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Ehrgeiziges Vorhaben

Einfach hat man es nicht, wenn man gegen den Platzhirsch antreten will. Und der ist eindeutig die Firma United Solar Ovonic, die bereits seit Jahren Solarzellen verkauft, als sei es aufgerollte Meterware. Christoph Ballif scheint davor jedoch kaum bange zu sein. „Wir wollen langfristig besser als Uni-Solar werden”, verkündet der Koordinator des von der EU geförderten Flexellence Projekts, das nach drei Jahren Laufzeit kurz vor dem Abschluss steht. Konkret bedeutet das: Die Produktionskosten müssen runter. Sie sollen unter einen halben Euro pro Watt Nennleistung der produzierten Module fallen.

Um mögliche Produktionsverfahren auf den Weg zu bringen, förderte die EU das Projekt mit 3,1 Millionen Euro, weitere Partner gaben 1,6 Millionen dazu. Die beteiligten Forschungsgruppen mussten sich um alle Produktionsschritte kümmern: Aufbringung des Rückkontakts, Beschichtung mit amorphem Silizium, Kontaktierung und Verschaltung. Für jeden Schritt be-traten sie im Vergleich zur herkömmlichen starren Dünnschichttechnologie Neuland.

Uni-Solar scheint diese Prozesse bisher am besten zu beherrschen. Die Firma pro duziert auf einem Stahlsubstrat in einem Rolle-zu-Rolle-Verfahren, bei dem bis zu einem halben Kilometer lange Bänder kontinuierlich die Produktionsschritte durchlaufen und nicht – wie sonst üblich – Glasscheiben nacheinander in Beschichtungsanlagen geschleust werden müssen. Neun Halbleiterschichten werden simultan auf sechs Rollen abgeschieden und bilden drei hintereinander geschaltete photovoltaikaktive Schichten, jeweils für verschiedene spektrale Bereiche des Sonnenlichts. Damit ist eine relativ hohe Ausbeute garantiert. Relativ aufwändig gestaltet sich dagegen die Verschaltung der Zellen zu Modulen. Uni-Solar zerschneidet die Stahlfolie zu einzelnen Zellen und legt sie wie Schindeln übereinander, so dass die Vorderseite der einen Zelle in Kontakt mit der Rückseite der anderen kommt. Dadurch entsteht eine Serienschaltung der Zellen. Dieses Prozedere will die Forschergruppe um Christophe Ballif vermeiden.

Drei Verfahren im Wettbewerb

Im Flexcellence-Projekt haben er und die beteiligten Institute Rolle-zu-Rolle- Beschichtungsverfahren für flexible Dünnschicht-Solarzellen getestet, die zum Start von Flexcellence 2004 besonders aussichtsreich galten. Von der Qualität und Homogenität der Schichten hängt der Wirkungsgrad der Zelle ab.

Alle Verfahren nutzen die so genannte chemische Gasabscheidung, nach dem englischen Ausdruck dafür CVD abgekürzt. Silizium wird dabei nicht auf eine Fläche gedampft, weil zu hohe Temperaturen nötig wären, sondern durch eine chemische Reaktion auf der Substratoberfläche gebunden. Dafür muss man die Oberfläche jedoch erhitzen, was zum Beispiel bei Kunststofffolien als Unterlage ein Problem ist.

Deshalb greifen die Dünnschichttechnologen zu einem Trick: Wird an die Elektrode eine hochfrequente elektrische Spannung angelegt, so entsteht wie in einer Gasentladungslampe ein Plasma, in dem bestimmte Gase in ihre Bestandteile aufgespalten werden. Ist das Gas Silan, eine Verbindung aus Silizium und Wasserstoff, setzt sich Silizium ab. Die Flexcellence-Forscher haben in zwei Verfahren die Frequenz dieser Plasmaabscheidung, kurz PECVD, variiert.

Auf die Frequenz kommt es an

Üblicherweise wird für die Erzeugung des Plasmas eine Frequenz von 13,56 Millionen Herz verwendet, da diese von den Behörden freigegeben ist. In den frühen 90ern fand man, dass sich höhere Abscheideraten erzielen lassen, wenn man so genannte VHF Plasmen verwendet. Die Abkürzung kennt man vielleicht noch von alten Fernsehgeräten, dort bezeichnete sie den Frequenzbereich zwischen 70 und 120 Millionen Herz, in dem man vorzugsweise das Erste empfing. Wenn man die Frequenz noch weiter erhöht, kommt man bei ein bis zwei Milliarden Herz in den Mikrowellenbereich. Die Methode heißt dann entsprechend MW-PECVD. Dadurch erhöht sich die Abscheiderate des Siliziums - ein erwünschter Effekt, wenn man eine kostengünstige Produktion erreichen will. „Mit dem MW-PECVD sind problemlos homogene Abscheidungen bis zu einer Breite von 1,20 bis 1,50 Metern möglich, und das gelingt mit dem VHF-Verfahren auf solch einer großen Fläche nicht so gut“, sagt Wim Soppe vom niederländischen Energieforschungsinstitut ECN. Er hat das Verfahren für Flexcellence weiterentwickelt.

Besonders interessant ist das für den nächsten Schritt, den die Physiker vorhaben: So genannte Tandemzellen sollen den Wirkungsgrad deutlich steigern. Ähnlich wie bei den Uni-Solarmodulen wird dabei eine weitere Halbleiterschicht aufgetragen, die einen anderen Frequenzbereich abdeckt. Bei den Tandemzellen kommt unter die amorphe Siliziumschicht eine so genannte mikrokristalline Siliziumschicht, die deutlich dicker ist. Deshalb sind hohe Abscheideraten gerade dafür so sinnvoll. Allerdings nur im Prinzip.

Denn vorerst machte das VHF-Verfahren das Rennen. “Ein ganz fairer Wettbewerb war das nicht”, sagt Ballifs Mitarbeiter Franz-Josef Haug, denn “die VHF-Technologie hatte einen deutlich längeren Entwicklungsvorlauf als die anderen Verfahren, deren Potential noch lange nicht ausgeschöpft ist”. In der dreijährigen Projektphase von Flexcellence stellte Ballifs Team mit der VHF-Beschichtungtechnik Tandemzellen her. Vor Flexcellence lief die Tandementwicklung im Labor fast ausschließlich auf Glas ab. Damals kam man auf einen Wirkungsgrad von 8,3 Prozent.

Mikrowelle mit Kinderkrankheiten

Das Mikrowellenverfahren hatte anfangs mit einigen Problemen zu kämpfen. Damit eine Photovoltaikzelle funktioniert, müssen außer den reinen Siliziumschichten so genannte dotierte Schichten abgeschieden werden, denen andere Elemente beigemischt werden. Wenn sich aber dotiertes Material auf der Mikrowellenquelle ablagert, was kaum zu verhindern ist, dann bricht irgendwann die Plasmaerzeugung zusammen, weil die Mikrowellen nicht durch leitfähiges Material strahlen können,“ erklärt Wim Soppe. Deshalb haben er und seine Kooperationspartner vom Anlagenbauer Roth & Rau zusätzlich Abscheidungskammern nur für die dotierten Schichten an die Rolle-zu-Rolle Bandanlage integriert, die bei deutlich niedrigeren Frequenzen arbeiten. Noch in diesem Jahr wollen sie damit den Wirkungsgrad der Solarzellen auf etwa acht Prozent erhöhen. Im Unterschied zu Ballif nutzt er Stahlfolie, da die Zellen dann leichter laminiert werden können. “Generell funktioniert das Beschichtungsverfahren”, so Dietmar Roth vom Anlagenhesteller, “aber es reicht noch nicht für eine Massenproduktion aus. Für uns war der Anreiz in diesem Projekt, zu sehen, ob es überhaupt funktioniert, Solarzellen mit einem signifikanten Wirkungsgrad auf ein endlos laufendes Band abzuscheiden”.

Mit dem VHF-Verfahren wird es deshalb erst einmal schneller gehen. Es wurde von der Firma VHF Technologies entwickelt, aus der Flexcell entstanden ist. Das Unternehmen produziert bereits mit einer Pilotline Modulmatten von 1,5 mal 3,7 Meter Länge und baut zur Zeit eine Produktion mit einer Kapazität von 25 Megawatt im Jahr auf. Wie die Produktionsanlage im Detail aussieht, will Unternehmensgründer und Technologiechef Diego Fischer nicht verraten. “Wir bauen die Beschichtungsanlagen selbst”, sagt er.

Ehrgeizige Ziele

Gemessen an dem Produktionsvolumen der Uni-Solar von über 150 Megawatt mutet das zwar als Kleinstanlage an, aber Diego Fischer hat ehrgeizige Ziele. Er will nicht nur im zwei Jahres-Rhythmus die Kapazität der Anlage erhöhen, – die nächste Generation hätte dann eine Produktionsleistung von 100-250 Megawatt – sondern langfristig auch an die ein Euro-pro-Watt-Grenze herankommen. “Wir sind jetzt für flexible Dünnschicht-Produzenten konkurrenzfähig”, sagt er. Der marktübliche Preis liegt derzeit bei rund 1,30 bis zwei Euro pro Watt und Modul, während der aktuelle Wirkungsgrad der Flexcell Folienzellen bei vier bis 4,5 Prozent liegt. Bereits 2009 will er auf die Tandemzellen umsteigen, so dass der Wirkungsgrad dann höher liegen dürfte. “Der Durchbruch für flexible Zellen, die industriell und massentauglich hergestellt werden können, wird schätzungsweise erst in zwei Jahren kommen”, prognostiziert jedoch Dietmar Roth. Auch er will zusammen mit dem ECN konkurrenzfähig werden.

der Lieth

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