Große Strompuffer legen global weiter zu. Allein in 2019 um rund 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Segment der Gewerbespeicher wird die Kapazität bis 2030 von heute zehn auf insgesamt 198 Gigawattstunden ansteigen. Das prognostiziert die aktuelle Studie Energiekostenoptimierung mit passgenauen Energiespeicherlösungen – storage as a service des Konzerns Innogy und den Marktforschern von EUPD Research.
Speicherpreise fallen weiter
Allein in Deutschland gibt es mehr als 500.000 stromintensive Unternehmen, die Interesse an einem Batteriespeicher zur Netzentgeltoptimierung haben könnten. Für weitere gut zwei Millionen Betriebe kommen Batteriespeicher für zusätzliche Einsatzbereiche wie Eigenverbrauchsoptimierung oder einer Notstromversorgung in Betracht, schreiben die Experten.
Die Preise für Batteriespeichersysteme sind in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Für Speichersysteme mit Lithium-Ionen-Akkus stellt Bloomberg New Energy Finance (BNEF) im Zeitraum von 2010 bis 2016 einen Preisrückgang von 1.000 auf unter 290 US-Dollar pro Kilowattstunde fest. Das entspricht einem durchschnittlichen Preisrückgang von 20 Prozent jährlich.
Vieles spricht für eine Fortsetzung des Trends. Marktbeobachter erwarten einen weiteren Rückgang des Preisniveaus für Lithium-Batterien auf 80 bis 100 US-Dollar pro Kilowattstunde bis 2030. Die Internationale Organisation IRENA begründet das mit sinkenden Produktionskosten für Batteriespeicher von über 50 Prozent. Die Preise für Batteriespeicher werden demnach künftig weiter fallen.
Lastprofil erfassen, Optionen rechnen
Das mit Innogy zusammen verfasste Whitepaper rechnet auch zwei Beispiele für die Wirtschaftlichkeit von Gewerbespeichern durch. Nach einer Verbrauchsanalyse des Unternehmens und der Simulationsrechnung ergibt sich folgendes Ergebnis für die Investitionsentscheidung: Ein mittelständisches Unternehmen der Stahlbranche in Deutschland braucht 14,7 Gigawattstunden und hat eine Höchstlast von 2,25 Gigawatt bei 6.506 Volllaststunden pro Jahr und reinem Netzbezug des Stroms. Innogy ermittelte mit seinem Rechentool die optimale Größe des Speichers mit 159 Kilowatt und 242 Kilowattstunden Kapazität.
Netzentgelte sinken um vier Fünftel
Die optimale Einsatzoption dieses Batteriespeichers sei die Netzentgeltoptimierung durch eine Kappung der Spitzenlast mit entsprechendem Lastmanagement. Mit dem Einsatz des Batteriespeichers sei es dem Unternehmen moglich, den rechnerischen Jahresverbrauch von 6.506 Volllaststunden auf 7.000 Volllaststunden zu erhohen. Damit würden die anfallenden Netzentgelte um 80 Prozent reduziert, heißt es in der Analyse.
Das werde durch eine vergunstigte Abrechnung der Netzentgelte erreicht (s. Grafik S. 30, oben). Die Amortisationszeit der Speicherinvestition rutscht somit sogar unter ein Jahr. Die interne Verzinsung erreicht 127 Prozent. Der Grund: Der kombinierte Einsatz von Spitzenlastkappung und Lastmanagement macht den Speicher deutlich rentabler. Das Unternehmen spart demnach so jedes Jahr rund 200.000 Euro im Vergleich zur vorherigen Situation mit reinem Netzbezug und ohne Batteriespeicher.
Batteriestrom statt Lastspitze
Das zweite Beispiel betrachtet einen Mobelbauer. Das verzeichnet einen Stromverbrauch von 1,4 Gigawattstunden und einer Hochstlast von 573 Kilowatt bei 2.481 Volllaststunden. Das Möbelunternehmen nutzt eine Solarstromanlage für den Eigenverbrauch. Die hochste Last im Hochlastzeitfenster lag mit 484 Kilowatt.
Mithilfe des Rechentools wurde eine optimale Speicherdimensionierung von 60 Kilowatt und 61 Kilowattstunden ermittelt (Grafik unten).
Das Ergebnis zeigt einen sogenannten „atypischen Einsatz“ als optimal. Die Netzentgelte werden um bis zu 80 Prozent reduziert. Möglich wird das durch eine Spitzenlastkappung mit einem Lastmanagement während des Hochlastzeitfensters. Stattdessen kommt der Strom zu dieser Zeit aus dem Batteriespeicher. Bei diesem Einsatzkonzept liegt die Amortisationszeit des Speichers bei unter vier Jahren und die interne Verzinsung bei 23 Prozent. Diese Option bedeutet eine deutlich hohere Rentabilitat als eine Speicherdimensionierung, die nur auf eine allgemeine Spitzenlastkappung ausgelegt wäre (Einsatzkonzept Standard in der Grafik unten).
Speicher spart 10.000 Euro pro Jahr
„Auch eine Verbrauchserhohung auf 2.500 Volllaststunden (2.500 VLS) ist im Vergleich weniger rentabel und bildet den individuellen Bedarf des Unternehmens nicht passend ab“, bewertet Marko Behlen, der die Einheit für Batterie Management bei Innogy leitet.
Eine Lösung muss immer individell passend auf die Firma zugeschnitten sein. Das schlägt sich auch monetär nieder: Mit dem sogenannten atypischen Einsatzkonzept spart das Unternehmen jahrlich rund 10.000 Euro gegenüber der vorherigen Situation ohne Batteriespeicher.
Rolls-Royce
Speicheranbieter Qinous in britischer Hand
Die Briten von Rolls-Royce haben die Hausmacht bei Qinous, einem Anbieter von gewerblichen Speicherlösungen, übernommen. Die Berliner Firma hat derzeit 40 Mitarbeiter. Qinous projektiert netzferne Stromversorgungskonzepte mit Speichern, die Solargeneratoren und Windkraft integrieren. Einige interessante Referenzprojekte hat das Start-up in Haiti, Australien und Tansania gebaut.
Nun ist Qinous eine Tochter von Rolls-Royce. Der britische Konzern hatte sich bereits vor einem Jahr finanziell beteiligt, indem er rund ein Fünftel der Geschäftsanteile kaufte. Jetzt gehören etwa drei Viertel dem Konzern. Qinous wird dem Geschäftsbereich Rolls-Royce Power Systems in Friedrichshafen zugeordnet, einem wichtigen Anbieter von Stromaggregaten für Diesel und Erdgas.
Mit den Speicherkonzepten von Qinous will Rolls-Royce die fossilen Aggregate auf Ökostrom umstellen. Die Speicher sollen von 30 Kilowattstunden bis zu mehreren Megawattstunden reichen, für gewerbliche Anwendungen und die Industrie.
Die Gründer von Qinous sind weiterhin am Unternehmen beteiligt und behalten ihre Funktionen. Über den Kaufpreis wurde Vertraulichkeit vereinbart.