Die deutschen Energiekonzerne kämpfen im Wahlkampf vehement für eine Verlängerung der Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraftwerke. Sie wollen den für 2021 beschlossenen Atomausstieg rückgängig machen. Ihre Strategie hat die Atomlobby dabei bis ins Detail vorbereitet. Im November 2008 erstellte die Berliner Unternehmensberatung PRGS ein entsprechendes Strategiepapier für Eon. Die 108-seitige Studie, die Greenpeace auf seiner Internetseite veröffentlicht hat, trägt den Titel „Kommunikationskonzept Kernenergie - Strategie, Argumente und Maßnahmen“. Die Aufgabenstellung wurde klar definiert: „Das Gesamtziel der vorgelegten Strategie ist es, die politisch-öffentliche Debatte um die Verlängerung der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke positiv zu beeinflussen.“
Die Berliner Politikagentur empfiehlt der Atombranche, sich selbst eine äußerste Zurückhaltung aufzuerlegen. Die Thematisierung der Kernenergie im Wahlkampf sei demnach nicht im Sinne Eons. Eine „scharfe emotionale Debatte“ müsse vermieden werden. Vielmehr sollte sich Eon als umweltfreundlich darstellen und den Ausbau seiner Erneuerbaren-Energien-Sparte betonen. Beharrlich sollte der Konzern dabei die Argumente Klimaschutz und Versorgungssicherheit mit Atomkraft und erneuerbaren Energien verbinden.
Analyse von Parteien und Journalisten
In dem Strategiepapier ist zudem ein konkreter Zeitplan enthalten. So solle Eon im ersten Quartal 2009 vor allem Gespräche mit Politikern von Union und FDP führen, während im zweiten Quartal dann sollte der Konzern dann mit den Themen Klimaschutz und Versorgungssicherheit in die öffentliche Debatte einsteigen. Die Haltung der Parteien zum Atomausstieg wird in der Studie genau analysiert. Bei der Union und FDP gilt die Haltung pro Kernenergie als gesichert. Die SPD stehe mit einzelnen Ausnahmen hingegen fest zum Atomausstieg. Auf längere Sicht empfiehlt PRGS daher eine Art U-Boot-Strategie, bei der heimliche sozialdemokratische Atomanhänger gezielt angesprochen werden. Die Linkspartei sei energiepolitisch „Protest pur“. Als echte Gegner werden in dem Strategiepapier die Grünen verifiziert. Diese verfügten über das größte Anti-Atom-Mobilisierungspotenzial. Neben den Parteien wurde auch die Haltung der wichtigsten Journalisten im Energiebereich unter die Lupe genommen und kategorisiert.
Gegenüber Spiegel Online distanzierte sich Eon von dem Strategiepapier: Der PRGS-Schriftsatz sei "eine Art Bewerbungspapier", mit dem die Agentur einen Eon-Auftrag an Land ziehen wollte. "Zu einer Zusammenarbeit ist es aber nicht gekommen." Diese Version der Geschichte bestätigte auch PRGS. Allerdings werde im Papier selbst explizit von einem „Auftrag“ gesprochen, heißt es bei Spiegel Online weiter. (Sandra Enkhardt)