Anlage insgesamt 7.200 Kilowattstunden Solarstrom.
Ihr spezifischer Ertrag erreichte 1.148 Kilowattstunden je Kilowatt. „Nur zwei Monate im Jahr von Ende November bis Ende Januar ist der Ertrag aufgrund der kurzen Tage ziemlich niedrig“, berichtet der pensionierte Ingenieur.
Spitzenreiter ist Schweden
Großes Potenzial vor allem in Schweden sieht Kai Lippert, Geschäftsführer des Solarfachhändlers EWS in Handewitt (Landkreis Flensburg). „Die Photovoltaik ist in Schweden bereits kurz vor der Wirtschaftlichkeit“, urteilt er. „Dazu kommt das hohe ökologische Bewusstsein und das starke Interesse an einer Eigenversorgung.“
Mit 13 bis 14 Cent je Kilowattstunde sind die Haushaltsstromtarife zudem deutlich höher als im Nachbarland Norwegen, dessen Einwohner nur rund fünf Cent je Kilowattstunde zahlen. EWS arbeitet derzeit in Schweden mit etwa 50 Installateuren zusammen. Zwei Mitarbeiter in der EWS-Zentrale sprechen Schwedisch, „wobei auch Englisch weit verbreitet ist“, wie Lippert sagt.
Onlineshop angepasst
Um diesen Markt noch besser zu erreichen, bietet der Großhändler seinen Onlineshop seit Kurzem auch auf Schwedisch an. Im Mittelpunkt stehen vor allem Hausdachanlagen und kleine gewerbliche Anlagen mit bis zu 300 Kilowatt in Südschweden. „Das Qualitätsbewusstsein ist sehr hoch, was uns sehr entgegenkommt“, sagt Lippert. „Zudem mögen die Schweden die Deutschen.“
Mit einem Marktanteil von zehn Prozent (von insgesamt rund 70 Megawatt) lag EWS im vergangenen Jahr gut im Rennen. „80 Prozent unserer Umsätze machen wir mit starken Marken wie Fronius, SMA oder Kostal“, berichtet Kai Lippert. Für dieses Jahr rechnet er mit einem Zubau im dreistelligen Megawattbereich.
Für diesen Optimismus hat er gute Gründe: Anfang Juli wurde die bisherige Besteuerung des Eigenverbrauchs von kommerziellen Anlagen über 255 Kilowatt um 98 Prozent reduziert. Jüngst kündigte die schwedische Regierung eine Erhöhung der Förderung für den Kauf und die Installation einer Dachanlage von 20 auf 30 Prozent an.
Sowohl in Schweden als auch in Norwegen ist Solarwatt aus Dresden seit Kurzem aktiv. Pol Spronck leitet den internationalen Vertrieb des sächsischen Anbieters von Solarmodulen und Stromspeichern. „Wir sehen, dass unsere Solarmodule mittlerweile oft Produkten von außereuropäischen Wettbewerbern vorgezogen werden“, sagt der Vertriebsexperte. „Die Käufer orientieren sich nicht an kurzfristigen Renditen, sondern an längerfristigen Vorteilen wie einem höheren Ertrag über die gesamte Laufzeit der Module.“
Glas-Glas besonders gefragt
So nehme die Nachfrage nach Glas-Glas-Modulen stark zu. Für Schweden rechnet er für dieses Jahr mit einem Modulabsatz von rund acht Megawatt.
Positiv auf den Vertrieb wirkten sich auch die 30-jährigen Garantiezeiten für die Doppelglasmodule, die jüngst gestartete Kooperation mit Fronius und starke örtliche Partner wie Klar oder Ecokraft aus.
Spronck ist optimistisch, dass sich bald ein Speichermarkt entwickelt. Als Treiber für Photovoltaik und Speicher sieht er in Norwegen vor allem die Elektromobilität. Solarstromanlagen mit einer Leistung von rund elf Megawatt wurden 2016 in Norwegen installiert. Das war ein Plus gegenüber 2015 von 366 Prozent.
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