Sonnenstrom ist Solidarstrom: Senec war Pionier bei den Stromspeichern. Seit der Gründung sind mehr als zehn Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich die Speicherbranche rasant entwickelt. Die Geschäftsführer Jaron Schächter und Mathias Hammer blicken zurück – und nach vorn.
Zehn Jahre Senec: Damit ist die Firma in der Speicherbranche beinahe ein Oldie. Wie fing das damals an?
Mathias Hammer: 2008 war ich als Versicherungsmakler im Strukturvertrieb tätig, hatte mehrere Mitarbeiter. Damals wurde mir aus der Solarbranche die Idee angetragen, Photovoltaikanlagen zu verkaufen. Und zwar nicht nach Kilowatt Spitzenleistung, sondern nach Quadratmetern. Das war vertrieblich besser. Die Einspeisevergütung deckte die Kreditraten und warf Überschüsse ab, die man in eine Rentenvorsorge stecken konnte. Das Konzept habe ich damals übernommen und Anlagen mit verkauft.
Okay, und wann kamen die Speicher?
Mathias Hammer: Etliche Mitbewerber haben ausschließlich über möglichst niedrige Preise verkauft. Ich wollte ein Alleinstellungsmerkmal haben, um diesen Preiskampf nicht mitzumachen. 2009 kam im EEG ein Passus, der den Eigenverbrauch mit 25 Cent je Kilowattstunde belohnte. Ich habe überall herumgefragt, aber niemand hatte Speicher. Aber ich wollte Speicher, weil man damit den Eigenverbrauch hochbringen konnte. Also ließ ich die ersten 50 Bleispeicher bauen, die ich verkaufen konnte.
Wie hat sich diese Nullserie bewährt?
Mathias Hammer: Ich sage mal so: Es war eine echte Nullserie, mittlerweile sind diese Geräte nicht mehr in Betrieb. Aber wir haben viel gelernt. Die nächsten Geräte haben wir mit Michael Otto entwickelt, der heute als CTO Mitglied der Geschäftsleitung bei Senec ist. Diese Speicher haben wir zusammen mit Solon vermarktet, über deren Großhändler. 2015 kam der Einstieg in die Lithiumtechnik.
Jaron Schächter: Heute arbeiten noch zehn bis 15 Leute bei uns, die von Anfang an bei Senec dabei waren. Mittlerweile haben wir 190 Mitarbeiter, davon 120 in Leipzig. Wir sollten nicht vergessen, dass Senec neben der Speichertechnik 2014 auch Pionierarbeit bei Stromprodukten geleistet hat. Unser Econamic Grid war der erste virtuelle Netzspeicher. Daraus entstand die erfolgreiche Senec Cloud, die für den Vertrieb der Speicher sehr wichtig ist.
Wie viele Speicher wird Senec in diesem Jahr verkaufen?
Jaron Schächter: Insgesamt 10.000 Senec V2.1. Den neuen V3 Hybrid, den wir in München vorgestellt haben, liefern wir seit Anfang Oktober aus. Den V 2.1 als AC-Gerät werden wir weiterhin fertigen und verkaufen. Der V3 ist in Kombination mit unseren Solarmodulen und der Anbindung für die Wallbox ein komplettes Paket, das die wichtigsten Wünsche unserer Kunden abdecken kann. Das lässt sich gut und einfach verkaufen.
Die Gründerzeit der Speicherbranche ist schnell vergangen. Später stieg ein Investmentfonds bei Senec ein, mittlerweile gehört das Unternehmen zur EnBW. Ist die Pionierzeit schon vorbei?
Mathias Hammer: Die finanzielle Kraft von heute hatten wir damals nicht. Als ich die ersten Lithium-Batteriemodule von Panasonic beschaffte, brauchte ich eine Bankbürgschaft. Die habe ich privat gestemmt, auf eigene Kappe. Das waren schlaflose Nächte, denn es ging um Millionen. Ich habe damals das Geld immer noch hauptsächlich mit Solaranlagen verdient. Mit Speichern klappte das erstmal nicht. Noch nicht. Wir hatten seinerzeit auch keine Normen. Niemand wusste, wie man so ein Ding baut, auch die Energieversorger nicht.
Jaron Schächter: Das ist heute natürlich anders. Innerhalb von zehn Jahren ist eine ausgereifte Industrie entstanden. Ende 2019 werden wir in Deutschland 200.000 Stromspeicher installiert haben. Davon wurden 100.000 innerhalb der vergangenen 24 Monate bei den Kunden angeschlossen.
Warum konnte Senec die Anfangsjahre so erfolgreich durchhalten?
Mathias Hammer: Ich bin jemand, der gern aufbaut, der verrückt klingende Ideen umsetzt und ins Risiko geht. Senec hat sicheres Fahrwasser erreicht, das ist mir wichtig. Wir haben 700 Fachpartner im installierenden Handwerk, wir bauen unser Speichergeschäft stetig aus. Das macht mir Spaß, und obendrein ist die Energiewende eine sehr sinnvolle Aufgabe.
Die Politik hat ein Klimapaket auf den Weg gebracht, das sie nun im Detail umsetzen muss. Welche Forderungen oder Wünsche haben Sie?
Jaron Schächter: Der PV-Deckel im EEG wird deutlich angehoben und das ist gut so. Darüber hinaus brauchen wir vor allem Deregulierung. Es muss einfacher werden, in Photovoltaik und Speicher zu investieren, und sie anzuschließen – das sollte auch im Neubau stärker gefördert werden, wie zum Beispiel in Tübingen oder Lüdenscheid. Ein Beispiel: In Italien ist es seit kurzem erlaubt, sich die Hälfte der Investition über zehn Jahre vom Staat zurückzuholen. Solche Anreize wären auch in Deutschland hilfreich.
Mathias Hammer: Es geht um Investitionssicherheit und Liberalisierung, im Sinne der Nutzer der Eigenverbrauchssysteme. Allein der Prozess der Veranschlagung für die Umsatzsteuer ist viel zu bürokratisch. Auch die Anmeldung der Solaranlage und des Speichers sind unübersichtlich und kaum verständlich.
Jaron Schächter: Auf alle Fälle müsste die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch gestrichen werden. Wenn die E-Mobilität kommt, tanken die Leute ihren Strom oft zu Hause. Dann brauchen sie Solaranlagen mit mehr als zehn Kilowatt Leistung. Sie dann für den Eigenverbrauch abzustrafen, das passt irgendwie nicht zusammen.
Wenn dann noch das E-Auto hinzukommt…
Jaron Schächter: …ist Senec mit der Cloud To Go und EnBW Mobility+ gut aufgestellt. Wir wissen ja, dass die Sektorkopplung kommen wird. Photovoltaik und ein netzdienlicher Speicher sind sehr gut geeignet, die Stromnetze zu entlasten und die Kosten für den Netzumbau zu reduzieren. Also sollte man solche dezentralen Systeme unterstützen. Die Netze für die dezentrale Eigenversorgung zu modernisieren bzw. zu digitalisieren, hat die Politik meines Erachtens nach völlig verschlafen. Kleine, dezentrale vernetzte und vor allem flexible Verbraucher machen die Netzstrukturen insgesamt effizienter. Stromspeichern fällt dabei eine entscheidende Rolle zu.
An welcher Stelle könnte die Bürokratie abgebaut werden?
Jaron Schächter: Ein Beispiel ist das Rollout der Smart Meter. Bis jetzt sind mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zwei Systeme vom zuständigen Bundesamt zertifiziert. Das Rollout soll beginnen, wenn es drei Systeme sind, was hoffentlich bis Ende des Jahres geschafft wird. Das hat viel zu lange gedauert und einige Regelungen scheinen aktuell noch sehr kompliziert, das schafft für mittelständische Handwerker nur zusätzliche Hürden. Und für den Kunden zusätzliche Kosten. Ähnlich ist es beim Mieterstrom oder den Wallboxen, zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus. Eigentlich müsste man einen Rechtsanspruch darauf haben. Stattdessen braucht man die Zustimmung des Eigentümers oder aller Eigentümer, und 800 Stadtwerke in Deutschland haben viele verschiedene Interpretationen der Anschlussbedingungen. Immerhin: Die steuerliche Förderung und die Dienstwagenregelung für E-Autos sind jetzt klar geregelt, das ist gut.
Welche Aufgaben stehen vor Ihnen, für das kommende Jahr, für die kommenden Jahre?
Jaron Schächter: Die Energiewende rollt und sie wird sich durchsetzen, auch wenn sich die Politiker weiterhin sehr schwertun. Für uns gibt es zwei Schwerpunkte: Eine möglichst hohe Qualität unserer Produkte und der Ausbau unseres Vertriebs. Derzeit 750 Fachpartner sind das Rückgrat unseres Geschäfts, und wir gehen mit ihnen Hand in Hand. Wir wollen zum Beispiel neue, exklusive Quellen für Leads erschließen, um proaktiv auf potenzielle Kunden zugehen zu können.
Mathias Hammer: Photovoltaik und Speicher müssen aktiv verkauft werden, man muss zu den Kunden hingehen. So etwas kauft niemand im Laden. Also wird es nicht von selbst laufen. Der Speicher wird eine tragende Säule der Energiewende, dessen bin ich mir sicher. Unter Umständen ist er oftmals ökonomischer, als neue Kupferkabel zu verlegen.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
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