Utz Claassen, der nach nur 74 Tagen wieder vom Vorsitz der Solar Millennium AG zurücktrat, ist in die Offensive gegangen. „Ich habe mein Amt ganz sicher nicht aus einer Laune oder aus einem nichtigen Anlass niedergelegt. Für meinen Schritt gibt es gute professionelle Gründe, die dem Aufsichtsrat wie auch dem Vorstand sehr wohl bekannt sind“, sagte er dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Spekulationen, dass er sein Amt aus gesundheitlichen Gründen oder wegen des Todes seines Bruders niedergelegt habe, wies er zurück. Auch habe er seinen Rücktritt nicht per Fax dem Unternehmen mitgeteilt.
Rücktritt keine Überraschung
Er habe seine Gründe den Kollegen im Vorstand „eingehend und ausführlich“ in einem fast einstündigen Telefonat dargelegt. „Niemand im Vorstand oder Aufsichtsrat konnte oder kann von meinem Schritt überrascht sein“, sagte Claassen weiter. Er stehe auch für weitere Erklärungen gern bereit, sei darum bisher aber nicht gebeten worden. Claassen signalisierte, dass er die Gründe für seinen Rücktritt auch jederzeit in einer Pressekonferenz oder einem offenen Brief erörtern würde, um „öffentlich Transparenz“ zu schaffen. „Allein meine summarische Zusammenfassung der diesbezüglich relevanten Abläufe, Vorgänge und Hintergründe füllt 27 Din-A4-Seiten“, sagte Claassen in dem Interview weiter. Solange ihn Solar Millennium aber nicht zu einer öffentlichen Stellungnahme autorisiere oder auffordere, zieht sich der ehemalige EnBW-Chef auf die von seinem Anwalt Klaus Menge getroffene Formulierung zurück. Demnach lägen die Gründe für seinen Rückzug „in der Kultur und Corporate Governance des Unternehmens“. Der Vorwurf der Bilanzfälschung gegen das Photovoltaik-Unternehmen hätten nichts mit seiner Amtsniederlegung zu tun. „Erkenntnisse über eventuelle Falschbilanzierungen lagen und liegen mir nicht vor“, sagte Claassen. Er betonte aber zugleich, dass er während des Geschäftsjahres 2008/2009 nicht für Solar Millennium tätig gewesen sei und somit nicht „originär bewerten“ könne.
Zum Abschluss des Gesprächs betont Claasen das große Potenzial der Solarenergie. „Die Solarenergie kann, muss und wird die Kernenergie eines Tages ersetzen. Bei der solarthermischen Stromerzeugung ist das Problem der Speicherung schon technisch gelöst“, sagte Claasen weiter. Claassen war zwischen Mai 2003 und September 2007 Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns EnBW. Er schied vorzeitig aus seinem Vertrag aus und kassierte außergewöhnlich hohe Übergangsgelder und Pensionszahlungen, die in der Öffentlichkeit für Wirbel sorgten. Claassen hatte erst zu Jahresbeginn den Chefposten bei Solar Millennium übernommen. Mitte März erklärte er dann überraschend seinen Rücktritt. (Sandra Enkhardt)