Vor Kurzem fand in Köln eine Fachtagung zur Photovoltaik statt, bei der sich Versicherer, Sachverständige und andere Fachleute über neue Erkenntnisse austauschten. Worum ging es dort?
Lutz Erbe: Wir haben uns bei der Festlegung der Inhalte an den Fragen und Herausforderungen orientiert, mit denen die Sachversicherer im Zusammenhang mit dem Aufbau von Photovoltaikanlagen auf Neubauten und Bestandsgebäuden häufig konfrontiert werden. Schwerpunkte bildeten dabei Anlagen auf Dächern mit brennbaren Baustoffen, Vorgaben der Modulhersteller zur Montage über brennbaren Dachbaustoffen, typische Montagefehler und aktuelle Schadenereignisse.
Wie drängend ist das Thema nach Ihrer Einschätzung?
Durch Änderungen vieler Landesbauordnungen wird die Installation von Photovoltaikanlagen auf gewerblich genutzten Gebäuden gefordert. Viele Betreiber von Produktionsbetrieben wollen von ihren Dachflächen regenerative Energie kostengünstig erzeugen. Immer wieder werden bei der versicherungstechnischen Bewertung von Gebäuden die Photovoltaikanlagen in Verbindung mit brennbaren Dachaufbauten als Risikoerhöhung angesehen. Um dies zu vermeiden, ist es notwendig, Planer, Sachverständige und Risikoingenieure der Sachversicherung zu sensibilisieren und auf risikominimierende Maßnahmen hinzuweisen.
Der starke Zubau 2022 und 2023 zeigt, dass Photovoltaik und Stromspeicher auf dem Weg zur Massentechnologie sind. Hält die Qualität der Installationen mit diesem Anspruch Schritt?
Nach meiner persönlichen Erfahrung kann für Großanlagen festgestellt werden, dass sich die Installationsqualität in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert hat. Viele Installationsbetriebe haben sich auf Photovoltaikanlagen spezialisiert, Planungen und Ausführungen wurden standardisiert und die Monteure qualifiziert. Selbst bei den sehr hohen Zubauraten des letzten Jahres waren in diesem Segment weniger gravierende Mängel zu verzeichnen. Bei kleineren Anlagen zum Beispiel auf Gewerbedächern sieht die Situation nicht ganz so gut aus. Hier findet sich immer wieder Nachbesserungsbedarf.
Sie sind seit Jahrzehnten in der Solarbranche tätig, haben als Sachverständiger schon viele Anlagen begutachtet. Welche Fehler fallen Ihnen besonders häufig auf?
Als Mitarbeiter einer Sachversicherung muss ich leider zu häufig Mängel bei der Verlegung von DC-Leitungen feststellen. Beispiele sind das Ablegen der Leitungen auf der Dachhaut oder ungeschützte Leitungsführung über Brandwände. Häufig werden Herstellervorgaben nicht beachtet oder die Betriebsmittel in feuergefährdeten Betriebsstätten installiert. Oftmals sind Anlagendokumentationen unzureichend. Oder Erstprüfungen werden nicht oder unvollständig durchgeführt. Häufig kommt es zu Mängeln im Zusammenhang mit Blitzschutzanlagen oder von brandschutztechnischen Einrichtungen. Mitunter werden Abzugsanlagen für Rauch und Wärme, die sogenannten RWA, in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt.
Woran erkennen Sie eine fachgerecht geplante und installierte Solaranlage?
In der Regel gibt die vorab übermittelte Dokumentation bereits einen ersten Eindruck der Anlage. Ist hier eine Struktur erkennbar, sind alle relevanten Unterlagen sortiert und aktuell, dann findet man vor Ort meist eine gut installierte Anlage vor.
Wie bewerten die Versicherer die Risiken, die durch Photovoltaikanlagen beispielsweise auf Industriegebäuden entstehen?
Wie jede technische Anlage ist eine Photovoltaikanlage auch bei fachgerechter Ausführung mit einem Restrisiko behaftet. Es besteht immer die Gefahr, dass ein Versagen zum Beispiel eines Moduls oder eines Steckverbinders einen Lichtbogen verursacht. Insbesondere bei Dächern mit brennbaren Dachdämmstoffen besteht die Gefahr einer Brandausbreitung bis hin zum Totalverlust des Objektes.
Wächst das Risiko für die Versicherer durch den Einsatz von Stromspeichern?
Batterieanlagen können durch technischen Defekt einen Brandschaden verursachen. Für bauordnungsrechtlich vorgeschriebene sicherheitstechnische Anlagen sind sie gemäß EltBauVO in elektrischen Betriebsräumen unterzubringen. Diese Vorgaben gelten für sogenannte Stromspeicher nicht. Daher muss dieses Risiko bewertet und berücksichtigt werden. Auch hier gilt, dass der Betrieb von Stromspeichern in feuergefährdeten Betriebsstätten wie Lagerbereichen für den Sachversicherer nicht akzeptabel ist.
Wie lassen sich die Brandrisiken minimieren?
Die Sachversicherer haben hierzu VdS-Richtlinien und Informationen bereitgestellt. Insbesondere VdS 3145 und VdS 6023 geben viele Hinweise auf Maßnahmen, um das Risiko zu minimieren. Insbesondere von den in Wechselrichtern integrierten Schutzeinrichtungen zur DC-Lichtbogenerkennung und Abschaltung versprechen sich die Sachversicherer eine deutliche Risikominimierung.
Welche Empfehlungen geben Sie Planern und Installateuren, die sich um eine hohe Qualität ihrer Anlagen bemühen?
Bei der Planung auf Industrie-, Gewerbe- und kommunalen Objekten sollte immer der Sachversicherer in die Planung eingebunden werden. Hilfestellung können die beim VdS anerkannten Sachverständigen für Photovoltaikanlagen geben.
Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.
Verzeichnis der anerkannten Sachverständigen beim VdS:
https://vds.de/zertifikate/verzeichnis/V3180